Katharina II. Russische Hofgeschichten. Leopold von Sacher-Masoch

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Katharina II. Russische Hofgeschichten - Leopold von Sacher-Masoch

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ist der rechtmäßige Zar durch das Testament der Kaiserin Anna. Ich muß es selbst bezeugen. Ich habe ihn nicht entthront, die Zarin Elisabeth riß ihn aus der Wiege in den Kerker. Dort wuchs er auf wie ein Tier im Käfig, fern von der menschlichen Gesellschaft. Ein Mann mit den Gedanken, mit dem Herzen, mit der Ausdrucksweise eines Kindes, reizt dieser blöde Prinz jetzt den Ehrgeiz aller Unzufriedenen, aller meiner Feinde. Man stellt ihn mir entgegen, man will mich durch ihn stürzen.“

      „Nimmermehr!“ rief Mirowitsch. Er richtete sich groß auf, ein blinder Fanatismus lag in diesem Augenblicke auf seinem bleichen Gesichte, in seinen versunkenen Augen.

      „Der nächste Tag kann meinen Thron zertrümmern, mein Geliebter, willst du mich im Kerker sehen, oder“ — — sie preßte die Hände vor das Gesicht.

      „Soll ich ihn morden?“ flüsterte Mirowitsch, „Geliebte!“ Seine Stimme war heiser vor Aufregung.

      „Mirowitsch!“ schrie Katharine auf, sie schien erschreckt.

      „Du mußt ihn aus dem Wege räumen“, fuhr er eifrig fort, „so sprich sein Todesurteil, und ich vollstrecke es. Laß mich dann aufs Rad flechten, rette deinen Namen, ich sterbe gerne für dich, Katharina!“ Er küßte ihre Hände, ihre Füße und weinte.

      „Beruhige dich, mein Freund“, sprach die Kaiserin, „ich werde deine treuen Hände nicht mit Blut beflecken. Ich habe einen Plan. Du sollst ihn erfahren. Willst du also in dieser Sache ganz nur mein Werkzeug sein?“

      „Ich will“, entgegnete Mirowitsch, „ich bin ja dein — dein bis in den Tod.“

      „Sprich nicht vom Tode“, flüsterte die Kaiserin, „mir schauert“. Einen Augenblick war ihr schönes Antlitz grauenhaft entstellt. „Heute winkt uns das Leben, Mirowitsch“, rief sie dann mit dem Lachen einer Bacchantin, „küsse mich! —“

      VI.

      „Die Kaiserin geht nach Livland“, flog es von Mund zu Mund. Die widersprechendsten Meinungen über den Zweck dieser Reise wurden laut. Zuletzt einigte man sich darin, daß Katharina II. dieselbe unternehme, um mit Poniatowski zusammen zu kommen. Sie habe Orlow satt, hieß es, die Liebe zu dem ritterlichen Polen sei wieder mächtig in ihr erwacht, und dergleichen mehr.

      Ehe der Nero im Reifrock den Reisewagen bestieg, wurde die Fürstin Daschkow in das kaiserliche Kabinett berufen.

      Katharina II. ging unruhig im Zimmer auf und ab. Sie schien ausnehmend heiter, summte eine frivole italienische Arie und betrachtete sich von Zeit zu Zeit mit einem gewissen Stolz im Spiegel.

      „Ich bin schön“, sprach sie lebhaft, „ich habe Mirowitsch glücklich gemacht, seine kühnsten Träume überflügelt, er kann nun für mich sterben. Aber ich will ihn nicht mehr sehen, der Abschied würde mich aufregen. Hier sind die Instruktionen für ihn, hier die Summen, die er braucht.“ Sie übergab beides der Fürstin, schritt dann zu ihrem Schreibtische, nahm ein Aktenstück von demselben, las es noch einmal aufmerksam und unterzeichnete hierauf rasch. „Lies“.

      Die Daschkow las. Es war eine Ordre an die beiden der Kaiserin treu ergebenen Offiziere, Kapitän Wlassiew und Leutnant Tschekin, welche den Prinzen Iwan in seinem Kerker in Schlüsselburg bewachten und mit ihm in einem Zimmer schliefen, und enthielt den Befehl, sobald ein Versuch zur Befreiung des Gefangenen gemacht werde, denselben auf der Stelle zu töten. Begründet war derselbe durch die Aufregung, welche zugunsten des Prinzen immer bedrohlicher an den Tag trat.

