Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада
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Читать онлайн книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада страница 29
Aber es war Idiotie, es war völliger Wahnsinn, von Zecke ein Darlehen zu erwarten! Nichts von dem, was ihm über Zecke bekannt war, berechtigte zu der Erwartung, daß er Geld verlieh – mit einem Minimum an Aussicht, es wiederzubekommen. Aber was dann, wenn er ›Nein‹ sagte –? (Und er würde natürlich ›Nein‹ sagen, Wolfgang konnte sich jede Frage ruhig sparen.)
Die lange, ziemlich breite Allee, an deren Ende Zeckes Villa liegt, tut sich vor Pagel auf. Er beginnt, sie hinunterzugehen, ziemlich langsam zuerst. Dann schneller und schneller, als treibe es ihn einen Berghang hinunter, seinem Schicksal entgegen.
›Er muß Ja sagen‹, denkt Wolfgang Pagel wieder einmal, ›und wenn er auch noch so wenig gibt. Dann mache ich Schluß mit dem Spielen. Ich kann immer noch Taxichauffeur werden – Gottschalk hat mir seinen zweiten Wagen fest zugesagt. Dann bekommt Petra es auch leichter.‹
Nun ist er der Villa schon ganz nahe. Er sieht schon wieder Muschelkalk und Eisengitter, Messingschild und Klingelknopf. Von neuem zögernd überquert er die Straße.
›Aber er sagt natürlich Nein. – Oh, verdammt, verdammt!!!‹ Denn beim Umsehen sieht er am Straßenende ein Mädchen kommen; der an der Leine zerrende, kläffende Fox verrät schon, was das für ein Mädchen ist. Und zwischen Auseinandersetzung hier und Bitte dort, gejagt und Jäger, drückt er auf den Klingelknopf, und atmet erst erleichtert auf, als der Türverschluß leise surrt. Ohne einen Blick auf die Heraneilende tritt er ein, zieht sorgfältig die Tür zu und atmet auf, als eine Biegung des Weges ihn zwischen deckende Büsche führt.
Zecke kann schließlich bloß ›Nein‹ sagen, dieser Dienstbolzen da aber unmenschlichen Krach schlagen – Wolfgang haßt Krach mit Frauen. Das wird immer gleich so uferlos.
7
Also da bist du wirklich, Pagel, sagte Herr von Zecke. Halb und halb hatte ich dich erwartet. Und als Wolfgang eine Bewegung machte: Nicht grade heute – aber du warst fällig, nicht wahr?
Und Zecke lächelt überlegen, Wolfgang Pagel aber ärgert sich. Ihm fällt ein, daß Zecke schon immer diese wichtigtuerische Geheimniskrämerei liebte, daß er schon immer dieses überlegene Lächeln gehabt hat, und daß er, Pagel, sich schon immer darüber geärgert hat. Zecke lächelte so, wenn er sich besonders schlau vorkam.
Na, ich meine ja bloß, grinste Zecke also. Schließlich sitzt du ja wirklich hier bei mir – das wirst du wohl nicht bestreiten wollen. Na, laß man. Ich weiß, was ich weiß. Trinken wir einen Schnabus, nimm ’ne Zigarette und schauen wir uns meine Bilder an, was?
Pagel hat die Bilder längst gesehen. Sie sitzen in einem großen, sehr anständig eingerichteten Gartenzimmer. Ein paar Türen zu der sonnenüberglühten Terrasse stehen offen, man sieht Sonne und Grün, aber es ist doch angenehm kühl hier drinnen. Ein schönes Licht, das durch die grünlichen Jalousien vor den Fenstern kommt, hell und dunkel zugleich und vor allem kühl.
Sie sitzen in schönen Sesseln, nicht in diesen schrecklichen, glatten, kalten Ledersesseln, die man jetzt überall sieht, sondern in tiefen, geräumigen Gehäusen, die mit irgendeinem blumigen, englischen Stoff bespannt sind – Chintz vermutlich. Bücher bis zu einem Drittel Höhe der Wand, darüber Bilder, gute moderne Bilder, Pagel hat es gleich gesehen. Aber er reagiert nicht auf Zeckes Frage, er hat schon gemerkt, daß die Atmosphäre ihm gar nicht ungünstig ist, daß dem Herrn von Zecke sein Besuch irgendwie zupaß kommt. Natürlich will Zecke was von ihm, und so kann man geruhig abwarten und ein bißchen pampig sein. (›Mein Geld kriege ich schon!‹)
Pagel zeigt auf die Bücher: Feine Bücher. Du liest viel –?
