Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 4
»Ich bin dir wirklich zutiefst verbunden, dass du meine Standhaftigkeit nicht vor Publikum auf die Probe gestellt hast.« Daniel konnte sich nicht daran erinnern, Jenny je weinen gesehen zu haben. An diesem Morgen aber wischte sie sich tatsächlich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Doch der schwache Moment verging schnell, und als sie sich wieder umdrehte, war alles wie immer. »Das hier ist ab heute dein Reich.« Mit einem letzten prüfenden Blick klappte sie den Karton zu.
Auf dieses Stichwort schien Andrea Sander nur gewartet zu haben.
»Ich hätte da schon ein kleines Geschenk für Sie!« Sie trat durch die offene Tür und reichte Dr. Norden ein kleines Paket.
Sichtlich verlegen nahm Daniel es entgegen.
»Aber ich habe doch nicht Geburtstag heute.«
»Sie werden es trotzdem schätzen. Nachdem wir keinen Hausmeister haben …« Der Rest des Satzes schwebte unausgesprochen in der Luft.
Während Daniel das Papier aufriss, tauschten Jenny und Andrea wissende Blicke.
»Ein Zollstock? Wofür das denn?«
»Sie wollen doch sicherlich ihre eigene Einrichtung haben. Da leistet so ein Meterstab ganz gute Dienste«, erwiderte Andrea augenzwinkernd.
Dr. Norden lachte dankbar.
»Das Wichtigste ist, dass Sie in dieses Büro passen. Und das haben Sie ja schon oft genug bewiesen.«
Andrea Sander konnte kaum glauben, was sie da hörte.
»Oh, Chef! Das ist das schönste Kompliment, das ich seit Jahren bekommen habe.«
»Dann wurde es aber höchste Zeit«, erwiderte Daniel, als Jenny in die Hände klatschte.
»Genug Gefühlsduselei für heute.« Plötzlich war ihre Stimme so resolut wie eh und je. »Daniel, auf dem Schreibtisch liegt eine Unterschriftenmappe. Und wenn ich mich nicht irre, ist dein Terminkalender brechend voll.« Ehe er etwas darauf erwidern konnte, wandte sie sich an ihre Assistentin. »Und Sie besorgen mir bitte einen starken Mann, der diese Kartons in meinen Wagen bringt.«
»Natürlich, Chefin.« Sofort verschwand Andrea Sander aus dem Zimmer und hinter ihrem Schreibtisch.
Jenny lächelte zufrieden.
»Es wird mir fehlen, dass alle nach meiner Pfeife tanzen«, sagte sie zu Daniel, der inzwischen am Schreibtisch saß und in der Mappe blätterte.
»Dafür kenne ich einen, der sich schon auf die Zähmung der Widerspenstigen freut«, unkte er und konnte sich ein kleines, freches Lachen nicht verkneifen.
*
Tatjanas Prophezeiung sollte nicht in Erfüllung gehen. Danny Norden hatte die Praxis kaum betreten und die obligatorische Tüte Brötchen und Gebäck auf den Tresen gelegt, als ihn der Alltag auch schon gefangen nahm. Eine junge Patientin betrat kurz nach ihm die Praxis. Die Assistentin Janine, die schon mit einem Blumenstrauß in der Tür zur kleinen Küche stand, zog sich wieder zurück. Wendy stellte die Torte wieder in den Kühlschrank.
»Guten Morgen, Frau Staller«, begrüßte Danny seine Patientin überrascht. Wegen eines Bandscheibenvorfalls war sie bereits mehrfach in der Praxis gewesen. Da er ihr mit konventionellen Schmerzmitteln, Krankengymnastik und verschiedenen Therapiearten nicht helfen konnte, hatte er sie zu einem Facharzt überwiesen. »Konnte Ihnen der Kollege Wagenknecht nicht helfen?« Er war sichtlich überrascht, sie so unvermutet wieder vor sich zu sehen. Rasch tauschte er die Jacke gegen einen frischen Kittel.
