Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Paket

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      Auch der Verwaltungschef der Behnisch-Klinik war im Begriff, die Klinik zu verlassen. Aber nicht etwa, um seinen Feierabend anzutreten. Ganz im Gegenteil ging die Arbeit für ihn erst los. Doch schon in der Lobby wurde er von seinem Verbündeten Volker Lammers abgefangen. Die beiden hatten sich vor vielen Jahren bei einem Segeltörn kennengelernt, eine angenehme Zeit miteinander verbracht und sich schließlich wieder aus den Augen verloren. Der Zufall wollte es, dass sie sich an der Behnisch-Klinik wiedergetroffen hatten.

      Schnell hatten die beiden Männer festgestellt, dass sie in erster Linie ihre Unbeliebtheit bei den Kollegen verband. Und nun auch noch die Abneigung gegen den neuen Klinikchef, der sich mit aller Macht gegen die Eingliederung in das Gesundheitszentrum sperrte. Dagegen wollten sie mit vereinten Kräften etwas unternehmen. Doch der letzte Coup war mit Pauken und Trompeten gescheitert, sodass Dieter Fuchs inzwischen Zweifel an der Aktion hatte. Ganz im Gegensatz zu Lammers.

      »Da bist du ja! Ich muss dringend mit dir sprechen«, sprach er den Verwaltungschef an.

      »Um was geht es? Ich habe überhaupt keine Zeit.«

      »Um was wohl?« Volker Lammers verdrehte die Augen. Als ob Fuchs und er viel Gesprächsstoff gehabt hätten! »Um Nord …«

      »Nicht hier!«, fuhr Fuchs ihm über den Mund. Er packte ihn am Ärmel und zog ihn in eine ruhige Ecke. »Hast du völlig den Verstand verloren? Du weißt genau, dass wir nicht zusammen gesehen werden sollen!«

      Volkers Magen zog sich vor Ärger zusammen. Er hasste es, von Dieter Fuchs ständig wie ein Schuljunge behandelt zu werden.

      »Wie sollte ich denn mit dir sprechen? Seit der Geschichte mit dem kleinen Kronseder wimmelt mich deine Sekretärin ab.«

      »Zu Recht, findest du nicht?«, fragte der Verwaltungschef sarkastisch. »Nie zuvor habe ich mich so blamiert. Das brauche ich nicht noch einmal.«

      »Woher sollte ich denn wissen, dass Norden mit solchen Mitteln arbeitet? Homöopathie! Das ist ja lachhaft.«

      »Mag sein. Das tut hier aber nichts zur Sache. Fakt ist, dass er den Jungen nicht als Versuchskaninchen für Medikamententests missbraucht hat, wie du behauptet hast.« Aufgeregt wanderte Dieter Fuchs in dem abgedunkelten Zimmer auf und ab. »Wenn wir nichts finden, womit wir Norden vom Thron stoßen können, dann platzt der Deal mit dem Stadtrat.«

      Lammers traute seinen Ohren kaum. Er lief hinter Fuchs her und stellte sich ihm in den Weg.

      »Weißt du, was das bedeutet?«, fragte er empört. »Dass du nicht Verwaltungschef des Gesundheitszentrums und ich nicht Chef der Kinderklinik werde. Willst du diese einmalige Chance wirklich wegwerfen?« Lammers konnte und wollte es nicht glauben. All das, wofür er seit Jahren kämpfte, stand auf dem Spiel.

      »Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.« Fuchs musterte sein Gegenüber aus schmalen Augen. Er war ein gutes Stück kleiner als Lammers und musste zu ihm aufblicken. Das hinderte ihn aber nicht daran, sich ihm überlegen zu fühlen. Und es auch zu sein. Immerhin hatte er den Posten als Verwaltungsdirektor inne. Volker Lammers dagegen war noch nicht einmal Abteilungsleiter. »Es ist nicht meine Schuld, dass wir Norden nichts anhängen können. Offenbar ist er everybodys darling. Der Mann scheint keine Feinde zu haben.«

      »Hör doch auf!«, schnaubte Volker Lammers. »Das klingt ja ganz danach, als stünde er kurz vor seiner Heiligsprechung.«

      »Schon möglich. Zusammen mit seiner Frau!« Fuchs wusste um Lammers Hass auf seine Chefin und konnte sich diesen Kommentar nicht verkneifen.