Aber so dumm ist von Zecke nun auch wieder nicht. Er lacht herzhaft. Ich und lesen –?! Immer noch der kleine Schäker? Das möchtest du wohl, daß ich ›Ja‹ sage, und du ödest mich dann an, was in dem Nietzsche da steht! Plötzlich ändert sich sein Gesicht, es wird nachdenklich. Ich glaube, das ist ’ne ganz gute Kapitalsanlage. Volleder-Einband. Man muß ja sehen, daß man sein Geld irgendwie wertbeständig anlegt. Ich verstehe nichts von Büchern – Salvarsan ist einfacher. Aber ich habe da so einen kleinen Studenten, der berät mich … Er denkt einen Augenblick nach, wahrscheinlich darüber, ob der kleine Student das Geld wert ist, was er ihm zahlt. Dann fragt er wieder: Na – und die Bilder?
Aber Pagel will einfach nicht. Er zeigt auf ein paar Plastiken, die da stehen: Apostelfiguren, eine Madonna mit dem Kind, ein Kruzifix, zwei Beweinungen. Mittelalterliche Holzplastik sammelst du auch?
Zecke macht ein kummervolles Gesicht. Nicht sammeln, nein. Geld anlegen. Aber ich weiß nicht, wie es kommt, es macht mir plötzlich auch Spaß. Guck mal hier, den Burschen hier mit dem Schlüssel, Petrus, richtig. Den hab ich aus Würzburg. Ich weiß nicht, ich verstehe nichts davon, es macht ja wirklich nicht viel her, gar nicht pompös und so – aber es gefällt mir. Und dieser Leuchterengel – der Arm ist ja sicher ergänzt, glaubst du, daß ich angeschwindelt bin –?
Wolfgang Pagel sieht von Zecke prüfend an. Zecke ist ein kleiner Mann, trotz seiner vier- oder fünfundzwanzig Jahre wird er schon rundlich und die Stirn infolge Haarschwund hoch. Auch ist er dunkel – und all dies mißfällt Wolfgang. Es mißfällt ihm auch, daß von Zecke an Holzplastiken Gefallen findet und daß ihm seine Bilder anscheinend wirklich anteilvolle Sorge bereiten. Zecke ist ein roher Schieber, weiter nichts, und so hat er zu bleiben. Interesse an Kunst bei ihm wirkt lächerlich und empörend. Am meisten aber empört es Wolf, daß er diesen verwandelten Zecke um Geld angehen soll. Der ist imstande und gibt es aus Anstand –! Nein, Zecke hat ein Schieber zu sein und zu bleiben, und wenn er Geld verleiht, hat er Wucherzinsen zu nehmen, sonst mag Wolfgang nichts mit ihm zu tun haben. Von einem Zecke will er kein Geld geschenkt!
So sagt denn Pagel, und sieht den Leuchterengel mißbilligend an: Also jetzt sind es Leuchterengel – mit Varieténutten handelst du nicht mehr –?
Pagel sieht sofort aus der Reaktion Zeckes, daß er es zu weit getrieben, daß er einen entscheidenden Fehler gemacht hat. Sie sind nicht mehr auf der Schule, wo man plumpe Vertraulichkeiten ertragen mußte, wo sie gradezu Sport waren. Zeckes Nase wird weiß, das kennt Pagel noch von früher, während das Gesicht stark gerötet bleibt.
Aber wenn von Zecke auch immer noch nicht gelernt hat, Bücher zu lesen, sich zu beherrschen hat er gelernt (und ist in diesem Punkt Pagel weit voraus). Er scheint nichts gehört zu haben. Langsam setzt er den Leuchterengel wieder hin, streichelt noch einmal nachdenklich über den wohl ergänzten Arm und sagt: Jaja, die Bilder. Ihr müßt auch noch ganz schöne zu Haus haben – von deinem Vater.
›Aha! Das möchtest du also!‹ denkt Pagel tief befriedigt. Und laut sagt er: Ja, doch einiges sehr Gutes ist noch da.
Weiß ich, sagt Zecke, gießt noch einen Schnaps ein, erst in Pagels Glas, dann in sein Glas. Er setzt sich gemütlich. Wenn du also einmal Geld brauchst – du siehst, ich kaufe Bilder …
Das war ein Hieb, erste Antwort auf die Frechheit eben, aber Pagel läßt sich nichts anmerken. Ich glaube nicht, daß wir jetzt verkaufen.
Da bist du nicht ganz unterrichtet, lächelt Zecke ihm liebenswürdig zu. Letzten Monat erst hat deine Mutter Bäume im Herbst nach England an die Galerie in Glasgow verkauft. Na, denn Prost! Er trinkt, lehnt sich dann zufrieden zurück und sagt harmlos: Naja, wovon soll denn die alte Frau schließlich leben? Was sie an Papieren hatte, ist heute doch nur Dreck.
Zecke grinst zwar nicht, aber Pagel hat doch sehr stark das Gefühl, daß die Bezeichnung ›guter Freund‹, die er heute früh noch für ihn