»Dieser Arzt ist unsympathisch und arrogant«, beschwerte sich Sarina mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Deshalb habe ich die Bilder verlangt und bin wieder gegangen.«
»Oh, das tut mir leid.« Danny kannte solche Fälle. »Die Geschmäcker sind leider verschieden. Viele unserer … meiner Patienten sind begeistert von Dr. Wagenknecht.«
»Zu denen gehöre ich definitiv nicht«, stöhnte Sarina. Ihre Stimme verriet, dass sie den Tränen nahe war. »Bitte, Herr Dr. Norden, Sie müssen mir helfen.« Sie reichte ihm die Hülle mit der CD.
Danny dachte nicht lange nach. Er gab Wendy ein Zeichen, ehe er Sarina unter dem Ellbogen fasste und in sein Behandlungszimmer brachte.
»Können Sie sich setzen?« Er deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Oder ist liegen besser?«
»Liegen.«
»Gut. Dann gehen wir hinüber ins Behandlungszimmer. Da steht eine Liege.« Er half ihr hinüber und bettete sie so bequem wie möglich. Dass es trotzdem noch nicht gut war, verriet ihr Gesicht.
»Dann wollen wir mal sehen, was der Kollege da Hübsches aufgenommen hat.« Er setzte sich an den kleinen Tisch und schob die CD in den Computer. Ein paar Augenblicke später betrachtete er Sarina Stallers Wirbelsäule. Nachdenklich klickte er sich durch die Bilder.
»Das sieht leider nicht gut aus.« Er drehte den Bildschirm so, dass sie etwas sehen konnte. »Sehen Sie diese Stelle hier? Dort drückt der Gallertkern der Banscheibe auf einen Nervenstrang. Ist das über einen längeren Zeitraum der Fall, droht eine irreparable Schädigung der Nerven.« Er wiegte den Kopf. »Wenn bisher keine Therapie angeschlagen hat, bleibt nichts anderes übrig als eine Operation.«
»Oh.« Sarina stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
»Keine Sorge.« Sofort war Danny darum bemüht, sie zu beschwichtigen. »Dieser Eingriff wird heutzutage meist endoskopisch durchgeführt. Wenn möglich, wird der aus der Bandscheibe ausgetretene Gallertkern in einem halbstündigen Eingriff endoskopisch entfernt.« Wie sein Vater auch setzte er auf Aufklärung, um den Patienten die Ängste zu nehmen. »In der Regel sind die Beschwerden danach meist schlagartig verschwunden.«
»Das klingt zu schön, um wahr zu sein.« Wieder stöhnte Sarina Staller, diesmal bei dem Versuch, die Position auf der Liege zu wechseln. »Allein der Gedanke daran, endlich mal wieder eine Nacht durchzuschlafen, ist ein Traum.«
»Dann wollen wir Ihren Traum so schnell wie möglich Wirklichkeit werden lassen«, lächelte Danny und griff zum Telefon, um Sarinas Ankunft in der Behnisch-Klinik anzukündigen.
Sie wartete geduldig, bis er das Telefonat beendet hatte.
»Sind Sie sich auch wirklich sicher, dass alles gut geht?«, fragte sie, während er ihr von der Liege aufhalf. »Ich bin nämlich noch nie operiert worden.«
»Natürlich birgt jede Operation ein Risiko«, gestand Dr. Norden junior offen. »Ich kann aber guten Gewissens sagen, dass die Kollegen in der Behnisch-Klinik sehr erfahren sind und sehr gute Erfolge erzielen.«
»Ich vertraue Ihnen blind.« Wenn Sarina nicht so große Schmerzen gehabt hätte, hätte sie ein wenig mit dem gutaussehenden Arzt geflirtet. So aber musste sie wohl oder übel auf diesen kleinen Spaß verzichten und konnte es kaum erwarten, bis das Taxi endlich vor der Praxis hielt, um sie unverzüglich in die Klinik zu bringen.
*
»Frau Baader und