Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land. Robert Heymann

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Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land - Robert Heymann

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neuen Schicksal ausgesöhnt zu haben. In Wirklichkeit aber hatte er die Veränderung durchaus nicht überwunden. Er sah voll Bitterkeit der Zeit entgegen, wo seine ehemaligen Kameraden das Gymnasium verlassen und in ein neues, an Ehren und Würden reiches Leben eintreten würden, dessen Pforten ihm nun verschlossen waren. Der nüchterne Kaufmannsstand sagte ihm nicht zu; seine Ideale liessen sich nicht zügeln, und obwohl Friedrich Sturm alles tat, um sein Interesse für Zahlen und Geschäfte zu heben, hing Gerhard Brausewetters Sehnsucht nach wie vor an dem Verlorenen.

      Da trat, nachdem er seit einem Jahr das Gymnasium verlassen, eine unerwartete Wendung ein. Ein entfernter Verwandter Frau Dr. Brausewetters war in Amerika ohne Nachkommen gestorben, und da sich Weitere Verwandte nicht nachweisen liessen, so fiel das beträchtliche Vermögen der Witwe des Arztes zu.

      Gerhard Brausewetter war immer von neuem heimlich zu seinen Büchern zurückgekehrt; die plötzliche Veränderung rief wieder den flammenden Wunsch in ihm wach, nachzuholen, was er versäumt, zurückzukehren aufs Gymnasium und, wenn auch etwas später als seine früheren Kameraden, das Abitur zu machen.

      Friedrich Sturm bedauerte tief, ihn ziehen lassen zu müssen. Er war jedoch gerecht genug, Brausewetters Entschluss zu billigen. Das grosse Geschäft in Darmstadt war nur eine Zweigniederlage des Hamburger Exporthauses, dem Sturms Bruder vorstand. Der Einfluss der Millionärsfamilie reichte weit; der Fürsprache und der Verwendung seines früheren Chefs hatte Gerhard es zu danken, dass er schneller, als er hoffen durfte, wieder im Gymnasium Aufnahme fand, nachdem er sich einige Monate in rastloser Tätigkeit für die Unterprima vorbereitet hatte.

      Er zählte nun allerdings nicht mehr zu den Jungen, war ein grosser, schon stattlicher junger Mann von achtzehn Jahren, dem überdies die einjährige Selbständigkeit ein sicheres, unabhängiges Auftreten verliehen hatte.

      Er errang sich ein günstiges Abgangszeugnis aus der Unterprima. Nun zeigten sich aber doch die Folgen der Überanstrengung. Er bedurfte dringend der Erholung, um so mehr, als er sich ja auch gleichzeitig von neuem für die Oberprima vorbereiten musste, wenn sein sehnsüchtiger Wunsch, ohne weiteren Zeitverlust das Abitur zu bestehen, in Erfüllung gehen sollte.

      Friedrich Sturm, der Kaufherr, war ihm wieder behilflich. Er hatte sich eines alten Freundes aus der Zeit, da er selbst das Gymnasium besucht, erinnert, des Pastors Winkelmann in F., mit dem er stets in Verbindung geblieben war. Mit diesem hatte er wegen Gerhard Brausewetter mehrere Briefe getauscht. Der Pastor erklärte sich mit Vergnügen bereit, die Vorbereitung des jungen Mannes für die Oberprima zu übernehmen, und da die Gegend, in ihrer Stille und Schönheit vollauf Gelegenheit zur Erholung und Zurückgezogenheit bot, so war Gerhard Brausewetter mit seiner Mutter und dem Kaufherrn übereingekommen, die Ferien dort zu verbringen.

      So war er dann bei Pastor Winkelmann gelandet!

      3

      Die Sonne stand hoch, in dem weichen Gras lagen die Strahlen wie geschliffene Diamanten. Die Bäume warfen dichte; schwere Schatten.

      Gerhard Brausewetter trat in den Garten des Pfarrhauses, um Kühlung zu suchen. Er erging sich eine Weile unter den alten Nussbäumen, als ein leichter Schritt, das Klappern einer Giesskanne seine Aufmerksamkeit nach den Blumenbeeten lenkte.

      Lieselotte stand zwischen den Blumen und begoss sie. Sie trug einen grossen breitrandigen Gartenhut, der bei jeder Bewegung über ihrem Kopfe zitterte. Wie sie so halb über die Rosen geneigt stand, ohne ihn zu bemerken, klopfte sein Herz höher beim Anblick ihrer jugendfrischen, liebreizenden Gestalt.

