Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Paket

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Vater geschehen?«

      »Bitte, beunruhigen Sie sich«, bat Pfarrer Trenker. »Es ist nix passiert. Allerdings wissen wir net, wo sich Ihr Vater aufhält.«

      »Also, Moment mal. Warum rufen Sie dann hier an?«

      »Es ist ein wenig kompliziert«, erklärte der Geistliche. »Ich nehme an, Sie wissen, warum Ihr Vater hierher gereist ist?«

      »Ja. Ein alte Geschichte. Wir, also meine Mutter und ich, haben versucht, ihm die Sache auszureden, aber er wollte nicht auf uns hören. Heute haben wir versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen, aber es scheint nicht eingeschaltet zu sein. Meine Mutter hat deshalb in der Pension angerufen. Aber dort sagte man ihr, daß mein Vater abgereist sei.«

      »Ich weiß. Der Wirt ist mein Cousin. Seine Frau rief mich eben an und informierte mich von Ihrem Anruf. Deshalb melde ich mich jetzt bei Ihnen.

      Es ist folgendes geschehen, Herr Gruber. Ihr Vater hat, wie Sie vielleicht inzwischen wissen, den Mann gefunden, den er gesucht hat. Der Mann heißt Hubert Hirschler. Ihr Vater fordert nun von ihm, daß er sich öffentlich zu seiner Schuld bekennt. Ich kann das net gutheißen und unterstütze den Bauern in seiner Haltung. Deshalb hat Ihr Vater schlimme Maßnahmen angedroht, die den Herrn Hirschler dazu zwingen sollen, nachzugeben. Herr Gruber, ich fürcht’, Ihr Vater hat jegliches Augenmaß verloren und läßt sich zu unbedachten Handlungen hinreißen. Wir wissen net, wo er sich versteckt hält und was er vorhat. Ich möcht’ Sie bitten, herzukommen, damit wir gemeinsam etwas unternehmen können, um Ihren Vater zu finden und Schlimmeres zu verhüten. Wäre Ihnen das möglich?«

      Thomas Gruber brauchte nicht lange, um zu überlegen.

      »Ja«, antwortete er kurz entschlossen, »ich komme nach St. Johann. Noch in dieser Stunde mache ich mich auf den Weg. Wenn ich die Nacht durchfahre, kann ich morgen früh da sein.«

      »Das ist gut«, sagte der Anrufer. »Kommen S’ gleich zum Pfarrhaus. Sie können auch hier wohnen. Ich erwarte Sie.«

      »Bis morgen«, antwortete Thomas und beendete das Gespräch.

      Seine Mutter war die ganze Zeit unruhig auf ihrem Stuhl hin und her gerutscht.

      »Was ist denn?« fragte Lina aufgeregt. »Wer war das? Und warum willst du nach St. Johann?«

      Er erklärte es ihr mit wenigen Worten. Lina schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte.

      »Ich habe von Anfang an gewußt, daß das nicht gutgeht«, weinte sie. »Warum konnte Vater bloß nicht auf mich hören!«

      »Beruhige dich«, sagte Thomas. »Es ist ja noch nichts passiert. Ich packe schnell ein paar Sachen zusammen und fahre dann gleich los.«

      »Ja, aber kannst du das überhaupt? Was wird denn aus der Werkstatt?«

      Er winkte ab.

      »Morgen ist Freitag«, erwiderte Thomas. »Was da anliegt, schafft Horst alleine. Du müßtest ihn nur nachher anrufen und sagen, daß ich nicht da sein werde. Die Stühle für Höbermann müssen nur noch geleimt werden, das Fenster für Timm ist fertig, es wird morgen abgeholt. Na, und dann ist sowieso Wochenende. Und sollte es länger dauern, der Ausbau der Gaststätte ist erst in vierzehn Tagen. Da brennt also nichts, und was sonst noch so anliegt, muß Horst eben alleine machen.«

      Er stand auf und zog seine Mutter an sich.

      »Hab keine Angst«, sagte er. »Es wird schon alles gutgehen.«

      *

      Während sein Sohn auf der Autobahn unterwegs war, schlich Franz Gruber zum Hirschlerhof hinunter, um den in seinen Augen renitenten Bauern in die Knie zu zwingen. Ganz genau hatte er sich überlegt, wie er vorgehen würde. Nicht umsonst hatte er sich das Vertrauen der Familie erschlichen und in Haus und Hof alles ausgekundschaftet. So konnte er sich überall bewegen und würde sich zurechtfinden, als ob er hier jahrelang gelebt hätte.

