Katharina II. Russische Hofgeschichten. Leopold von Sacher-Masoch

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Katharina II. Russische Hofgeschichten - Leopold von Sacher-Masoch страница 4

Katharina II. Russische Hofgeschichten - Leopold von Sacher-Masoch

Скачать книгу

Entscheidung ab. Verstehen Sie, Mirowitsch?“

      Verwirrt preßte dieser die kleine warme Hand der Kaiserin noch einmal an seine Lippen und noch einmal. Dann erhob er sich und stürzte aus dem Kabinett.

      Katharina II. blickte einen Augenblick lächelnd zu Boden, dann klingelte sie und berief den Polizeiminister.

      „Notieren Sie —“

      Die Exzellenz zog ihr Portefeuille.

      „Mirowitsch, Leutnant im Regimente Smolensk.“

      „Alter?“

      „Sie sollen ja keinen Paß schreiben.“

      „Also dieser Mirowitsch —?“

      „Jung, schön, mutig, ehrgeizig. Legen Sie mir so schnell als möglich seine Konduite vor.“

      Der Polizeiminister verneigte sich.

      „Apropos, ich will auch wissen, ob er Liaisons gehabt hat und mit wem und — ob er in diesem Augenblicke eine Geliebte hat. Verstehen Sie?“

      „Ich verstehe. Eine Geliebte.“

      III.

      Mehr als eine Woche war seit der Audienz des jungen Offiziers verflossen, er wartete noch immer auf eine Erledigung seiner Bittschrift.

      Da fand er eines Abends, als er von einem Spaziergange zurückkehrte, ein elegantes Billett auf dem Boden seiner Stube liegen, es war offenbar durch das offene Fenster hereingeworfen worden. Die Adresse war an ihn gerichtet. Eine unbekannte Schrift, die kleinen, unruhigen Züge einer Frau.

      Der Inhalt lautete:

      „Mein Freund! Sie erwarten eine Entscheidung der Kaiserin über Ihr Schicksal. Sie können lange warten. Die Kaiserin ist gütig, aber — vergeßlich. Um an diesem Hofe etwas zu erreichen, brauchen Sie Protektion, die Protektion einer Frau, denn die Frauen regieren in Petersburg. Ich will Ihre Protektorin sein. Wenn Sie Mut haben, so finden Sie sich heute Nacht, wenn die Uhr elf schlägt, vor der Kirche von Kasan ein. Sie werden dort einen Wagen treffen. Man wird Ihnen die Augen verbinden, Hände und Füße schließen. Lassen Sie alles mit sich geschehen. Fragen Sie nicht. Ein süßer Lohn erwartet Sie.

      Eine Freundin.“

      Mirowitsch ging mit sich zu Rate, er faßte und verwarf ein Dutzend Entschlüsse.

      Der Zeiger der Uhr gab zuletzt den Ausschlag. Er nahm seinen Mantel, drückte den Hut tief in die Stirne und verließ das Haus. Die Nacht war sternenlos finster.

      Dichte Nebel wallten um die Kirche von Kasan.

      Als Mirowitsch dem Portale nahte, trat der dunkle Wagen beinahe gespenstisch hervor, die schwarzen Pferde scharrten ungeduldig den Boden. Zwei Vermummte empfingen ihn, legten ihm schweigend leichte Hand- und Fußschellen an und verbanden ihm die Augen mit einem weißen Tuche.

      Derlei Abenteuer waren in Petersburg zur Zeit des Frauenregiments unter drei Zarinnen — Anna — Elisabeth — Katharina — so gewöhnlich, daß kaum ein Vorübergehender über die geheimnisvolle Prozedur erstaunt gewesen wäre.

      Es ging aber niemand vorüber. Mirowitsch wurde in den Wagen gehoben, der Schlag geschlossen und fort ging es im rasenden Laufe.

      Als das unheimliche Fuhrwerk hielt, und Mirowitsch wieder festen Boden unter den Füßen fühlte, wehte eine scharfe, schneidende Luft um ihn, er war offenbar im Freien.

