Die Kuh gräbt nicht nach Gold. Bernd Gunthers
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Euch in Künzelsau, dachte Milka. Nicht Paul, und schon gar nicht mich.
Sie sollte sich irren.
Kapitel 2 – Sonntag
Milkas Nacht war kurz. Ihr Bruder Christoph hatte sie am gestrigen Abend wegen einer anscheinend unaufschiebbaren Ersatzinvestition in Beschlag genommen. Es gab zwar keine schriftliche Festlegung, aber eine gewachsene Verantwortung. Milka war für Marketing, Vertrieb und für Buchführung und Finanzen zuständig. Jedenfalls bedurfte der neue Trecker ihrer Zustimmung. Die Diskussion entzündete sich an den Sonderausstattungen, die den vorgesehenen Finanzierungsrahmen sprengten. Wie immer wurde es ein Kompromiss, der mit den beiden Kooperationspartnern und Mitnutzern abzustimmen war. Und wie immer dauerte es lang, trotz des guten Verhältnisses zwischen Bruder und Schwester. Und dann hatte es Ewigkeiten gedauert, bis sie einschlafen konnte. Es gab da etwas, das ihr am Tatort aufgefallen war. Etwas, das nur für einen winzigen Augenblick in ihr Blickfeld geraten war. Oder, sie zweifelte, hatte sie sich das nur eingebildet? Sie haderte mit ihrem Gedächtnis.
Wie üblich meldete sich ihr innerer Wecker kurz vor 6 Uhr. Milka blieb liegen, ging in Gedanken ihr Meeting mit Beate Balzer, zuständig für den Hofladen, und den Brüdern Lukas und Tim Holl vom benachbarten Betrieb durch.
Sie kam später als sonst zum Frühstück. Bettina, ihre Schwägerin, redete gerade auf ihre beiden Kinder Jonas und Laura ein. Es ging um eine Theaterprobe, die ausgerechnet heute Vormittag stattfinden sollte. Ihr Vater Georg, 65 Jahre alt, war bereits irgendwo auf dem Hofgut unterwegs. Christoph blickte von der Zeitung auf. »Kaffee?«
»Und ob. Steht was Wichtiges in der Zeitung?« Sie griff nach dem Bauernbrot und der Butter.
»Wir werden wieder mal aufs Korn genommen. Ein Rundumschlag von A wie Antibiotika über G wie Gülle bis Z wie Zerstörung der Insektenwelt. Von den Bienen ganz zu schweigen. Die Wunschliste an uns ist riesengroß. Ach was, Wunschliste. Es sind alles Forderungen. Dabei mussten in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100.000 Höfe aufgeben.«
»Das hatte nicht nur wirtschaftliche Gründe, Christoph«, warf Milka kauend ein.
»Stimmt ja. Aber trotzdem.«
Bettina bugsierte ihre Kinder zur Tür, die zwölfjährige Laura, riss sich wieder los. »Ich hab morgen meine erste Reitstunde. Kommst du dazu?«, flüsterte sie Milka ins Ohr. »Bitte!«
Milka nickte. »Bei den Paludis?«
»Ja. Britta macht das. Danke.« Sie eilte zur Tür. »Um 14 Uhr!«
Milka wechselte von ihrem kleinen Büro zum Hofladen, der sich seit der Neugestaltung im Vorjahr immer besser entwickelte. Abgelehnt hatte sie bislang allerdings, zusätzlich auch einen Bio-Lieferservice anzubieten. Nachdem aber viele Stammkunden nachfragten und es ihr gelungen war, mehrere Heime und Firmenkantinen als Abnehmer zu gewinnen, änderte sie langsam ihre Meinung.
Lukas und Tim Holl, deren benachbarter Hof zu ihrem kleinen Kooperationsverbund gehörte, saßen bereits mit Beate Balzer, der Leiterin des Hofladens, am großen Tisch vor der Theke.
