Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land. Robert Heymann
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Ein Mädel liebť nen Jungen,
So’n rechten Sausewind.
Wenn der kommt angesprungen,
Hab’ acht, mein blondes Kind!
Er kommt mit stolzen Mienen,
Und wie er geht und wie er steht,
Hat er das Köpfchen ihr verdreht,
Das Köpfchen voll Rosinen!
Ein Junge liebt’ ein Mädel,
Ein Mädel, ach, so sehr!
So’n Liebe, gibt’s im Städtel
Strassauf, strassab nicht mehr!
Sie geh’n mit stolzen Mienen
Stets Arm in Arm und Tritt an Tritt,
Das hält hübsch warm und schadet nit
Den Köpfchen voll Rosinen!
4
Lieselotte hatte mit schalkhaftem Lächeln gelauscht. Jetzt hob sie das Köpfchen.
„Ein hübsches Lied!“ sagte sie. „Die Melodie kenne ich, aber den Text — —“
„Den hat ein Freund von mir verfasst“, fiel Gerhard lächelnd ein. „Ich hab’ das Lied oft gedankenlos im Kreise meiner Kameraden mitgesungen. Jetzt sind die Worte Wahrheit geworden — ich kann’s immer noch nicht fassen, dass du mich Sausewind liebst!“
Sie erhob sich und strich ihm leicht über das Haar.
„Du wirst dich langsam daran gewöhnen müssen, du lieber Sausewind, du!“ meinte sie lachend. Aber nun komm, wir müssen gehen.“
Arm in Arm gingen sie den Weg zurück, den sie eben gekommen waren. Sie sprachen jetzt kaum von ihrer Liebe — sie war ihnen etwas so Grosses, Schönes, dass sie vielleicht beide fürchteten, durch allzu viele Worte die Empfindungen ihrer Herzen zu stören.
Gerhard sprach von der kurzen Spanne Zeit, die ihn noch vom Abitur trennte.
„Wenn ich das Examen gemacht habe, Lissy, werden wir heiraten.“
Sie schmiegte sich eng an ihn und sagte schelmisch lächelnd:
„Dann bist du ja erst Student . . . dann dauert es noch einmal Jahre, bis du deinen Doktor gemacht hast. Vielleicht trittst du als Student in ein Korps ein — — das wäre ja zu komisch: ein verheirateter Fuchs!“ Sie lachte hell auf.
„So werden wir eben so lange warten, bis ich mir eine Lebensstellung errungen habe“, entgegnete er. „Was tut das, ein paar Jahre früher oder später? Ich habe jetzt ein Ziel im Leben — keine Stunde werde ich in Zukunft verlieren — nur arbeiten, vorwärtsstreben, um dich, mein köstlichstes Gut, sobald als möglich zu gewinnen!“
Hand in Hand gingen Sie die Dorfstrasse entlang.
„Fällt es dir schwer, Gerhard, das alles in dich aufzunehmen? Ich denke mit das schrecklich, tote Bücher zu studieren, all diese lederne Gelehrsamkeit behalten zu müssen!“
Gerhard schüttelte den Kopf.
„So ist das nicht, Lissy. Es kommt nur darauf an, wie man die Dinge ansieht. Sie sind sich ja nie gleich, und allem im Leben, sagt der Vogel, muss man erst aus seinem inneren Reichtum geben, um es schön zu machen.“
Lieselotte lachte.
„Der Vogel? Wer ist das?“
Gerhard erzählte ihr von seinem Ordinarius, Professor Ebers.
„Er ist unvergleichlich! Er lebt eigentlich immer in einer anderen Welt, aber er gibt uns so viel von diesem seinem Leben, dass wir gar nicht wie die andern merken, wie schwer eigentlich diese letzte Zeit des Gymnasiums ist, wo man doch mit aller Kraft nach Freiheit sucht und so gebunden ist.“
Sie standen vor dem Garten des Pastorhauses. Im Studierzimmer des Pastors schimmerte noch Licht.
„Vater wird sich wundern, dass ich so spät heimkomme —“
„Wir wollen ihm morgen sagen, dass wir uns lieben, Lissy —“; doch dann schüttelte er in einem plötzlichen, Entschluss den Kopf: „Nein, Lissy, ich habe es mir überlegt: wir wollen es deinem Vater nicht sagen. Noch nicht! Ich will erst deiner würdig sein, wenn ich vor ihn hintrete und mich zu meiner Liebe bekenne. Ich will erst etwas sein, etwas erreicht haben — —“
„Du hast recht, Gerhard.“ Auch Lieselotte war ernst geworden. ,,Vater würde mich vielleicht nicht ganz begreifen — er ist alt, Gerhard, und er sorgt sich um meine Zukunft — —“
„Deine Zukunft ist klar und hell, Liebste. Ich werde dich auf Händen tragen — ich werde dich verwöhnen und liebhaben — nichts Hässliches soll an dich herankommen, mein Mädel. Und du wirst auf mich warten, nicht wahr?“
„Ja, Gerhard. Ich hab’ dich ja lieb — —“
„Und nun — gute Nacht, Lissy:“ Er küsste sie zart, innig. ,,Träum’ von mir, Liebste — morgen sehen wir uns wieder — jeden Tag, vier Wochen lang!“
„Nur vier Wochen —“ sagte Lieselotte beklommen. „Dann fährst du weg — lässt mich allein — —“
„Wir werden uns schreiben, Lissy — oft, sehr oft. Ich weiss, du wirst tapfer sein, nicht wahr?“
„Ich will es versuchen —“
„Und jetzt haben wir noch vier Wochen des Beisammenseins vor uns — vier lange, wunderbare Wochen!“
Sie nickte zärtlich. „Und nun geh, Liebster. Es ist schon sehr spät. Wirst du dich auch wirklich nicht verirren? Ich mache mir Sorgen —“
„Das brauchst du nicht, Lissy. Gute Nacht, Liebes.“
„Gute Nacht —“
Sie öffnete das Gartentor, das leise in den Angeln knarrte, und eilte durch den Garten in das Haus. Gerhard lehnte am Zaun und sah ihr nach, bis die schmale, zierliche Gestalt hinter der schweren Eichentür des Hauses verschwunden war. Dann trat er den Heimweg an. — — —
Die vier Wochen flossen den beiden Liebenden viel zu schnell dahin. Frau Brausewetter mahnte den Sohn zur Abreise. In vierzehn Tagen würden die Ferien zu Ende sein, und es galt, sich für den letzten Kampf um das Abitur zu rüsten.
Auch Pastor Winkelmann liess Gerhard Brausewetter nur ungern ziehen. Er hatte ihn liebgewonnen in der Zeit, da er fast jeden Tag im Pfarrhause geweilt.
Schliesslich war aber doch der letzte Tag angebrochen. Die Sonne glühte. In weichem Glanz lag ihr Licht über den Höhen und den grünen Wiesen. Es war drückend schwül, kaum Sass von den Höhen ein linder Luftzug wehte, der etwas Kühlung brachte. Die Felder strömten einen heissen Atem aus, der von grellem Sonnenlicht durchflutet war.