Der weisse Schmetterling. Walter Mosley
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Читать онлайн книгу Der weisse Schmetterling - Walter Mosley страница 5
»Hunderttausend?«
»Die wolln sich mit Ihnen treffen«, krächzte Mofass.
Ich hörte, wie er ein Streichholz anzündete, und drehte mich in dem Augenblick um, in dem er den ersten Zug nahm.
»Was wolln die von uns, William?« Mofass’ richtiger Name war William Wharton.
Mofass ging zu einem verschwörerischen Ton über und sagte: »Das County will Willoughby Place zu einer Hauptstraße ausbaun, vierspurig.«
Mir gehörten auf einer Seite von Willoughby Place dreieinhalb Hektar. Sie waren Teil einer Abmachung gewesen, falls ich das verschwundene Eigentum eines alten japanischen Gärtners wiederfinden würde.
»Na und?«, fragte ich.
»Die Männer da wolln Ihnen das Geld fürn Ausbau leihen. Hunderttausend Dollar, dann sind Se denen Ihr Partner.«
»Können’s nicht erwarten, mir das Geld zu geben, was?«
»Se brauchen mir bloß das Okay geben, Mr. Rawlins, dann sag ich denen, der Vorstand hat zugestimmt.«
Wenn jemand mit mir Geschäfte machen wollte, lief das über Mofass. Er vertrat die Firma, die ich für Geschäfte gegründet hatte. Der Vorstand war ein Einmannkomitee.
Ich musste lachen. Hier war ich, der Sohn eines Holzfällers. Ein Schwarzer, ein Waisenkind und außerdem aus dem Süden. Es war völlig ausgeschlossen, dass ich jemals fünftausend Dollar zu Gesicht bekam, aber hier war ich und wurde von weißen Grundstücksmaklern umworben.
»Machen Se nen Termin mit denen«, sagte ich. »Ich will mir die Männer mal anschaun. Aber machen Se sich keine gierigen Hoffnungen, Willy, vermutlich kommt nix dabei heraus.«
Mofass grinste, atmete Rauch durch die Zähne ein.
4
Es war ein warmer Abend. Ich parkte am Ende meines Blocks. Zeppo und Rafael waren fort. Der Pappkarton, den Rafael als Tisch benutzt hatte, lag zusammengefaltet auf dem Gehweg. Den Rinnstein zierte ein Klumpen Blut an einem ausgeschlagenen Zahn. Jemand hatte in Rafael Gordons Schule der Taschenspielerei eine bittere Lektion gelernt.
Das getrocknete Blut brachte mich wieder auf das tote Partygirl.
Nach allem, was geschehen war, wollte ich immer noch dringend allein sein. Deshalb beschloss ich, einen Schluck zu trinken, ehe ich zu meiner Frau zurückging.
Innen war das Avalon etwa so groß wie ein Schaufenster. Ein Tresen und sechs Hocker – das war alles. Rita Coe servierte Flaschenbier und Drinks mit Wasser oder Eis.
Es war nur ein Gast da, ein Hüne, der sich, mit dem Gesicht zur Wand, am Ende des Tresens über ein Münztelefon beugte.
»Was haste denn hier verlorn, Easy Rawlins?« Rita war kräftig und klein mit Knopfaugen und dünnen Lippen.
»Ich hab an Whisky gedacht.«
»Hab gedacht, du trinkst nix in ner Bar so nah bei dir zu Haus?«
»Heut tu ich’s mal.«
»Warum nicht?«, fragte der Hüne am Telefon. »Ich bin so weit.«
Rita goss meinen Scotch in einen Tumbler.
»Wie geht’s Regina und der Kleinen?«, fragte Rita.
»Gut, beiden gut.«
Sie nickte und schaute auf meine Hände hinunter. »Haste von den Frauen gehört, wo umgebracht worden sind?«
»Scheint’s hört man nix anderes.«
»Weißte, ich hab Angst, zu meinem Auto rauszugehen, wenn ich nachts abschließ.«
»Schließt du alleine ab?«, fragte ich sie. Aber ehe sie antworten konnte, knallte der Hüne den Hörer so heftig auf die Gabel, dass das Telefon sich mit einem kurzen Klingeln beschwerte.
Dupree Bouchard stand auf und wandte sich uns zu – mit seinen ganzen eins fünfundneunzig. Er sah mich und schaute sich um, als suchte er nach einer Hintertür. Aber die einzige Tür war die, durch die ich gekommen war.
Dupree und ich waren Freunde gewesen, als wir jünger waren. In einer Nacht trank er zu viel und sackte weg – und mir und seiner Freundin Coretta blieb nichts, an dem wir uns festhalten konnten als aneinander. Vielleicht hörte er unsere gedämpften Schreie durch seinen Alkoholrausch hindurch. Oder vielleicht gab er mir die Schuld an ihrer Ermordung am nächsten Tag.
»Hey, Dupree. Wie geht’s denn so bei Champion?«
Vor zehn Jahren hatten wir beide bei Champion Aircraft gearbeitet. Dupree war ein hervorragender Maschinenschlosser.
»Die taugen nix, Easy. Wenn de dich umdrehst, ham se jedes Mal ne neue Vorschrift, mit der se dich fertigmachen. Und wenn de n Nigger bist, ham se zwei Vorschriften.«
»Stimmt«, sagte ich. »Das stimmt. Überall das Gleiche.«
»Zu Haus im Süden isses besser. Da sticht dich wenigstens kein schwarzer Bruder in den Rücken.« Er sah mir in die Augen, als er das sagte. Dupree konnte nie beweisen, dass ich mit Coretta etwas angestellt oder ihr etwas angetan hatte. Er wusste nur, dass ich in einer Nacht bei ihnen gewesen und dass sie dann für immer gegangen war.
»Weiß nich, Dupree«, sagte ich. »So viel Lyncherei hat’s hier in L.A. County auch wieder nich gegeben.«
»Willste was trinken, Dupree?«, fragte Rita.
Der Hüne setzte sich, zwei Hocker von mir entfernt, und nickte ihr zu.
»Wie geht’s deiner Frau?«, fragte ich, damit er über etwas Erfreulicheres redete.
»Die is okay. Ich hab jetzt Arbeit im Temple Hospital«, sagte er.
»Wirklich? Meine Frau arbeitet dort. Regina.«
»Wie sieht se aus?«
»Dunkler Teint. Hübsch und ziemlich schlank. Arbeitet auf der Entbindungsstation.«
»Wann?«
»Meistens von acht bis fünf.«
»Dann hab ich se vermutlich noch nie gesehn. Bin erst zwei Monate dort und hab Nachtschicht. Muss im Keller die Wäsche machen.«
»Gefällt dir das?«
»Ja«, sagte er bitter. »Bin begeistert.«
Dupree nahm den Drink, den Rita brachte, und stürzte ihn mit einem Schluck hinunter. Er klatschte zwei