Unheimlich. Ursula Isbel-Dotzler
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Unheimlich - Ursula Isbel-Dotzler страница 4
„Ach, das übliche. Daß sie hofft, daß wir uns hier wohl fühlen“, sagte Kristin mit vollem Mund.
„Wohnt sie auch im Pfarrhaus?“ fragte ich.
„Ich glaube nicht. Vermutlich lebt sie in Lilletorp. Als du im Bad warst, habe ich sie mit dem Fahrrad hier ankommen sehen.“
Frau Märta war also jedenfalls vergangene Nacht nicht durch die Gänge getappt. Ich dachte, daß Professor Zetterlund vielleicht eine in einen Teppich gewickelte Mumie durchs Haus geschleppt und in ein geheimes Untersuchungslabor gebracht hatte, und konnte mir nur mit Mühe das Lachen verbeißen.
„Was grinst du so?“ fragte Kristin mißtrauisch.
Ich sagte: „Ach, mir ist nur gerade etwas eingefallen.“ Und ehe Kristin weitere Fragen stellen konnte, fügte ich hinzu: „Was machen wir heute?“
Sie seufzte. „Du, das hab ich mir auch schon überlegt. Gibt’s hier überhaupt etwas zu tun?“
„Wir könnten einen Waldspaziergang machen und Pilze suchen“, schlug ich ohne große Begeisterung vor.
Kristin stieß ein Schnauben aus. Ich fuhr fort: „Oder wir könnten uns im Dorf noch ein bißchen umsehen.“
„Das können wir, aber es dauert bestimmt keine Stunde, dann kennen wir jedes Haus. Und was machen wir dann?“
„Keine Ahnung“, sagte ich. „Was macht man so in Schweden?“
„Oh, in den Städten gibt’s vieles, was interessant ist. In Stockholm zum Beispiel gibt’s einen Vergnügungspark, der Gröna Lund heißt, und…«
Ich unterbrach sie. „Wir sind aber nicht in Stockholm.“
„Dann fahren wir eben mal hin!“
„Nein, danke“, sagte ich. „Fürs erste hab ich genug von der Fahrerei. Mir wird jetzt noch ganz schlecht, wenn ich nur an einen Bus denke.“
„In ein paar Tagen“, prophezeite Kristin, „hast du schon alles wieder vergessen. Und Uppsala mußt du unbedingt auch kennenlernen. Das ist hübsch, sage ich dir! Ein schwedisches Heidelberg, sozusagen. Komm, sehen wir uns erst mal das Haus an.“
Ich war einverstanden. Alte Häuser hatten schon immer eine besondere Anziehung auf mich ausgeübt, und dieser Pfarrhof war bestimmt mehr als zweihundert Jahre alt. Wir brachten unser Kaffeegeschirr in die Küche, wo Frau Märta gerade die Fenster putzte.
Es war eine ziemlich kahle Küche, blitzsauber zwar, aber nicht besonders anheimelnd. Eine Wand war von oben bis unten weiß gekachelt, und über dem Holztisch hing eine Lampe, die wie ein Nachttopf ohne Henkel aussah.
Dafür gab es ein hübsches Wohnzimmer mit abgewetzten Ledermöbeln und einer Terrassentür, hinter der man ein Stück des verwilderten Gartens sah. Eine Steinfigur stand zwischen den Bäumen. Auf den Stufen, die zum Rasen führten, wuchs Moos.
Kristin schaltete den Fernseher ein, aber er ging nicht. „Typisch!“ murmelte sie.
Ich warf einen Blick auf die Schallplattensammlung im Schrank. Kristin beugte sich über meine Schulter.
„Nichts als klassische Musik“, sagte sie düster, ließ sich dann in den Ohrenbackensessel fallen, der am Fenster stand, und streckte die Beine aus. Der Wind trug den Duft von Tannen und Harz durch die offene Terrassentür. Die Bäume rauschten. Vielleicht, dachte ich, hatte Professor Zetterlund doch gewußt, was er tat, als er von Stockholm hierher übersiedelt war.
