Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Paket

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bitte?« Die Ablehnung kam einer Arbeitsverweigerung gleich. »Aber …«

      Trotz der Brille, die sie aufgesetzt hatte, verschwamm Christines Blick schon wieder.

      »Meine Mutter … Sie ist da drin. Appendixperforation.« Mit zitternder Hand deutete sie auf die Tür des OPs. »Seit Tagen klagt Mama über Bauchschmerzen und Übelkeit. Aber ich habe sie einfach nicht beachtet. Ich dachte, sie heischt wieder einmal um Aufmerksamkeit.«

      Elena musterte die Chirurgin, eine steile Falte zwischen den Augen. So hatte sie Christine nie zuvor gesehen.

      »Bitte machen Sie sich keine Vorwürfe. Wer denkt denn bei Bauchschmerzen gleich an so etwas?«

      »Ich bin Ärztin. Ich hätte es wissen müssen«, begehrte Christine auf. »Wissen Sie, Mama schimpft ständig, dass ich zu viel arbeite und zu wenig Zeit für sie habe. Da wird man schon mal ­betriebsblind. Und jetzt, jetzt ist es vielleicht zu spät. Dieser Gedanke … Der macht mich wahnsinnig. Mama …« Ihre Stimme erstickte in Tränen.

      Schwester Elena konnte nicht anders. Sie beugte sich hinab und drückte Christine an sich.

      »Alles wird gut«, versprach sie. »Und beim nächsten Mal machen Sie es einfach besser.«

      Irritiert schob Christine sie von sich.

      »Wie soll das gehen? Haben Sie in Anatomie nicht aufgepasst? Meine Mutter hat nur einen Blinddarm. Wie jeder andere Mensch auch.«

      Schwester Elena rang noch mit der Fassung, als sich die Türen zum OP öffneten und zwei Schwestern herauskamen. Adrian Wiesenstein folgte ihnen. Er lächelte.

      »Alles in Ordnung. Ihre Mutter kommt durch.«

      Einen Moment lang sah Christine Lekutat so aus, als wollte sie ihm um den Hals fallen. Zu seiner Erleichterung tat sie es nicht. Nachdem sie die Tränen getrocknet hatte, sah sie zu ihm auf.

      »Unter den gegebenen Umständen werden Sie verstehen, dass ich Ihre Einladung heute Abend leider ausschlagen muss.«

      Schwester Elena, die hinter ihr stand, sah Adrian fragend an. Der schnitt eine Grimasse.

      »Ihre Mutter braucht Sie jetzt«, sagte er zu Christine.

      »Das haben Sie völlig richtig erkannt. Und sie sollten sich besser mal um Ihren Sohn kümmern. In diesem Alter kommen Kinder auf die dümmsten Gedanken. Da unterscheiden sie sich kaum von alten Leuten.« Christine nickte ihm zu, ehe sie sich abwandte und den Raum verließ.

      Noch immer ruhte Elenas Blick auf Adrian.

      »Sagen Sie jetzt nichts«, bat er sie und machte sich ebenfalls auf den Weg.

      *

      Nach und nach tauchte Jakob aus den Tiefen seines Unterbewusstseins auf. Schuld daran war auch der Schmerz, der wie ein Presslufthammer in seinem Kopf hämmerte. O Mann, ich trinke nie mehr!, schoss es ihm durch den Kopf. Sein Hals war trocken, alles tat ihm weh. Seine Kehle fühlte sich an wie Sandpapier. Wo war ich gestern Abend?, fragte er sich im Geiste. Was ist bloß los in meinem Kopf? Dieses Pfeifen und Piepen macht mich noch wahnsinnig!

      »Ich trinke nie mehr einen Schluck Alkohol«, stöhnte er. Passend zur Sandpapierkehle klang seine Stimme wie ein Reibeisen.

      »Wie bitte?«, fragte ein Mann dicht neben ihm.

      Jakob wollte die Augen aufreißen. Doch seine Lider gehorchten ihm nicht. Alles, was er zustande brachte, war ein mageres Blinzeln. Ein grelles Licht blendete ihn so sehr, dass ihm das Wasser in die Augen schoss und er erst recht nichts mehr erkennen konnte.

