Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 191
»Eine offene Fraktur birgt immer die Gefahr, dass offenliegende Nervenbahnen beschädigt wurden.« Es war Adrian, der die Antwort anstelle des Klinikchefs gab.
Paola feuerte funkelnde Blicke auf ihn ab.
»Dich habe ich nicht gefragt. Wir beide sind fertig miteinander.«
»Nichtsdestoweniger hat der Kollege Wiesenstein recht«, kam Dr. Norden dem Kollegen zu Hilfe. »Ich verspreche Ihnen, dass wir unser Bestes geben werden. Wenn alles gut verläuft, werden Sie in ein paar Monaten wieder ganz normal laufen können.«
Paola verzog das Gesicht.
»Was soll das heißen? In ein paar Monaten?«
»Vielleicht geht es auch schneller. Das kommt ganz darauf an, wie gut Sie bei den Rehabilitationsmaßnahmen mitarbeiten.«
»Und davon, wie gut Sie Ihre Arbeit machen«, schoss Paola zurück. »Wer wird mich operieren?«
»Ich werde ein exzellentes Team zusammenstellen, da können Sie ganz beruhigt sein«, versuchte Daniel, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sein Plan schien aufzugehen.
Erschöpft von den Strapazen und Schmerzen legte sie den Kopf auf die Liege zurück.
»Ganz beruhigt? Sie haben wirklich Humor«, seufzte sie und schloss die Augen.
Unwillkürlich musste Adrian an Joshuas Absage denken. Der Unfall war schon die zweite Niederlage für seine erfolgsverwöhnte Ex-Frau. Er wusste, dass es albern war. Doch anders als bei Joshua fühlte sich Adrian diesmal schuldig. Wahrscheinlich hatte Paola ihre Wut an dem armen Taxifahrer ausgelassen und so den Unfall mitverursacht.
Auf der Suche nach ein paar tröstenden Worten stand er vor der Liege, als er das sanfte Zupfen am Ärmel spürte.
Dr. Norden gab ihm zu verstehen, mit ihm gemeinsam den Schockraum zu verlassen. Nach kurzem Zögern sah Adrian Wiesenstein ein, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als der stummen Aufforderung des Klinikchefs Folge zu leisten.
*
»Ich will eine Pizza!«, verlangte der kleine Paul energisch.
Mit dieser Bemerkung brachte er Fee an den Rand des Wahnsinns.
»Zuerst wolltest du Grießbrei.« Sie deutete auf die unangetastete Schale, die vor ihrem kleinen Gast auf dem Tisch stand. »Dann sollten es Nudeln mit Tomatensauce sein.« Dési und Joshua würden sich freuen. »Und jetzt Pizza? Nein, tut mir leid. Das geht entschieden zu weit.« Fees anfängliches Mitleid mit dem Kleinen war inzwischen in Ärger umgeschlagen. »Entweder, du isst das, was ich dir gekocht habe. Oder du lässt es blei …«
Der Rest des Satzes ging in ohrenbetäubendem Geschrei unter.
Felicitas stand vor dem tobenden Kind und versuchte zu verstehen, was sich hier gerade abspielte. Hatte sie alles vergessen, was sie in den Jahren mit ihren fünf Kindern gelernt hatte? Und was war mit ihrer Ausbildung zur Kinder- und Jugendpsychologin? Selten zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so hilflos gefühlt.
»Was hältst du davon, wenn wir in den Garten gehen und Krocket spielen?«, versuchte sie, Pauls Kreischen zu übertönen. »Hallo, Paul, ich rede mit dir!« Sie ging neben seinem Stuhl in die Knie. »Wenn du mit dem Lärm aufhörst, können wir uns unterhalten.«
Tatsächlich hielt der Kleine kurz inne, aber nur, um die Ärmchen auszustrecken und Fee einen Schubs zu verpassen. Derart überrumpelt, landete sie auf dem Hinterteil. Der Knirps lachte mit tränenüberströmten Gesicht.
Von draußen hatten Dési und Joshua das Geschrei gehört und kamen angerannt. Im Türrahmen blieben sie stehen und starrten auf die Szene, die sich ihnen bot. Die beiden Besucher lenkten Paul so sehr ab, dass auch er plötzlich still war.
»Was ist denn hier los?« Dési sah von einem zum anderen.
Selbst den Tränen nahe, saß Fee noch immer auf dem Boden im Esszimmer.
»Ich fürchte, kleine Kinder sind nichts mehr für mich.« Dankbar ergriff sie die Hand, die Joshua ihr hinhielt, und ließ sich hochziehen.
»Das ist jetzt wirklich blöd.« Dési schickte ihrem Freund einen ebenso schnellen wie frechen Seitenblick. »Ich wollte dich nämlich gerade fragen, ob du auf unser Baby aufpassen würdest.«
Einen Moment lang herrschte gespenstische Stille im Esszimmer der Familie Norden.
»Du bist schwanger? Bleibt Joshua etwa deshalb …« In diesem Moment entdeckte Felicitas das vergnügte Funkeln in Désis Augen. »Na warte, du Frechdachs. Das wirst du mir büßen.«
»Nicht nötig. Joshua und ich übernehmen freiwillig die Kinderbetreuung. Nicht wahr?«
»Ja, klar. Immerhin schulde ich dir etwas für den Schrecken, den ich dir eingejagt habe.«
»Richtig erkannt.« Dési lächelte. »Du bist ein kluger Mann.«
Das zärtliche Geplänkel wurde unterbrochen von einem grellen Knall, gefolgt von klirrendem, rieselnden Regen. Die drei Erwachsenen zuckten erschrocken zusammen.
»Wo ist Paul?«, fragte Fee und lief im nächsten Moment los.
Dési und Joshua tauschten vielsagende Blicke.
»Ich weiß nicht, ob das mit dem Babysitting so eine gute Idee war«, gab er zu bedenken.
Doch für solche Zweifel war es jetzt zu spät.
*
Matthias Weigand hatte kaum den Schockraum verlassen, als er einen Anruf bekam.
»Sie müssen schnell kommen!« Sophie Petzolds Atem ging schnell.
»Ich hoffe, Sie hatten einen guten Grund, es so dringend zu machen«, keuchte er, als er kurz darauf ins Büro stürmte.
Wortlos hielt sie ihm das Tablet hin.
»Die Aufnahmen von Jakob Sperling?«, fragte er nach einem kurzen Blick auf den Bildschirm.
Sophie schluckte und nickte. Ihre Augen glänzten verdächtig. Sie hielt es nicht mehr auf ihrem Stuhl aus und stand auf.
»Sehen Sie auch, was ich sehe?«
Matthias konzentrierte sich. Er klickte sich durch jedes Bild und betrachtete es eingehend. Schließlich lehnte er sich zurück.
»Sieht nach einem Abszess aus. Wir müssen so schnell wie möglich operieren.«
Sophie schniefte. Mit der linken Hand fuhr sie sich über das Gesicht.
Matthias drehte sich zu der Assistenzärztin um.
»Was ist das denn jetzt? Haben Sie im Medizinstudium nicht gelernt, dass professionelle Distanz überlebenswichtig für den Patienten ist?«, fragte er streng. »Mal abgesehen davon, dass ein Hirnabszess zwar lebensbedrohlich sein kann, aber nicht zwingend in einer Katastrophe enden muss.«