Alte Werte in neuer Zeit. Matthias Zimmer

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werden. Die Gewerbeaufsicht etwa ist Angelegenheit der Länder. Sie prüft die Einhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen sowie Umwelt- und Verbraucherschutz. Die Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohnes ist Angelegenheit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die dem Zoll untersteht; dieser ist eine Bundesangelegenheit. Diese Behörde überprüft nicht nur den Mindestlohn, sondern geht auch illegaler Beschäftigung nach. Daneben gibt es noch die Prüfdienste der Sozialversicherungen, Berufsgenossenschaften und Arbeitsschutzbehörden – eine verwirrende Vielzahl an Zuständigkeiten.

      Das liegt zum einen daran, dass die Anzahl der Gesetzestexte zum Schutz von Arbeitnehmern unübersichtlich ist. Seit Jahren wird ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch gefordert. Warum sollte das nicht möglich sein, nachdem man auch die Sozialgesetzgebung einheitlich geordnet hat, in mittlerweile 14 Büchern?12 Es würde vor allem den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern helfen. Sie müssten dann nicht ihre Rechte aus den unterschiedlichsten Gesetzen zusammensuchen, sondern könnten ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch zur Hand nehmen. Man spricht von bis zu dreißig unterschiedlichen Rechtsquellen, die das Arbeitsrecht regeln. Das ist unübersichtlich und verschleiert Rechte von Arbeitnehmern. Insofern ist richtig: Die CDU muss sich zu einem einheitlichen Arbeitsgesetzbuch bekennen und diese Forderung auch im nächsten Koalitionsvertrag verankern. Das schafft Klarheit.

      Neben der verstreuten Rechtsmaterie gibt es einen zweiten systematischen Fehler im deutschen Arbeitsrecht: die Rechtsdurchsetzung. Nehmen wir ein einfaches Beispiel. In einem Unternehmen wird festgestellt: Das Unternehmen hat für Arbeitnehmer nicht den Mindestlohn gezahlt. Dafür kann dem Unternehmen ein Bußgeld auferlegt werden. Das bedeutet aber nicht, dass damit automatisch die Arbeitnehmer die ihnen zustehenden Zahlungen rückwirkend erhalten. Nein, diese müssen in einem zivilrechtlichen Prozess eingeklagt werden. Gleiches gilt für zu wenig gezahlte Sozialabgaben. Das deutsche Recht geht davon aus, dass dies Gegenstand privater Rechtsverfolgung ist. Mit anderen Worten: Die Sozialversicherungen können nicht für den Geschädigten klagen; das muss er selbst übernehmen. Schlimmer noch: Nach vier Jahren verjähren die Ansprüche, der zu Unrecht einbehaltene Sozialversicherungsbetrag wird also gewissermaßen »ersessen«. Wenn Vorsatz im Spiel ist, verjähren die Ansprüche allerdings erst nach dreißig Jahren.

      Nun ist eines klar: Kaum ein Arbeitnehmer wird, bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, gegen seinen Arbeitgeber klagen. Die Fiktion, beide Parteien, Arbeitsgeber wie Arbeitnehmer, seien also gleich vor dem Recht, ist genau das: Eine Fiktion. Deswegen besteht hier Handlungsbedarf sowohl im präventiven wie im rechtsdurchsetzenden Bereich.

      Verstöße gegen Arbeitsrecht, Mindestlohn oder Sozialversicherungspflicht sind dort häufiger, wo es weder eine tarifvertragliche Bindung des Arbeitgebers gibt noch eine Form betrieblicher Mitbestimmung etwa durch einen Betriebsrat. Hier kann der Gesetzgeber einiges tun, um die Tarifbindung zu steigern und Formen der Mitbestimmung zu stärken. Das widerspricht nicht der negativen Koalitionsfreiheit, bringt aber eine Wertentscheidung des Gesetzgebers zum Ausdruck. Ganz in diesem Sinn hat der Koalitionsvertrag von 2018 festgehalten, dass für tarifgebundene Unternehmen »Experimentierräume« geöffnet werden für die Flexibilisierung von Arbeitszeit. Und in der Legislaturperiode davor wurde vereinbart, dass tarifgebundene Unternehmen andere Möglichkeiten erhalten bei der Dauer der Beschäftigung von Zeitarbeitern. Diesen Tarifvorbehalt gilt es auszubauen. Tarifbindung muss ein Kriterium sein für den Zuschlag zu öffentlichen Aufträgen ebenso wir für jegliche Exportförderung durch die öffentliche Hand. Dadurch wird eine Wertung des Gesetzgebers deutlich: Dass tarifgebundene Unternehmen denjenigen vorzuziehen sind, die keinen Tarifvertrag anwenden.

      Zweitens müssen Gewerkschaften und Sozialversicherungsträger über ein Verbandsklagerecht die Möglichkeit erhalten, für den einzelnen Arbeitnehmer tätig werden zu können; nur so lässt sich die strukturelle Ungleichheit im Arbeitsverhältnis durchbrechen. Das Arbeitsrecht geht immer noch ein wenig von der Fiktion aus, Arbeitgeber und Arbeitnehmer seien auf gleicher Augenhöhe. Das ist natürlich nicht so, denn der Arbeitgeber sitzt am längeren Hebel. Deswegen braucht der Arbeitnehmer einen Ausgleich, etwa über ein Verbandsklagerecht. Gemeinsam ist man stärker.

      Drittens sollte der Bund die Einrichtung von Arbeitskammern nach dem Vorbild des Saarlands in den Bundesländern ermutigen. Arbeitskammern sind neutrale Beratungsstellen, die vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen arbeitsrechtlichen Fragen beraten können. Dies ergänzt die gewerkschaftliche Beratungstätigkeit vor allem dort, wo Gewerkschaften wenig oder gar nicht vertreten sind. Darüber hinaus hat eine Kammer einen stärker offiziellen Anstrich als eine Gewerkschaft und wird eher als Beratungsgremium wahrgenommen, das mit der Beratung nicht eigene Interessen (etwa der Werbung neuer Mitglieder) verbindet.

      Schließlich sollte sich der Bund darüber Gedanken machen, wie die Vielzahl der Aufsichtsbehörden einheitlicher im Sinne des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammengefasst werden können. Der Vorschlag, eine eigene Arbeitsinspektion zu errichten13, ist sicherlich erwägenswert, wird aber aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten im föderalen System eher schwierig umzusetzen sein.

      In der Arbeit entfaltet sich der Mensch; Arbeit ist sinnstiftend. Das gilt nicht nur für Lohnarbeit, aber hier ist der Mensch durch die ungleichen Machstrukturen verwundbar, verletzlich. Hier geht es um seine Menschenwürde und seine persönliche Lebensgestaltung, aber auch um Fragen des Gemeinwohls. Profit ist legitim, nicht aber auf Kosten der Gerechtigkeit. Deswegen müssen Praktiken, wie sie meinem Freund Ralf oder Andrei Amariei widerfahren sind, unterbunden werden, auch mit den Mitteln des Strafrechts. Und die rechtliche Ahndung darf nicht davon abhängen, dass sich ein Arbeitnehmer einmal traut, sich zu wehren.

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