      „Für Petersburg habe ich meine Maßregeln getroffen“, sprach Katharina II. mit imposanter Ruhe, „Orlow nehme ich mit mir, Panin bleibt, ich überlasse ihn dir, du bewachst ihn, du haftest mir für ihn. Mein Sohn, der Thronfolger, bleibt in seinen Händen.“ Die Daschkow machte eine Bewegung. „Ich kenne Panin“, fuhr die Zarin majestätisch fort, „es könnte ihm einfallen, meine Abwesenheit zu benützen, den Großfürsten Paul zum Kaiser auszurufen und für den Knaben zu regieren, aber Panin ist vorsichtig und unentschlossen. Bei der ersten Regung einer Empörung bemächtigst du dich meines Sohnes und bringst ihn zu mir. Die besten Offiziere der Garde begleiten mich, was hier bleibt, sind junge Leute ohne Kriegserfahrung. Im entscheidenden Augenblicke werden an die Feldregimenter scharfe Patronen ausgeteilt, und wagen die Garden den Aufstand mit der blanken Waffe, dann habe ich die Armee in Livland, und wehe ihnen, wenn ich als Siegerin in meine Hauptstadt einziehe. Lebe wohl! —“

      An demselben Tage, an welchem die Kaiserin Petersburg verließ, kehrte Mirowitsch zu seinem Regimente zurück, welches eben in der Stadt Schlüsselburg in Garnison lag. Die Kompagnien desselben zu hundert Mann lösten sich Woche für Woche bei dem Dienst in der Festung ab.

      Acht Mann bewachten den Gang zu der Kasematte, in welcher der rechtmäßige Zar Iwan gefangen gehalten wurde.

      Mirowitsch verbrannte sofort nach seinem Eintreten in Schlüsselburg seine Instruktionen sorgfältig in dem Feuer seines Kamins und ging dann mit ebensoviel List als Fanatismus an die Ausführung derselben.

      Mit dem Gelde, das ihm die Fürstin Daschkow eingehändigt hatte, bestach er drei Unteroffiziere und zwei Soldaten seines Regimentes. Er sagte ihnen, der Prinz Iwan sei ihr rechtmäßiger Zar nach dem Testamente der Kaiserin Anna, und er habe den Entschluß gefaßt, denselben aus seinem Kerker zu befreien.

      Kurz darauf traf ihn selbst der Wochendienst und er benützte denselben, um alle Verhältnisse der Festung auszukundschaften, und bestimmte endlich die Nacht des 16. Juli für den Losbruch.

      An demselben Abende ging sein Dienst zu Ende. Er bat den Kommandanten Berednikow um die Erlaubnis, denselben noch fortsetzen zu dürfen. Der Festungskommandant erteilte sie ihm nicht nur bereitwillig, sondern vergaß sogar, wie es schien, ihm die Schlüssel der Festung abzufordern.

      In der Nacht des 16. Juli 1765, Schlag 1 Uhr, öffnete Mirowitsch seinen Mitverschworenen die Ausfallspforte. Sie eilten auf die Wache, riefen die Kompagnie zusammen, und Mirowitsch las den Soldaten mit lauter Stimme einen falschen Ukas des Senates vor: „Da die Kaiserin Katharina II. müde ist, über barbarische, undankbare Völker zu herrschen, die ihren ruhmwürdigen Bemühungen in keiner Weise entgegenkommen, hat sie den Entschluß gefaßt, das russische Reich zu verlassen und sich mit dem Grafen Orlow zu vermählen;“ — bei diesen Worten zitterte seine Stimme — „jetzt wo sie an der Grenze ihres Reiches angelangt ist, will sie die Kaiserkrone dem unglücklichen Fürsten Iwan zurückgeben. Darum befiehlt der Senat dem Leutnant Mirowitsch, denselben aus dem Gefängnis zu befreien und sofort nach Petersburg zu bringen.“

      Die Soldaten brachen in wilden Jubel aus, mehr als fünfzig derselben griffen sofort zu den Waffen, einige hoben Mirowitsch auf die Schultern und fort ging es unter Hurrarufen zu der Wohnung des Kommandanten. Berednikow war seltsamerweise noch nicht zur Ruhe gegangen und kam ihnen in voller Uniform entgegen.

      „Im Namen des rechtmäßigen Kaisers Iwan, den Ihr ungerecht gefangen haltet, Euren Degen!“ rief Mirowitsch.

      Berednikow übergab ihn schweigend und wurde auf Mirowitschs Befehl von zwei Verschworenen in seiner Wohnung bewacht.

      Mirowitsch drang nun mit seiner Schar in die Kasematte, welche zu Iwans Kerker führte. Die Wachen gaben Feuer. Von beiden Seiten fielen Schüsse, ohne daß jemand verwundet wurde. Man hatte den Soldaten blinde Patronen ausgeteilt.

      Mirowitsch erreichte zuerst die Türe des Gefängnisses und pochte mit seinem Degengefäß an dieselbe.

      „Wer da?“ rief Kapitän Wlassiew.

      „Gute

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