Doktor Dolittles schwimmende Insel. Hugh Lofting
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Doktor Dolittles schwimmende Insel - Hugh Lofting страница 8
„Ich weiß nicht‚ ich habe es nie versucht.“
„So etwas“‚ sagte Polynesia und bürstete mit ihrem linken Fuß ein paar Krumen von der Tischdecke‚ „so etwas nennt man Beobachtungsgabe. Die kleinen Dinge bei Vögeln und Tieren beobachten‚ die Art‚ wie sie gehen und ihre Köpfe bewegen‚ mit den Flügeln und Schwänzen schlagen‚ wie sie schnüffeln und sich die Bärte streichen und mit den Schwänzen wackeln — all diese kleinen Dinge mußt du beobachten‚ wenn du die Tiersprache lernen willst‚ denn die meisten Tiere sprechen kaum mit der Zunge‚ sie brauchen statt dessen ihren Atem‚ ihre Schwänze oder ihre Füße dazu. Das kommt daher‚ weil viele von ihnen in alten Zeiten‚ als es noch mehr Löwen und Tiger gab‚ sich fürchteten‚ irgendein Geräusch zu machen‚ aus Angst‚ die wilden Bestien könnten sie hören. Den Vögeln war es natürlich gleichgültig‚ sie hatten immer Flügel‚ um wegzufliegen. Aber das erste‚ woran du denken mußt‚ ist‚ ein guter Beobachter zu werden‚ denn das ist ungeheuer wichtig‚ wenn man die Sprache der Tiere lernen will.“
„Es hört sich ziemlich schwer an“‚ sagte ich.
„Man muß sehr geduldig sein“‚ sagte Polynesia‚ „es dauert lange Zeit‚ bis man nur ein paar Worte richtig sagen kann‚ aber wenn du oft herkommst‚ werde ich dir Stunden geben. Und hast du erst einmal angefangen‚ wirst du erstaunt sein‚ wie schnell du vorwärtskommst. Es wäre gut‚ wenn du es lerntest‚ dann könntest du dem Doktor etwas Arbeit abnehmen. Ich meine die leichtere Arbeit‚ wie Verbände machen und Pillen geben. Ja‚ ja‚ das ist eine gute Idee! Es wäre großartig‚ wenn der arme Mann etwas Hilfe und Ruhe bekäme. Es ist ein Skandal‚ wieviel er arbeitet. Ich sehe nicht ein‚ warum du nicht imstande sein solltest‚ ihm eine Menge zu helfen — das heißt: wenn du dich wirklich für Tiere interessiert.“
„Ach‚ ich würde es von Herzen gern tun!“ rief ich. „Glaubst du‚ der Doktor wird mir’s erlauben?“
„Sicherlich! Sobald du etwas von Medizin verstehst. Ich selbst werde ihm davon erzählen. Ich höre ihn kommen. Schnell‚ stell seinen Speck wieder auf den Tisch!“
9. Kapitel
DER GARTEN DER TRÄUME
Als wir mit dem Frühstück fertig waren‚ zeigte mir der Doktor seinen Garten. War das Haus schon interessant gewesen‚ so war es der Garten noch hundertmal mehr. Von allen Gärten‚ die ich je gesehen‚ war dies der herrlichste und schönste. Zuerst sah man gar nicht‚ wie groß er war‚ und wenn man endlich glaubte‚ daß man alles gesehen hätte‚ blickte man über eine Hecke oder Wegbiegung oder sah einige Stufen hinauf‚ und vor einem lag ein ganz neuer Teil‚ den man nie erwartet hatte.
Alles war in diesem Garten‚ was in einem Garten drin sein kann oder je drin gewesen ist. Schöne Rasenflächen mit grün bemoosten behauenen Steinsitzen‚ über den Rasen hingen Trauerweiden‚ und wenn der Wind sie bewegte‚ strichen die gefiederten Spitzen ihrer Zweige über das samtene Gras. Die alten‚ mit Fliesen belegten Pfade wurden auf jeder Seite von Eibenhecken eingefaßt‚ so daß sie wie enge Straßen einer alten Stadt aussahen. In die Hecken waren Torbogen und über den Torbogen aus den lebenden Bäumen waren Vasen‚ Pfauen und Halbmonde geschnitten. Auch einen wundervollen marmornen Fischteich gab es‚ mit goldenen Karpfen und blauen Wasserlilien und großen grünen Fröschen. Eine hohe Ziegelmauer längs des Küchengartens war mit gelben und rosa Pfirsichen bedeckt‚ die in der Sonne reiften‚ auch eine herrliche‚ große Eiche mit hohlem Stamm stand hier‚ groß genug‚ daß vier Menschen sich darin verstecken konnten. In einer Ecke stand zwischen Gestein und Farnkräutern ein Herd‚ auf dem der Doktor sich Leber mit Speck briet‚ wenn er Lust hatte‚ im Freien zu speisen. Auch ein Ruhebett gab es dort‚ auf dem er anscheinend in warmen Sommernächten‚ wenn die Nachtigallen am schönsten sangen‚ zu schlafen pflegte. Unter dem Ruhebett waren Räder‚ so daß es unter jeden Baum geschoben werden konnte. Aber was ich am allerschönsten fand‚ war ein winzig kleines Häuschen hoch oben in den Zweigen einer Ulme‚ zu dem eine lange Strickleiter hinaufführte. Der Doktor sagte mir‚ daß er von da aus den Mond und die Sterne durch ein Fernrohr betrachte.
