Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land. Robert Heymann

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Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land - Robert Heymann

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ihre Zuneigung bewahren. Ich vertrete Gott und bin bemüht, den göttlichen Gedanken meiner Gemeinde zu übermitteln, ihn wach zu halten Jahr um Jahr. Was sollte mir dabei der Reichtum?“

      Harry, Hillmann blinzelte listig:

      „Aber die Kirche, Herr Pastor!“

      „Ja, die Kirche!“

      Pastor Winkelmann legte die Hände ineinander, schloss ein wenig die Augen und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

      Die neue Kirche!

      Harry Hillmann fuhr rasch fort:

      „Hören Sie, lieber Pastor, ich habe Ihretwegen die Strapazen der Reise nicht gescheut und bin ohne weitere Veranlassung von Berlin nach F. gefahren. Das bedeutet doch immerhin etwas, nicht wahr? Dann der letzte Teil der Fahrt im Bummelzug und dann mit dem Wagen, das sind für einen Menschen, der gewohnt ist, täglich mit der Geschwindigkeit der Zeit in Wettbewerb zu treten, Opfer der Geduld.“

      „Ich bin Ihnen auch sehr dankbar, Herr Hillmann“, entgegnete Winkelmann ehrlich. ,,Es muss Sie etwas ganz Besonderes hierher geführt haben . . .“

      „Na freilich! Das ist es doch gerade! Haben Sie mich denn noch nicht verstanden, Pastor? Geld ist zu verdienen! Zu scheffeln ist das Geld! Zu verzehnfachen! Irgendwo da in Süddeutschland ist Kohle entdeckt worden. Ein Unternehmer hat begonnen, ein Bergwerk abzubauen, aber nicht das nötige Kapital zur Durchführung gehabt. Nun aber birgt das Bergwerk ungeheure Schätze. Heute sind die Kuxen billig zu kaufen! In acht Tagen, lieber Pastor, wenn erst die Grube richtig in Betrieb gesetzt wird und die Welt erfährt, welche Schätze da unten lagern, kosten sie doppelt so viel, und in vierzehn Tagen das Dreifache, ja, ich behaupte —“ hier schlug der Bankier mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Gläser zitterten, „ich behaupte, die Kuxen steigen auf das Vierfache ihres heutigen Wertes! Können Sie rechnen, Pastor Winkelmann, he? Begreifen Sie, wieviel man bei diesem Geschäft verdienen kann?“

      „Ja, aber . . .“

      „Kein Aber, lieber Pastor. Sie müssen Ihre Kirche bauen — entweder, oder. Trommeln Sie morgen Ihre Gemeinde zusammen, legen Sie ihr das Problem vor. Hillmann, derselbe, der lumpige zweitausend Mark gestiftet und so gerne mehr getan hätte, wenn die Zeiten nicht so schlecht wären, ist selber hier. Die Gemeinde soll das bis jetzt gesammelte Kapital in süddeutschen Kuxen anlegen. Ich werde die Sache vermitteln. Wieviel Kapital ist denn vorhanden, Herr Pastor?“

      „Bis jetzt neunundachtzigtausend und etliche hundert Mark.“

      „Wenig, wenig! Damit wollen Sie eine Kirche bauen? Wollen warten, bis das Geld auf den Schnekkenfüssen des heutigen Zinsfusses wächst? Darüber sinken Sie ins Grab, Pastor! Rechnen Sie sich doch aus, wieviel Sie in einigen Monaten verdienen könnten, wenn Sie meine Anregung befolgen!“

      Pastor Winkelmann schwindelte es. Die Zahlen tanzten vor seinen Augen und nahmen rätselhafte Dimensionen an. Er schämte sich beinahe, Hillmann noch weiteren Widerstand entgegenzusetzen, der ihm als Starrsinn ausgelegt werden musste. Der Bankier hypnotisierte ihn förmlich. Es war auch zu verlockend . . . da würde man ja mit der Kirche schon bald beginnen können!

      Winkelmanns Brust weitete sich und spannte sich vor tiefer Freude. Er sah das Gotteshaus wachsen und wachsen . . .

      „Hier, meine Hand, Herr Hillmann. Die Gemeinde ist zwar vorsichtig — der Herr Bürgermeister wird wohl Unterlagen von Ihnen fordern —“

      „Ist ja alles da. Ist ja da!“ Hillmann sah an dem Pfarrer vorbei. —

      Am nächsten Tage trug Pastor Winkelmann in einer Versammlung des Gemeinderats das Projekt vor. Der Bürgermeister war auch nur ein einfacher Bauer. Aber so viel wusste er, dass dort oben in Berlin das Geld förmlich aus der Erde wuchs. Dass die Millionen kreisten und dass, wer es verstand, rechtzeitig aus diesem unversiegbaren, goldenen Brunnen zu schöpfen, märchenhaft reich werden konnte.