      »Sehr witzig«, entfuhr es dem Kinderchirurgen. Er war kurz davor zu explodieren.

      Dieter Fuchs sah auf die Uhr.

      »Wie auch immer, ich muss jetzt los. Schließlich will ich nicht zu spät zur Besprechung mit Karl Schmiedle kommen. Vielleicht ist ja doch noch etwas zu retten.«

      Zähneknirschend machte Dr. Lammers den Weg zur Tür frei. Er sah dem Verwaltungsdirektor nach, als er grußlos den Raum verließ. Es kam nicht oft vor, dass er mit seinem Latein am Ende war. An diesem Abend war es so weit. Einen kurzen Moment lang haderte Volker mit sich, ob er nicht einfach die Kündigung einreichen und sich aus dem Staub machen sollte. Doch diesen Gedanken verwarf er schnell wieder.

      »Diese Kinderabteilung ist nichts ohne mich«, murmelte er, während er in seine Abteilung zurückkehrte. Er war kein Mensch, der schnell aufgab. Und lieber hätte er sich die rechte Hand abgehackt, als Felicitas Norden diesen Triumph zu gönnen.

      *

      »Wann hast du eigentlich in München gewohnt?«, erkundigte sich Svenja Wagenknecht.

      Kurz vor Ende der Autobahn war sie aufgewacht und hatte den Olympiaturm entdeckt. »Und wie lange?«

      Viola setzte den Blinker und fuhr die Ausfahrt hinaus. Als das Ortsschild auftauchte, bremste sie den Wagen weiter ab.

      »Das ist bestimmt dreißig Jahre her, während meines Studiums«, erwiderte sie. »Ich wollte unbedingt Raumplanung studieren. Das gab es in meiner Heimatstadt nicht.«

      »Wahrscheinlich hast du dir dieses Fach ausgesucht, um einen Grund zu haben, aus diesem Kaff wegzukommen«, bemerkte Svenja grinsend.

      Viola schickte ihrer Tochter einen verwunderten Seitenblick.

      »Wie kommst du denn darauf? Natürlich habe ich genug Kaffee abbekommen. Aber ehrlich gesagt haben wir auf unseren Partys mehr Bier und Wein getrunken als Kaffee.«

      Diesmal war Svenja sicher, sich nicht getäuscht zu haben.

      »Sag mal, Mama, kann es sein, dass du schlecht hörst?«

      »Was soll ich schwören?«

      Svenja schüttelte den Kopf.

      »Du hörst schlecht!«, wiederholte sie laut und deutlich. Diesmal verstand Viola. Sie winkte unbekümmert ab.

      »Das ist beim letzten Flug passiert«, erklärte sie mit einem Blick auf das Navi, das sie zu ihrem Jugendfreund Daniel Norden lotsen sollte. »Der Druckausgleich hat nicht geklappt. Seitdem sind meine Ohren dicht. Vielleicht bitte ich Daniel, mal einen Blick hineinzuwerfen.«

      »Wann hast du ihn eigentlich kennengelernt?«, fragte Svenja mit erhobener Stimme.

      Ein versonnenes Lächeln spielte um Violas Lippen, als sie sich an ihre Sturm- und Drangzeit erinnerte.

      »Das war auf einer unserer legendären Partys im Studentenwohnheim. Ich hatte dort ein Zimmer. Soviel ich weiß, lebte Daniel noch daheim. Aber die Feten hat er sich natürlich nicht entgehen lassen.« Sie war so versunken in ihre Erinnerungen, dass sie das Navi überhörte und prompt verpasste, abzubiegen.

      »Wir sind falsch!«, machte Svenja ihre Mutter aufmerksam. »Du hättest da hinten abbiegen müssen.«

      »Wie dumm von mir.« Seufzend sah sich Viola nach einer Wendemöglichkeit um und fand sie bald darauf auch. Während sie umdrehte, kehrten Svenjas Gedanken zur Vergangenheit ihrer Mutter zurück. Unweigerlich musste sie auch an ihren Vater denken, an den sie sich noch nicht einmal erinnern konnte.

      »Und auf einer dieser Feten hast du auch Kai kennengelernt?« Sie hatte diese Frage schon oft gestellt und nie

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