Katharina II. Russische Hofgeschichten. Leopold von Sacher-Masoch

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Katharina II. Russische Hofgeschichten - Leopold von Sacher-Masoch

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Nachdenken. „Wie? — das ist es. Auf dem Hermelin sieht man jeden Blutfleck abscheulich. Ich darf kein neues Blut vergießen.“

      „Ist das nötig?“ dachte die kleine Fürstin mit den Spitzen spielend, welche den Schlafrock ihrer Herrin umsäumten. „Du wirst ihn liebenswürdig töten, ohne Aufsehen.“

      „Meinst du? — Apropos — du siehst so blaß aus. Härmst du dich um deinen General in Polen? Soll ich deinem Gatten einen Urlaub geben?“

      „Um Gotteswillen“, fiel die Daschkow lebhaft ein, die Hände flehend zu der Despotin erhoben, „du erschreckst mich.“

      Die Zarin lachte und legte den Arm leicht auf ihren Nacken. „Hat Panin deine Schlinge noch fest um den Hals, meine Kleine?“

      „Er wohnt mit mir in Gatschina.“

      „Sehr gut. Du darfst ihn jetzt am wenigsten loslassen, Katinka, du mußt ihn unter deiner Aufsicht behalten. Der alte Geck hätte nicht übel Lust, meinen Sohn auf den Thron zu setzen, den Knaben Paul, und den Regenten zu spielen. Behalte ihn im Auge und — in der Schlinge.“

      „Verlasse dich auf mich.“

      Die Kaiserin erhob sich, trat an das Fenster und schwieg.

      „Es gibt doch Augenblicke, meine Kleine“, sprach sie dann nach einer Weile, „wo mich die Herrschaft müde macht und trostlos.“

      Die Daschkow rührt sich nicht.

      „Und was das schlimmste ist, Katinka, Orlow langweilt mich!“

      Die „kleine Katharina“ sah überrascht zu der großen Katharina empor, dann spielte ein allerliebstes mutwilliges Lächeln um ihre Mundwinkel.

      „Jetzt wollen wir Toilette machen“, rief die Kaiserin lachend, „und dann zu Pferde steigen und unserem treuen Volke unser Antlitz zeigen.“

      II.

      Die Zarin gab Audienz im Sommerpalaste.

      Zwei Weltteile hatten die seltsamsten Typen in ihrem Vorsaal zusammengeworfen. Neben dem runden Kaufmann von Nowgorod mit vollem Barte, dicken goldenen Ringen in den fleischigen Ohren, stand ernst der magere Tartar mit bronzenen Zügen, langem, schwarzen Schnurrbart. Ueber den gelben, kahlen geschlitzten Kopf des Kalmücken blickte das edle Antlitz, das kühne Auge des Kosaken. Leibeigene Bauern, mächtige Große, Soldaten, Popen, Juden, Liwopaner, Jesuiten. Eine wunderliche Antichambre.

      Mitten drin stand ein junger Offizier, schlank, wohlgebaut, mit dem bleichen träumerischen Gesicht, den großen ruhigen Märtyreraugen eines Fanatikers.

      „Leutnant Mirowitsch vom Regiment Smolensk“, rief der diensttuende Kammerherr. Wenige Augenblicke danach stand der junge Offizier vor seiner Kaiserin.

      Sie trug über dem schwarzen Kleide, das sich knisternd über den weiten Reifrock bauschte, ein breites blaues Ordensband, in dem hohen weißen Toupet einen kleinen Reichsapfel aus einem einzigen großen Diamanten mit dem griechischen Kreuze, als die einzigen Attribute der Herrschaft.

      Der junge Offizier sah aber nur den weißen Busen, der das blaue Band hob, die üppigen Locken, welche von dem gekrönten Haupte hinabfielen, er sah zum ersten Male das schönste Weib seines Reiches, das ihn vom Kopfe bis zum Fuße wohlgefällig musterte und gnädig wie einen Sklaven. Er kniete nieder und überreichte seine Bittschrift.

      „Steht auf.“

      „Ich huldige der schönen Frau“, sprach bescheiden der Offizier, „von der Monarchin verlange ich mein Recht.“ Damit erhob er sich und sah Katharina II. furchtlos in das Auge, über dem sich die stolzen Brauen etwas zusammenzogen.

      „Wie ist Ihr Name?“

      „Mirowitsch.“

      „Leutnant?“

      „Im Regiment Smolensk.“

      „Sie bitten um eine Gnade?“

      „Um mein Recht.“

      Wieder zogen sich die stolzen Brauen zusammen.

      „Nun, was wollen Sie?“

      „Vor allem eine Frage an Eure Majestät richten.“

      „Nun, die Audienz ist mindestens originell. Fragen Sie also, Leutnant — wie gleich?“

      „Mirowitsch.“

      „Leutnant Mirowitsch, Sie unterhalten mich.“

      Mirowitsch biß die Zähne zusammen und wurde blutrot.

      „Nun fragen Sie mich. Ich befehle es.“

      „Ertragen Sie die Wahrheit, Majestät?“

      Die neronischen Brauen zuckten, aber im nächsten Augenblick schon ruhte das schöne Auge der Monarchin mit wolllüstigem Interesse auf dem jungen Offizier.

      „Nun, eine Frage an Sie, Leutnant — wie gleich?“

      „Mirowitsch.“

      „Leutnant Mirowitsch, lieben Sie die Lektüre?“

      „Leidenschaftlich, Majestät.“

      „Sie lesen Romane, ich merke, Ihre Phantasie ist danach, Ihr Ton — nun, ich habe auch lange Zeit Romane gelesen. Lesen Sie gute Bücher, Mirowitsch, allenfalls Voltaire. Ich lese eben seine Geschichte Peters des Großen und habe die Absicht, die Briefe des Monarchen, in denen er sich selbst malt, herauszugeben. Wissen Sie, was mir an seinem Charakter am besten gefällt? Daß auf ihn — so zornig er auch war — die Wahrheit jederzeit ihre volle Wirkung übte.“

      „Majestät!“

      „Nun, sagen Sie mir jetzt, was Sie wollen.“

      „Ich bin ein Ukrainer, Majestät, der Sohn eines stolzen, freien Volkes, der Enkel jenes Mirowitsch, der mit Mazeppa focht, dessen Name in den Liedern der Kosaken lebte. Er büßte, wie viele seines Volkes, den Abfall vom Zar mit dem Verluste seiner Güter. Hier steh’ ich als sein Enkel, Majestät, mit einem großen edlen Namen, arm und dürftig, und bitte um mein Recht. Vergebens habe ich dies Recht bei allen Aemtern, allen Gerichtshöfen dieses Reiches gesucht. Da dachte ich, das größte Herz in diesem Reiche müßte auch das beste sein und das gerechteste, und nun steh’ ich vor Eurer Majestät und bitte, jenen Spruch der Willkür aufzuheben, mich in das Besitztum meiner Väter wieder einzusetzen.“

      Die Kaiserin lächelte. „Sie haben viel zu viel Romane gelesen, Mirowitsch,“ sagte sie mit der Gutmütigkeit der Löwin, „Ihr Recht soll geprüft werden, so sehr ich mir auch erlaube, an demselben zu zweifeln. Vertrauen Sie aber auf meine Gnade und — lesen Sie gute Bücher.“

      Die großen Augen des armen Ukrainers fieberten der Kaiserin entgegen, er verneigte sich und machte eine Bewegung nach der Türe.

      „Küssen Sie mir die Hand, Mirowitsch.“

      Der junge Offizier warf sich der Zarin zu

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