Die Kuh gräbt nicht nach Gold. Bernd Gunthers

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Die Kuh gräbt nicht nach Gold - Bernd Gunthers

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auf Obst und auf Gemüse umzustellen. Ein Butterverzicht allein wird unser Klima nicht retten und uns auch nicht.« Frau Balzer redete sich in Rage, holte tief Luft.

      Milka nutzte die kleine Pause. »Wir verkennen gar nicht, dass Methan und Lachgas weitaus schädlicher sind als CO2. Deshalb sind wir auch dran, mit Maßnahmen auf breiter Front. Was mich persönlich ärgert, das ist eine gewisse, beinahe blinde Fokussierung auf bestimmte Hassobjekte. Mal sind pauschal alle SUVs die Umweltsünder, die verteufelt werden, mal der Diesel und morgen wieder etwas anderes. Die Diskussionen hängen sich pauschal an einzelnen Dingen oder Objekten auf, ohne wirkliche Differenzierung.«

      Tim Holl setzte seine Cola ab. Kaffee war nicht sein Ding. »Eigentlich müssten wir dann unseren Canis sofort einschläfern lassen.«

      Paul erinnerte sich. »Euren Schäferhund? Warum das? Und was hat das jetzt mit …«

      »Hat es.« Tim grinste. »Hab gerade ein Buch darüber gelesen. Der Titel lautet: ›Time to eat the dog?‹«

      Paul schüttelte nur den Kopf und wunderte sich über Milkas helles Lachen. Sie kannte die Story.

      »Zu Deutsch: Ist es an der Zeit, den Hund zu essen?«, übersetzte Tim vorsorglich. »Anscheinend wird momentan für alles und jedes das Treibhausgas berechnet. In der Schweiz titelte eine Zeitung: ›Lumpi ist ein Sauhund‹. Jedenfalls soll die Haltung eines Hundes einer jährlichen Umweltbelastung von 1.400 Fahrkilometern mit dem Auto entsprechen. Die Katze kommt etwas besser weg. Das Pferd schlechter, da sind es 21.500 Kilometer.«

      Paul schmunzelte. »Eines ist mal sicher. Wenn nach dem Butter- ein Hunde- und Katzenverbot kommt, dann bleibt in dieser Republik nichts mehr so, wie es war.«

      »Kommt nicht durch, wäre auch zu kurz gesprungen«, meinte Milka. »Kein Hund, kein Spaziergang mehr an der frischen Luft, zu wenig Bewegung, kein Ansprechpartner zu Hause. Dann füllen sich die Wartezimmer bei den Ärzten bis zum Bersten. Man muss die Dinge einfach zu Ende denken.«

      »Du hast heute frei?«, wollte Milka wissen, als sie zu zweit im Kaminzimmer saßen.

      Paul nickte. »Du hast den gestrigen Tag überstanden?«

      »Das Geschehen ging mir nach. Die halbe Nacht. Hast du was von deinem Kollegen gehört, diesem Karle?«

      »Nein, nichts gehört, und das ist auch gut so. Hast du etwas vor? Mit mir?«

      Milka zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, stand auf, gab Paul einen Kuss, schenkte Apfelsaft nach, ging zum Fenster und sah auf den Hof hinaus.

      »Also was?«

      »Also gut. Demnächst ist diese Langenburg Historic Rallye. Hab ich dir erzählt.«

      »Ist mir bekannt. Und …« Paul stand auf, ging zum Fenster, hob sacht Milkas leicht geneigten Kopf an, blickte ihr in die Augen. »Und? Nun red schon.«

      »Und? Ich suche weiter nach einem Beifahrer. Hättest du … ich meine, kannst du dir vorstellen …« Milka verstärkte ihr Lächeln.

