Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Meine Güte. Ich werde doch wohl ein Mal gute Laune haben dürfen«, bemerkte Oskar.
»Meinetwegen könntest du jeden Tag wie die Sonne persönlich strahlen. Aber nein, da muss erst eine Frau Unternehmerin kommen, um die Lebensfreude in dir zu wecken.«
Die Getränkekiste war leer. Oskar richtete sich auf und gesellte sich zu Lenni an die Theke.
»Sag bloß, du bist eifersüchtig«, fragte er geschmeichelt.
»Ich und eifersüchtig? Träum weiter.« Um ein Haar hätte sie die Gläser vom Tablett gefegt. »Ich bin doch keine fünfzehn mehr.«
»Schade eigentlich.« Oskar maß sie mit einem nachdenklichen Blick, der Lenni durch und durch ging. Entgegen ihrer Art dachte sie schon über eine Entschuldigung nach, als Oskar versonnen sagte: »Diese Frau Endress ist wirklich bewundernswert. So ein schweres Schicksal! Doch sie hat sich nicht unterkriegen lassen. Ganz im Gegenteil hat sie die Firma nach dem Unfalltod ihres Mannes zu neuer Blüte geführt.«
»Woher willst du denn das wissen?«, fragte Lenni zornig.
»Ich kannte Georg Endress von unserem Unternehmerverband und habe Alexas Werdegang mit Interesse verfolgt. Wenn du hin und wieder den Wirtschaftsteil der Zeitung lesen würdest, wüsstest du Bescheid.« Oskar nahm die schmutzigen Teller und Tassen vom Tablett und brachte sie in die kleine Küche, um sie in die Spülmaschine zu stellen.
»Wozu? Hinter all den Berichten stecken doch eh nur von der Wirtschaft gekaufte Journalisten, die schreiben, was ihre Sponsoren diktieren.« Lenni warf einen Blick auf den Zettel mit den neuen Bestellungen.
»Findest du es richtig, alle in einen Topf zu werfen?«, fragte Oskar und schloss den Geschirrspüler.
»Ja.« Beleidigt klatschte Lenni Apfelstrudel und Streuselkuchen auf die Teller.
Seufzend kehrte Oskar aus der Küche zurück.
»Wenn du nicht so stur wärst, wüsstest du, welch herausragende Persönlichkeit Alexandra Endress ist.«
»Mir genügt es vollkommen zu wissen, dass du alles andere als herausragend bist«, erwiderte Lenni erbarmungslos. »Die Gäste dort hinten warten immer noch auf ihre Bestellung. Bringst du ihnen nun Kaffee und Kuchen, oder muss ich das auch noch selbst machen? Ach, lass nur!«, winkte sie ab. »Träum du in Ruhe von deiner bewundernswerten Unternehmerin.«
Sie wollte das Tablett nehmen. Doch diesmal war Oskar schneller. Froh, der Drachenhöhle fürs Erste zu entkommen, eilte er mit der Bestellung an den Tisch unter Palmen, an dem die beiden Besucher ihm schon erwartungsvoll entgegensahen.
*
»Ich habe davon in der Zeitung gelesen, wie Sie die Brauerei Ihres Mannes übernommen haben.« Der Pfleger Jakob stand an Alexandra Endress’ Bett und rief sich die Berichte ins Gedächtnis, die er immer wieder über die unerschrockene Unternehmerin gelesen hatte.
Alexandra saß aufrecht im Bett, eine Tasse Tee in der Hand. Sie lächelte geschmeichelt.
»Dabei war das alles andere als selbstverständlich«, erwiderte sie versonnen. »Bevor der Unfall mir den Mann wegnahm, habe ich die Brauerei so gut wie nie betreten.«
»Nichts für ungut. Aber Sie sehen auch nicht so kernig aus, wie man sich eine … wie ist die weibliche Bezeichnung für Brauer?«
»Bräuin.«
»Danke.« Jakob nickte lächelnd. »Wie man sich eine Bräuin vorstellt.« Er bat sie, sich kurz aufzusetzen, damit er ihr Kissen aufschütteln konnte.