„Komisch, diese holzgetäfelten Wände!“ sagte Kristin in meine Gedanken hinein. „Hast du bemerkt, daß die Seitenwände im Eßzimmer und im Wohnzimmer ganz mit Holz verkleidet sind? Ob’s hier so was wie ein Priesterversteck gibt?“
Sie stand auf, ging zur Wand und klopfte mit dem Fingerknöchel gegen das dunkle Holz.
„Ein Priesterversteck?“ wiederholte ich und starrte sie an. „Was soll denn das sein?“
„Ach, ich weiß nicht, ob’s hier in Schweden Priesterverstecke gegeben hat. In England war das jedenfalls früher üblich. Zumindest hab ich’s gelesen. Ich glaube, es hat was mit Glaubensverfolgung zu tun. Irgendwann wurden bestimmte Religionen von der Regierung oder vom König nicht geduldet, und die Priester wurden verfolgt. Also mußten sie sich verstecken. Dazu gab’s Wandschränke mit Geheimtüren, Geheimgänge und kleine Räume hinter Wandvertäfelungen, in die sich die Priester verkrümeln konnten, wenn es brenzlig wurde. Interessant, wie?“
„Ja, sehr“, sagte ich. „Davon hab ich noch nie etwas gehört. Und du meinst, daß es hier im Haus so was geben könnte?“
„Warum nicht?“ Kristin klopfte gegen eine andere Stelle der Vertäfelung. „Immerhin sind die Wände paneeliert, oder wie man da sagt. Hinter einer dieser viereckigen Füllungen könnte vielleicht ein Hohlraum sein.“
Das leuchtete mir ein. Ich fing auch an zu klopfen, denn wie Kristin war ich der Meinung, daß man es am Klang hören mußte, falls es hinter der Vertäfelung irgendwo hohl war. Da wir im Augenblick sowieso nichts Besonderes vorhatten, war das eine angenehme Abwechslung.
Als wir eine Weile geklopft hatten, tat sich die Tür auf, und Märta erschien. Sie sagte etwas, und Kristin hörte auf zu klopfen und gab Antwort. Daraufhin machte die Haushälterin ein seltsames Gesicht, äußerte noch etwas und verschwand aus dem Wohnzimmer.
„Was hat sie gesagt?“ fragte ich.
„Daß wir mit dem Klopfen aufhören sollen, weil es meinen Vater bei der Arbeit stören könnte“, erwiderte Kristin. „Außerdem hat sie gefragt, warum wir das machen, und ich habe ihr erklärt, daß wir nach einem Priesterversteck suchen.“
„Deshalb hat sie so ein merkwürdiges Gesicht gemacht. Sie hält uns wahrscheinlich für verrückt.“
„Hm, ich weiß nicht. Jedenfalls hat sie dann noch gesagt, von einem Priesterversteck wüßte sie nichts, aber in diesem Haus wäre alles möglich.“
Das war eine ungewöhnliche Bemerkung. Wir zerbrachen uns eine Weile den Kopf, wie Märta das gemeint haben konnte.
„Klingt fast, als würde es hier spuken“, sagte ich nach einigem Hin und Her.
Kristins Gesicht hellte sich auf. „Spitze!“ sagte sie entzückt. „Dann wäre wenigstens etwas los. Ich dachte schon, wir verkümmern hier vor Langeweile.“
Nach so einer Art von Abwechslung sehnte ich mich keineswegs. „So darfst du nicht reden, Kristin!“ sagte ich streng. „Ich hab nichts gegen Horrorfilme, aber ich bin durchaus nicht wild darauf, meine Ferien in einem Spukhaus zu verbringen. Da hört für mich der Spaß auf, das kann ich dir sagen!“
Kristin lachte. „Unsinn, Frankie. Du weißt doch genau, daß es keine richtigen Gespenster gibt. Aber es könnte doch sein, daß hier irgend jemand aus der ländlichen Bevölkerung meinen Vater vergraulen will und im Pfarrhaus herumgeistert. Dann könnten wir die Sache aufklären und hätten ein Abenteuer.“
„Ich verzichte auf solche Abenteuer“,