      Er verharrte eine Weile schweigend, in Nachdenken und Betrachtung. Dann trat er näher.

      Sie hob den Kopf und sah ihm entgegen. Der Schatten, den der Gartenhut über ihre Züge warf, hinderte ihn, die brennende Röte zu bemerken, die ihre Wangen überflutete.

      „Sie sind schon hier, Herr Brausewetter?“ fragte sie lächelnd und fuhr fort, die Blumen zu begiessen. „Ich hatte Sie gar nicht bemerkt.“

      „Ich sehe Ihnen schon eine Weile zu, Fräulein Winkelmann“, entgegnete er. Ein warmer Ton von Zärtlichkeit klang durch seine Stimme

      Sie beugte sich wieder tiefer über die Giesskanne. „Warum nennen Sie mich Fräulein Winkelmann? Sagen Sie doch einfach Fräulein Lieselotte!“

      „Das wagte ich nicht . . .“

      „Warum nicht? Man nennt mich hier allgemein so.“

      „Das mag sein. Aber für mich hat die Anrede doch besondere Bedeutung. Ihr Name besonderen Klang. Ich danke Ihnen, dass Sie mir gestatten, ihn immer auszusprechen, . . . ich möchte ihn immer hören, an nichts anderes denken . . .“

      Sie schwieg eine Weile verwirrt, dann schlug sie die Augen, in denen ein Flimmern war, zu ihm auf:

      „Ich glaube, mein Vater erwartet Sie, Herr Brausewetter —“, und indem sie rasch dem Hause zuging, schien sie der Unterhaltung ein Ende bereiten zu wollen.

      Er folgte ihr.

      „Fräulein Lieselotte — habe ich Sie aus dem Garten verjagt! Ist Ihnen meine Gegenwart lästig?“

      Erschrocken blieb sie stehen, die braunen Augen sahen ihn vorwurfsvoll an: „Wie können Sie nur so etwas denken!“

      „So betrachten Sie mich also nicht als Eindringling? Fräulein Lieselotte — bitte, sagen Sie mir: ich bin für Sie nicht nur ein Fremder, den das Geschick zufällig in das Pfarrhaus von F. verschlagen hat?“

      Sie schüttelte hastig den Kopf, nahm die Giesskanne vom Boden auf und trat ins Haus, ohne ihm zu antworten.

      Von nun an traf er sie fast täglich im Garten. Es war stillschweigendes Übereinkommen zwischen ihnen, und bald wurde aus den ersten, scheu geführten Gesprächen eine vertrauliche Unterhaltung. Sie fühlten beide, dass sie sich liebten — Gerhard wagte jedoch nicht, dies zu gestehen, noch weniger Lieselokke, es sich anmerken zu lassen.

      An einem Abend blieb Gerhard viel länger als sonst im Pastorhause. Die Dunkelheit war bereits eingebrochen, Lieselotte drehte das Licht an. Der Pastor war in ein so angeregtes Gespräch mit seinem Schüler vertieft, dass er erst, als die Kuckucksuhr zehnmal schlug, erstaunt den Kopf hob und darauf aufmerksam wurde, dass er seinen Gast weit über die festgesetzte Zeit hinaus zurückgehalten hatte.

      „Nun müssen Sie aber gleich nach Hause“, sagte er. „Ich mache mir wirklich Vorwürfe; Sie so lange aufgehalten zu haben! Werden Sie denn in der Finsternis den Weg ins Städtchen zurückfinden?“

      „Warum denn nicht?“ gab Gerhard Brausewetter lächelnd zurück.

      „Es ist kein Stern am Himmel, und die Landstrasse ist nicht beleuchtet. Wenn man nicht bestimmte Anhaltspunkte hat, geht man irre und gerät in die Felder oder in einen Graben.“

      Da war nun allerdings guter Rat teuer. Zwar kannte Gerhard den Weg sehr gut, er hätte ihn bestimmt auch gefunden. Aber da Lieselotte ihm in den letzten Tagen ausgewichen war, hielt er sich für berechtigt, eine List anzuwenden.

      „Ich fürchte allerdings, Herr Pastor, ich verfehle das Feldkreuz, wo die Landstrasse abbiegt. Ich kenne die Gegend doch zu wenig.“

      „Nun, wenn Sie denken, kann Sie ja meine Tochter bis zum Kreuz begleiten . . . Lissy!“ rief er in den Gang hinaus.

      „Ja, Väterchen!“

      „Begleite

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