Milka stellte das Konzept vor, unterbreitete Vorschläge für die Hinzunahme von Waren aus fremder Produktion, um das Angebotssortiment auf eine breitere Basis zu stellen. »Eines muss klar sein«, betonte Milka, »die Produkte aus unserer Kooperation müssen überwiegen. Und das, was wir dazu nehmen, muss ausnahmslos unseren Bio-Anforderungen entsprechen.« Allgemeines Nicken. »Und wir dürfen uns nicht verzetteln.«
Tim Holl demonstrierte eine Vorversion der Internetseite, auf der die Kunden ihre Warenbestellung vornehmen sollten. Die Diskussion übersprang die Funktionen, entzündete sich an der grafischen Darstellung und den Bildern. Bis Tim laut wurde: »Diese Fotos, das sind doch nur Platzhalter. Ihr müsst aber endlich eine Lösung für die Auslieferung finden. Die sollten nicht wir übernehmen.«
»Und für eine personelle Unterstützung, wenn der Lieferservice ins Laufen kommt«, ergänzte Beate Balzer.
Milka drehte sich um, als sie das »Guten Morgen« einer bekannten Stimme in ihrem Rücken hörte. Angesichts der Präsenz von Beate Balzer und den Holls fiel Pauls Begrüßung vornehm zurückhaltend aus. Er wies in Richtung des Eingangs. »Ihr habt da draußen vor dem Hofladen freilaufende Hühner und sogar einen kleinen Stall mit Leiter, bringt denn …«
»Den hat Christoph zusammen mit Laura und Jonas gebastelt«, erklärte Milka.
»Was ich wissen wollte: Bringt das überhaupt was für euren Laden? Die Fläche ist doch ziemlich klein.«
»Aber mit Baum und Sträuchern. Die Anlage ist eher für Kinder gedacht, die mit ihren Eltern zum Einkaufen kommen. Die haben dann was zum Gucken. Und einen Hahn haben wir auch.«
»Hab ich gesehen. Der beschützt dann die Hennen, wenn der Fuchs kommt, ja?« Paul grinste.
Milka und Beate konnten ein Kichern nicht unterdrücken. »Wenn ein Fuchs kommt, ist der Hahn in Regel der Erste, der Fersengeld gibt und sich über die Hühnerleiter verdrückt. Ist schließlich kein Hocco, kein Buschhahn«, erklärte Milka.
»Ist nicht wahr. Kann nicht sein.«
»Doch. Wie im richtigen Leben.«
Paul grinste breiter. Er kannte Milkas manchmal spitze Ironie und wechselte das Thema. »Und die braunen Hühner legen die braunen Eier, die weißen die weißen Eier?«
»Nix da. Die Schalenfarbe hat mit der Farbe der Federn nichts zu tun. Hängt von den Genen ab. Meist ist es so: Hat die Henne rote Ohrscheiben, so legt sie braune Eier. Hat sie weiße Ohrscheiben, dann meist weiße. Können wir jetzt das Thema wechseln?«
Paul nickte zustimmend. »Gern. Hab ich eure Besprechung unterbrochen?«
»Nein. Wir sind mehr oder weniger durch. Setz dich dazu. Ein Kaffee?«
Paul ging mit Frau Balzer zum Kaffeeautomaten hinter der Theke. »Habt ihr heute die Zeitung gelesen?« Paul balancierte den Becher mit Cappuccino zurück zum Tisch.
»Allerdings«, sagte Milka, »wir werden wieder mal als die großen CO2-Sünder gebrandmarkt.«
»Na ja, eure Trecker und Maschinen, die …«
»Die, lieber Paul, werden statistisch im Energiesektor verbucht. Ackerbau und Viehzucht machen gerade acht Prozent des Treibhausgasausstoßes, und …«
»Das ist doch schon erheblich.«
»… und Haushalte etwa zehn und der Verkehr weitaus mehr, um die 18 Prozent«, schaltete sich Lukas Holl ein. »Das Thema beschäftigt uns ja, sehr sogar, Herr Eichert. Wir bringen weniger Dünger auf die Felder, nutzen demnächst in unserem Dreierverbund die Gülle zur Energieproduktion, stoppen die Umwandlung von Grünflächen in Ackerland. Was uns nicht gefällt, ist, dass alles auf Verzichtsstrategien hinausläuft.«
Milka lächelte leise und beobachtete die Diskussion, in die sich nun auch Beate Balzer einbrachte. »Wenn die Verbraucher ihren