      »Alkohol. Nie mehr«, wiederholte er krächzend.

      Der Mann lachte. In das Lachen mischte sich eine weibliche Stimme.

      »Willkommen zurück, Jakob«, begrüßte Sophie Petzold ihn. Ihre Stimme schwankte vor Erleichterung. »Wirklich schade, das mit dem Alkohol. Zur Feier der überstandenen Operation wollte ich eigentlich eine Flasche Schampus springen lassen.«

      Jakob wagte einen zweiten Versuch. Unter ungeheuren Anstrengungen öffnete er die Augen. Es dauerte eine Weile, doch nach und nach wurde das Bild klarer. Zwei Menschen standen vor seinem Bett. Er war sicher, dass er sie kannte.

      »Sophie … ich meine Frau Dr. Petzold. Herr Dr. Weigand«, begrüßte er sie.

      Matthias schmunzelte.

      »Ich hätte schon erwartet, dass Sie mich als Erstes begrüßen. Immerhin haben Sie es mir zu verdanken, dass Sie den Abszess in Ihrem Kopf losgeworden sind.«

      »Jeder, der in dieser Klinik arbeitet, ist ein wichtiges Rädchen, das nicht fehlen darf.« Jakob durchforstete seinen Kopf. »Oder so ähnlich. Das hat jedenfalls Dr. Norden gesagt.«

      »Ein kluger Mann«, erwiderte Sophie und sah Matthias triumphierend an. Sie wippte auf den Fußsohlen vor und zurück.

      »Schon gut, ich habe verstanden«, erwiderte er verschnupft und holte den kleinen Computer heraus, auf dem sämtliche Informationen über den Patienten gesammelt waren. Zeit, das Thema zu wechseln.

      »Um zu den wichtigen Themen zu kommen: Die Operation ist sehr gut verlaufen.«

      »Sie haben auch keinen Tumor, wie wir zunächst gefürchtet haben«, platzte Sophie heraus und handelte sich einen tadelnden Blick ihres Vorgesetzten ein.

      »Wie schon vor der Operation besprochen, bekommen Sie eine Antibiotika-Therapie, bis wir die Ursache für den Abszess herausgefunden haben«, fuhr Matthias Weigand fort.

      Jakob nickte langsam und versuchte, die Gedanken in seinem Kopf zu sortieren. Zugegebenermaßen war das nicht ganz einfach.

      »Wann kann ich wieder aufstehen?«, erkundigte er sich schließlich.

      »Sobald Sie das Gefühl haben, stark genug zu sein. Aber bitte keine Alleingänge. Wenn Sie ins Bad müssen, rufen Sie bitte eine Schwester.«

      »Oh, schön, ich bekomme einen Babysitter.« Jakob versuchte ein Lächeln.

      »Keine Sorge. Nur so lange, bis wir sicher sind, dass Sie wieder mobil sind.« Matthias Weigand schaltete das Tablet aus. »Sicher wollen Sie sich noch kurz allein mit Frau Dr. Petzold unterhalten.«

      »Haben Sie bei der Operation einen Blick in meine Gedanken geworfen?«, scherzte Jakob. Der Versuch zu lachen endete in einem Hustenanfall.

      »Runter vom Gas, junger Mann!«, mahnte Matthias Weigand, als sein Patient sich endlich wieder beruhigt hatte und matt in den Kissen lag. »Sie haben noch ein gutes Stück Weg vor sich. Sparen Sie Ihre Kräfte.« Matthias schickte Sophie einen Blick, den sie schwer deuten konnte, es in diesem Moment aber auch nicht wollte.

      Sie wartete, bis die Tür mit einem leisen Klacken ins Schloss gefallen war. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und griff nach Jakobs Hand.

      »Sie dürfen nicht erschrecken, wenn Sie beim Laufen anfangs noch ein bisschen unsicher sind«, sagte sie, ehe das Schweigen peinlich wurde. »Das darf Sie nicht beunruhigen. Jeder Schritt bringt Sie in die richtige Richtung und macht Sie sicherer.« Ihre Stimme klang wohlig wie das Schnurren einer Katze. Seine Hand in der

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