      Paul lächelte zurück. »Dein Bruder? Nein? Dieser Deiniger, der dir stets die Tipps für deinen Käfer gibt, nein? Und dein Professor, der könnte doch …«

      »Paul, bitte. Der drückt doch das Bodenblech schon durch, wenn ich langsam an eine rote Ampel rolle. Du nimmst mich nicht …«

      »Also gut. Zusage. Das geht über drei Tage, ja?«

      »Und würdest du heute mit mir einmal die Bergstrecke fahren? Vom Startort bis hoch nach Langenburg?«

      Paul akzeptierte. »Du hast deinen Oldtimer bereits vor die Scheune gestellt. Du wusstest, dass ich zusage, ja?«

      Milka öffnete die Beifahrertür, sah zu, wie Paul mit skeptisch prüfendem Blick einmal um das Fahrzeug schlich und sich dann in den schmalen Sitz des 64er Käfers fädelte. »Du bist sicher, das Teil bringt uns bis nach Langenburg?« Er bewunderte den makellosen Zustand des lackierten Armaturenbretts, das zerbrechlich wirkende Zweispeichenlenkrad, den hoch aufragenden Ganghebel, drückte eine der fünf Tasten des Radios, öffnete das Handschuhfach.

      »Ist deine Kontrolle damit zur vollen Zufriedenheit abgeschlossen, lieber Paul?«

      »Dein Radio tut nicht.«

      »Puh. Erstens ist die Zündung nicht an, und zweitens fehlt die Verbindung zur Antenne. Aber keine Sorge: Alles vom TÜV abgenommen. Einschließlich der Sicherheitsgurte.«

      »Wunderte mich bereits, dass es welche gibt.«

      »Die waren nicht serienmäßig. VW hat aber seit dem Jahr 1961 Verankerungspunkte eingebaut. Also hab ich nachgerüstet.«

      Der Boxermotor sprang willig an, äußerte ein vernehmliches Brabbeln, das auch im Innenraum gut zu hören war. Milka fuhr los.

      Es dauerte immerhin gute 20 Kilometer, bis Paul Eichert anfing, sich zu entspannen und nach den technischen Daten fragte.

      »116 Stundenkilometer Spitze und in 32 Sekunden von null auf 100«, gab Milka bereitwillig Auskunft.

      »Und damit willst du ein Bergrennen fahren? Gegen Porsche, Maserati und Co.?« Pauls Stimme klang eher belustigt als erstaunt.

      »Das ist eine GLP, eine Berggleichmäßigkeitsprüfung. Es ist nicht so, dass der Schnellste gewinnt. Du hast zwei Trainingsläufe und dann zwei möglichst zeitgleich zu fahrende Wertungsläufe.«

      »Und jetzt willst du mit mir einen Testlauf machen?«

      »Aber nein, das ist eigentlich untersagt. Ich fahr einfach mal die Strecke bis hoch zum Schloss, und du schaust halt aus Versehen auf die Uhr, ja?«

      Paul gab sich geschlagen, genoss die abwechslungsreiche Landschaft und schielte ab und zu verstohlen zu Milka hinüber, die konzentriert und umsichtig fuhr.

      »Ab da vorn, Paul, ab der Brücke bitte Zeit nehmen.«

      »Bist du jetzt zufrieden, Milka?«

      Nach dem obligatorischen Besuch des Deutschen Automuseums im Schloss Langenburg saßen sie unter einem riesigen gelben Sonnenschirm auf der Terrasse des Schlosscafés bei einem bunten Sommersalat mit Frischkäsetasche für Milka. Mit einem herrlichen Blick hinunter ins sattgrüne Jagsttal, zum kleinen Ort Bächlingen und auf die Orangerie und den weitläufigen Barockgarten. Paul, im Status eines Junggesellen, benötigte eine deftigere Stärkung, obwohl er in letzter Zeit häufig Kostgänger bei den Mayrs war. Und das nicht nur, weil es dort gut schmeckte. Er bestellte einen Schwäbischen Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Salat.

      »Hast du von diesen Gerichtsmedizinern aus Heidelberg etwas gehört? Irgendeine Information zu dem Toten?«

      Paul gab etwas Zucker in seinen Espresso, verneinte. »Habe ich auch nicht erwartet. Karle ist ihr Ansprechpartner.« Paul streckte sich und korrigierte den Sitz seiner Sonnenbrille. »Warum fragst du?« Nicht, dass er es wirklich wissen wollte. Es war eher eine belanglose Floskel. Ein externer Fall, nicht seine Zuständigkeit.

      »Mir ist da was eingefallen.«

      Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis der Kriminalhauptkommissar Milkas Antwort inhaltlich registrierte. »Du meinst jetzt nicht …«

      »Doch.«

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