Es war ein Garten‚ in dem man tagelang herumwandern konnte und immer wieder etwas Neues entdeckte und immer wieder glücklich war‚ die alten Stellen wiederzufinden. Es war ein Traumgarten.
Gleich als ich hereinkam‚ war mir etwas Besonderes aufgefallen‚ und das war die Unzahl Vögel‚ die darin herumflogen. Auf jedem Baum schienen zwei oder drei Nester zu sein‚ und eine Menge anderer Tiere hatten sich ebenfalls dort heimisch gemacht. Hermeline‚ Schildkröten und Haselmäuse fühlten sich hier ganz zu Hause und waren nicht ein bißchen scheu. Kröten von verschiedener Farbe und Größe hüpften über das Gras‚ als ob es ihnen gehörte. Grüne Eidechsen‚ die in Puddleby sehr selten waren‚ saßen im Sonnenschein auf den Steinen und blinzelten uns an. Ja‚ selbst Schlangen sah man.
„Du brauchst dich nicht vor ihnen zu fürchten“‚ sagte der Doktor‚ der bemerkt hatte‚ daß ich etwas ängstlich wurde‚ als sich eine große Schlange gerade vor uns über den Weg schlängelte. „Diese Schlangen sind nicht giftig‚ sie tun viel Gutes‚ indem sie manches Gartenübel unterdrücken. Abends spiel ich ihnen manchmal auf der Flöte vor. Das haben sie sehr gern. Sie richten sich auf und machen unendlich viel Wesens davon. Komisch‚ ihr Sinn für Musik.“
„Warum kommen alle diese Tiere hierher und leben hier?“ fragte ich‚ „ich habe noch niemals einen Garten mit so viel Tieren gesehen.“
„Ich glaube‚ weil sie hier das Futter bekommen‚ das sie gern haben‚ und weil niemand sie quält und stört‚ und dann kennen sie mich natürlich auch. Und wenn eins von ihnen oder ihren Kindern krank ist‚ finden sie es sicherlich sehr bequem‚ in eines Doktors Garten zu wohnen. Sieh nur einmal den Sperling dort auf der Sonnenuhr‚ der auf die Schwarzdrossel herabschimpft. Er kommt seit vielen Jahren jeden Sommer hierher. Er ist aus London. Die Feldsperlinge von Puddleby lachen ihn aus. Sie sagen: er zwitschert Londoner Dialekt. Er ist der ulkigste Vogel‚ den ich kenne‚ tapfer‚ aber frech. Streit liebt er über alles‚ und zum Schluß wird er immer unverschämt. Er ist ein richtiger Stadtvogel. In London lebt er bei der St. Pauls-Kathedrale. Wir nennen ihn Schandschnabel.“
„Kommen alle diese Vögel aus unserer Gegend?“ fragte ich.
„Die meisten ja“‚ sagte der Doktor‚ „aber jedes Jahr besuchen mich ein paar seltene Vögel‚ die sonst nie nach England kommen. Zum Beispiel der hübsche kleine Kerl‚ der dort über der Löwenmaulblüte lauert‚ ist ein rotbrüstiger Kolibri. Er kommt aus Amerika. Genau genommen hat er überhaupt nichts in diesem Klima zu suchen — es ist viel zu kalt für ihn. Nachts laß ich ihn darum in der Küche schlafen. Im August‚ ungefähr in der letzten Woche des Monats‚ kommt ein purpurner Paradiesvogel den ganzen Weg hergeflogen‚ um mich zu besuchen. Er ist ein sehr vornehmer Vogel. Aber komm‚ jetzt muß ich dir den Zoo zeigen.“
10. Kapitel
DES DOKTORS ZOO
Ich glaubte‚ ich hätte alles in diesem Garten gesehen‚ was es gab‚ aber der Doktor nahm mich beim Arm und ging mit mir einen kleinen engen Pfad entlang. Nach vielen Biegungen‚ Drehungen und Krümmungen standen wir vor einer kleinen Tür in einer großen steinernen Mauer. Der Doktor stieß sie auf. Hier begann noch ein anderer Garten. Ich hatte erwartet‚ Käfige mit Tieren zu finden — aber statt dessen gab es hier und da kleine Häuser‚ und jedes Haus hatte ein Fenster und eine