      Man führte ihn breite Steintreppen empor, durch einen Korridor, eine Reihe von Zimmern. Jetzt war er allein. Ein Lichtschimmer drang durch das Tuch.

      Noch einen Augenblick, dann sprach eine angenehme weibliche Stimme: „Besorgen Sie nichts, Mirowitsch, Sie sind in guten Händen.“ Ein Frauengewand rauschte, zwei zarte Hände bemühten sich, den Knoten des Tuches zu lösen, die Bande fiel. Er sah sich in einem kleinen, mit orientalischem Luxus eingerichteten Gemache und wie er den Kopf wendete, erblickte er eine kleine zarte Frau in einem dunklen Ueberrock, eine schwarze Samtlarve vor dem Gesichte.

      „Geduld, ich muß Sie vorerst von Ihren Fesseln befreien.“ Sie nahm ihm die Handschellen ab. „Nun lösen Sie selbst den Rest Ihrer Ketten.“ Mirowitsch gehorchte.

      Eine kleine zitternde Hand faßte die seine und zog ihn auf eine Ottomane nieder.

      „Verzeihen Sie meine Seltsamkeit“, sprach die Dame mit der Maske, „aber ein Kavalier darf sich von seiner Dame schon etwas gefallen lassen. Ich habe wichtige Gründe, mich mit Geheimnissen zu umgeben, aber nichts soll mich hindern, Ihnen zu nahen, Sie zu lieben, Sie mein zu nennen. Ich liebe Sie, Mirowitsch!“ Sie lehnte sich an seine Schulter und schlang den Arm um seinen Hals. Mirowitsch fühlte sein Herz stärker schlagen, er faßte die Hand der geheimnisvollen Freundin, führte sie an die Lippen und sprach beinahe verschämt: „Vergeben Sie, daß ich Ihnen nicht von Liebe spreche, Madame, daß ich Sie bitte, mich sofort zu entlassen. Sie haben meinen Mut herausgefordert und mich so gezwungen, vor Ihnen zu erscheinen, aber ich kann Sie nicht lieben. Mein Geständnis kann Sie nicht verletzen, noch kenne ich Sie nicht, noch habe ich Ihre Züge nicht gesehen.“

      „Sie sollen sie sehen.“

      „Um Gotteswillen — nein!“

      Die Dame antwortete mit einem mutwilligen Lachen und nahm die Maske herab. Es war ein fremdes, aber reizendes Gesichtchen, zwei große dunkle Augen schmachteten Mirowitsch entgegen, zwei rote Lippen boten sich den seinen zum Kusse.

      „Nun, gefalle ich Ihnen nicht?“

      Mirowitsch warf sich der reizenden Frau zu Füßen.

      „Lachen Sie über mich, Madame, Sie verdienen, daß man Sie anbetet, daß man sich töten läßt, aber mein Herz verbietet es mir, Sie zu lieben, meine Ehre — Sie zu täuschen.“

      „Sie lieben!“ rief die Schöne überrascht.

      „Ja, Madame“, entgegnete Mirowitsch, indem er sich erhob.

      „Eine andere.“

      „Ja — eine andere.“

      „Und man sagte mir doch —“, murmelte die Dame.

      „Was Madame?“

      „Daß Sie keine Liaison haben, noch keine Liaison gehabt haben.“

      „Man sagte Ihnen die Wahrheit.“

      „Wie versteh’ ich das?“

      „O Madame, Sie sind schön, Sie sind vornehm, wenn Sie lieben, lieben Sie glücklich. Können Sie eine Liebe verstehen, wie die meine, eine Liebe ohne Glück, ohne Hoffnung, eine Liebe, die vor sich selbst erschrickt?“

      „Ich verstehe Sie, Sie lieben eine Frau, die Ihnen unerreichbar scheint. Törichtes Kind, wer sagt Ihnen, daß für die Liebe etwas unerreichbar ist. Es wäre denn die Mutter Gottes von Kasan.“

      „Es kommt beinahe auf dasselbe hinaus, Madame.“

      „Sie

Скачать книгу