»Ich nehme das jetzt mal als Kompliment.« Alexandra lachte. »Aber Sie haben recht. Ursprünglich habe ich einen Doktortitel in Agrarwissenschaften erworben und eine eigene Firma gegründet, die sich mit Umweltschutz befasst. Als mein Mann starb, kannte ich noch nicht einmal die Namen der meisten Brauerei-Mitarbeiter.« Ihr Lächeln verlor sein Strahlen, und sie senkte den Blick. »Aber dem Schicksal war das egal.«
»Bestimmt haben Ihre Kinder Sie unterstützt«, bemerkte Jakob unbedarft, während er ihre Bettdecke glatt strich.
Schlagartig verschloss sich Alexandras Gesicht. »Ich habe keine Kinder.« Ihre Antwort fiel schroffer aus als beabsichtigt.
Jakob erschrak. Er verließ kurz das Zimmer, um neue Wasserflaschen und Tee zu holen.
»Verzeihung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, entschuldigte er sich, als er zurückkam.
»Schon gut. Das konnte Sie ja nicht wissen«, erwiderte Alexandra. Sie sah ihm dabei zu, wie er die Thermoskanne auf den Nachttisch stellte. »Ehrlich gesagt war es die Arbeit, die mir über den größten Schmerz hinweggeholfen hat. Ich saß sogar nachts im Büro, am schweren Holzschreibtisch meines Mannes, und verschaffte mir einen Überblick.«
»Das stelle ich mir wahnsinnig schwer vor.«
»Das war es auch.« Diese Antwort kam aus tiefstem Herzen. »Am Anfang gingen Gerüchte in der Stadt um. Von Schließung war die Rede. Doch ich habe mich durchgesetzt. Ich holte einen Unternehmensberater ins Haus und habe zunächst einmal umstrukturiert.«
»Damit haben Sie sich sicher nicht nur Freunde gemacht«, mutmaßte Jakob. Er hatte seine Arbeit im Zimmer beendet. Im Augenblick gab es hier nichts mehr für ihn zu tun. Trotzdem konnte er sich noch nicht losreißen. Alexandra Endress war eine gute Erzählerin, die ihre Zuhörer zu fesseln vermochte.
»Schon gar nicht als Frau in einer Männerdomäne«, fuhr sie fort. »Aber ich habe es geschafft und die Brauerei zu neuer Blüte geführt.«
»Dieses Gefühl ist bestimmt großartig.« Jakobs Worte kamen von Herzen. Sophie Petzolds Stimme hallte ihm noch in den Ohren, als sie sich lautstark über die überhebliche, anspruchsvolle Patientin beschwert hatte. Diesen Eindruck konnte er ganz und gar nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil war ihm Alexandra Endress ausgesprochen sympathisch. Seiner Meinung nach konnte sie wirklich stolz sein auf ihre Leistung. »Sie sind eine beeindruckende Persönlichkeit, und am liebsten würde ich den Rest des Tages mit Ihnen plaudern. Leider ruft mich die Arbeit.«
Alexandra war ehrlich erschrocken. »Oh, habe ich Sie aufgehalten? Das tut mir leid.«
»Mir nicht.« Jakob zwinkerte ihr zu, ehe er das Zimmer verließ.
Nachdenklich und in sich gekehrt blieb Alexandra Endress zurück. Unwissentlich hatte Jakob mit einer seiner Frage an eine schwelende Wunde gerührt. Sie griff nach ihrer Handtasche und entnahm ihr ein in Leder gebundenes kleines Fotoalbum. Alexa schlug es auf und betrachtete die Bilder eines jungen Mannes. Eine Weile blätterte sie hin und her, bis sie das Album mit einer entschiedenen Bewegung zuklappte und an seinem Platz verstaute.
*
Während seine Eltern aufgeregt vor dem OP-Breich auf und ab gingen, lag der kleine Severin auf dem Bauch auf dem OP-Tisch. Er schlief tief und fest.
»Ich präpariere jetzt den Zugang zum Wirbelkörper«, teilte Volker Lammers seinen Kollegen mit. Sein konzentrierter Blick ruhte auf dem Monitor oberhalb des Operationstisches.