      Schade, dass sein Kapital in Feldern und reichen Viehstand angelegt war! Spekuliert hätte er längst für sein Leben gern! Und was das auf der Deutschen Bank deponierte Geld für den Kirchenbau anbelangte — —

      „Na,“ meinte er, mit seiner gewichtigen Stimme alle Bedenken übertönend, „na, wenn Herr Pastor Winkelmann die Sache für gut befindet, so ist gar nichts weiter dazu zu sagen. Der Herr Pastor hat doch sozusagen die Verantwortung, nicht wahr? Wir dürfen ihm getrost die richtige Beurteilung überlassen, er wird es wohl recht machen!“

      Winkelmann wollte zwar einen Teil der schweren Bürde, die die Verantwortung auf ihn lud, noch abwälzen, denn so ganz sicher war er seiner Sache nicht, wenn er auch zu ehrenhaft dachte, um Hillmann zu misstrauen. Aber der Gemeinderat entschied einstimmig, dass man Bankier Hillmann das Geld anvertrauen wollte, weil Pastor Winkelmann es befürwortete.

      So geschah es also. Hillmann reiste am selben Tag gegen Abend ab und hob die Summe von der Deutschen Bank ab.

      Pastor Winkelmann hatte nun manche schlimme Stunde. Tage der Begeisterung und überströmenden Freude wechselten mit solchen tiefer Niedergeschlagen heit. Wenn das Gelb nun doch nicht ganz sicher angelegt wäre? Dann wären die unerhörten Anstrengungen der Gemeinde seit einem Jahrzehnt umsonst gewesen. Dann wäre das Geld der armen Leute, das sie, um Gott zu ehren, sich in harter Fron abgespart, durch seine Schuld verloren!

      Aber nein! Hillmann sandte glänzende Berichte. Alles ging gut, die Papiere stiegen, die Verzinsung war vorzüglich. Wenn dann die Kirche einmal gebaut war, dann durfte Pastor Winkelmann auch daran denken, sein eigenes Kapital etwas zu vergrössern, um Lieselotte mehr zu hinterlassen, wenn er erst einmal das Zeitliche segnete. Denn das Kind war doch ganz hilflos, wenn er es einmal verlassen musste — aller Reichtum an Zärtlichkeit und Liebe, den Pastor Winkelmann besass, galt seiner Tochter, ihre Zukunft zu sichern, war sein sehnlichster Wunsch.

      6

      Gerhard Brausewetter hatte seiner Mutter nichts von seinem Erlebnis erzählt. Reifer war er zurückgekehrt, stiller, zielbewusster, froh und stolz.

      Auch seinem besten Freunde Hans Scholl, den er in dem kleinen Auerbach, das idyllisch zu Füssen der Bergstrasse lag, besuchte, fiel die Veränderung auf. Wenn aber Gerhard Brausewetter stets mitteilsam gewesen war, wenn es nie etwas gegeben hatte, was er dem Freunde verheimlichte, so zeigte er sich hier allen Fragen, allem Forschen verschlossen.

      Es war ein ganz bestimmter, kleiner Kreis von Gymnasiasten, die Freundschaft untereinander geschlossen hatten. Dazu gehörten Schleibitz, der Primus der Klasse, Körner, der mit seinem schwarzen Haar und dem ernsten Gesicht neben Brausewetter am ältesten aussah, und Theo von Falk, dessen Vater General war. Theo kam nach einigen Tagen ebenfalls nach Auerbach zu Besuch. Das gab Abwechslung und Ablenkung genug, so dass Gerhard sein Geheimnis mühelos wahren konnte.

      Er beherrschte seine Freunde. Wenn er sprach, schwiegen alle. Aber die Liebe zu den Wissenschaften vereinte sie.

      In Theo von Falk floss unverfälschtes Soldatenblut. Seit Generationen hatten die Falks den Rock der Könige von Preussen getragen, eine nicht geringe Anzahl des Geschlechts war auf schlesischen und französischen Schlachtfeldern verblutet.

      Schwer biegsam, draufgängerisch, schnell zugreifend, so war der junge Falk ein hochaufgeschossener, die Kameraden überragender Jüngling mit hellen Augen, einer freien, kraftvollen Stirn und scharfgeschnittenem Kinn. Wo er auftauchte, da wurde es lebendig.

      Das „Büffeln“ machte ihm mehr Schwierigkeiten als den andern, er wollte in die

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