      Zunächst wartete Franz Gruber im Schutze der Dunkelheit über eine Stunde ab. Als sich in dieser Zeit nichts regte, betrat er die Einfahrt und wandte sich dem Bauernhaus zu. Im Erdgeschoß, das wußte er, lag neben Küche, Wohnstube und anderen Zimmern auch die Kammer, in der die Tochter schlief. Das Fenster darin ging auf den Garten hinter dem Haus hinaus. Daneben stand der Anbau, in dem Hubert Hirschler wohnte. Sein Sohn und dessen Frau hatten das Schlafzimmer im ersten Stock.

      Gruber umrundete das Haus und stand einen Moment lang vor der Tür zur Wohnung des Altbauern.

      Ob er jetzt sanft und selig schlief, der Hubert Hirschler?

      Wenn ja, war der nächtliche Besucher sicher, dann war es die letzte ruhige Nacht, die der Mann genießen würde. Die Hölle wollte er ihm heißmachen, bis er sich endlich freiwillig zu seiner Tat bekannte.

      Franz schlich zurück und wandte sich der Scheune zu. Darin war auch die Werkstatt untergebracht. Auf einem Bauernhof war es notwendig, Reparaturen auch selbst ausführen zu können, wenn es eilte. Er schob das gut geölte Tor ein Stück auf und schlüpfte hindurch. Einen Moment wartete er ab, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann ging er zielstrebig weiter.

      Als er das erste Mal hier drinnen gewesen war, hatte Hirschler ihm die Werkstatt gezeigt, die mit allem ausgerüstet war, was man sich nur denken konnte. Aber das eigentliche Ziel Grubers war das Regal, in dem eine Reihe von Farbtöpfen stand. Hin und wieder mußte irgendwo auf dem Hof ein Anstrich vorgenommen, oder etwas ausgebessert werden. Außerdem war erst vor geraumer Zeit im Haus gestrichen worden. In einem Behälter standen Pinsel in den verschiedensten Größen. Gruber nahm einen großen, breiten Borstenpinsel und einen Eimer mit roter Farbe. Hirschler hatte ihm erzählt, daß die Enkelin damit eine alte Truhe bemalt hätte. Jetzt schien ihm dieser Farbton genau recht für das, was er sich vorgenommen hatte. Er verließ die Scheune. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, daß es inzwischen kurz nach Mitternacht war. Gruber ging zum Haus zurück. Es hatte ein dunkles Schindeldach und eine weiße Fassade. Die Fensterfront war breit und von der Straße aus gut zu sehen. Jeder, der vorüberkam, würde es lesen können.

      Mit aller Gelassenheit öffnete der Tischler den Farbeimer und tauchte den Pinsel hinein. Groß mußten die Buchstaben sein, und er holte sich einen Stuhl aus dem Garten, der dort mit anderen und einem Tisch unter einem Pflaumenbaum stand.

      Als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt nahm Franz Gruber den Pinsel in die Hand und begann das Haus zu beschriften. Er hatte keinen Moment Angst, daß man ihn entdecken könnte, und am nächsten Morgen würde ohnehin jeder sehen, wer sich hier betätigt hatte. Aber auch das war ihm egal. Hubert Hirschler und dessen Familie sollten ganz genau wissen, daß sie ihm nicht entkommen würden.

      Jeder Buchstabe maß einen knappen Meter. Da, wo ein Fenster im Wege war, pinselte Gruber einfach über die Scheiben hinweg. Nach einer halben Stunde trat er zurück und begutachtete sein Werk. Jetzt in der Dunkelheit war es nur schwach zu erkennen, aber wenn am Morgen die Sonne aufgegangen war, dann würde die Schrift von der Straße aus sichtbar sein.

      Schließlich nickte er zufrieden und verließ den Hof. Farbe, Pinsel und Stuhl ließ er einfach stehen. Während der Norddeutsche zu seinem Versteck zurückging, dachte er einen Moment an seine Frau und den Sohn. Gewiß würden die beiden sich Sorgen machen, wenn er sich nicht meldete. Vielleicht hatten sie sogar schon in der Pension angerufen und sich nach ihm erkundigt.

      Gruber überlegte, wie er es anstellen sollte, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie zu beruhigen. Einen kurzen Augenblick dachte er daran,

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