Watch Dogs: Legion – Tag Null. Josh Reynolds

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Watch Dogs: Legion – Tag Null - Josh Reynolds

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etwas Seltsames an sich.

      »Was bedeutet das?«

      Noch nichts. Fahr weiter. Lass das meine Sorge sein.

      »Gerne.«

       Oh, du hast immer noch das Paket, oder?

      Ein kurzer Anflug von Panik erfasste ihn und er klopfte hektisch seine Jacke ab. Er spürte den Umschlag und was er enthielt und seufzte erleichtert auf. »Ja, hab ich«, sagte er. Zumindest das hatte er nicht verbockt.

      Guter Mann. Leg einen Gang zu, Oliver. Es geht ziemlich heiß her.

      Sarah Lincoln war bei Minute drei ihrer fünfminütigen Rede über Zusammenhalt und die stolze, wenn auch wechselhafte Geschichte der Vallance-Road-Gemeinschaft, als sie die Schreie hörte. Unerschütterlich sprach sie noch dreißig Sekunden weiter, bevor plötzlich die Hölle losbrach und ihr sorgsam geplanter Auftritt in Chaos versank.

      Zuerst wusste sie gar nicht, was sie gehört hatte. Sie hielt es für eine Fehlzündung. Erst als sie aus dem Augenwinkel sah, wie ein Mann zu Boden ging, wurde ihr klar, was passiert war. Oder zumindest glaubte sie, es zu wissen. Jemand beugte sich über ihn – hatte die Person ihn erschossen? Von hier aus, begraben unter ihren Personenschützern, war es unmöglich zu sagen. »Runter! Runter von mir!«, fauchte sie und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.

      »Bleiben Sie unten, Ma’am«, zischte einer von ihnen zurück und stieß sie zu Boden. Zumindest versuchte er es.

      »Wenn man mich hätte treffen wollen, hätte man mich erwischt. Und jetzt runter von mir!« Trotz der Proteste ihrer Sicherheitsleute stand sie auf und sah sich um. Es war das pure Chaos – Leute rannten umher, ihr Team versuchte, sich seinen Weg zu dem Angeschossenen zu bahnen.

      »Ich denke, wir … wir sollten hier weg«, sagte Hannah und packte sie am Arm. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Stimme zittrig. »Jemand schießt!«

      Sarah schüttelte sie ab. »Aber nicht auf mich! Rufen Sie einen Krankenwagen.« Sie schnappte sich das Mikro und hob ihre Hand. »Bitte bewahren Sie Ruhe. Beruhigen Sie sich!« Niemand hörte auf sie, aber darum ging es auch nicht. Die Nachrichtendrohnen über ihren Köpfen nahmen alles auf.

      Einen Moment später hörte sie die ersten Sirenen. Sie hielt ihren Blick auf den Angeschossenen gerichtet, auf den Mann, der vor ihm kniete – durchwühlte er seine Taschen? Nein. Er versuchte zu helfen. Ein besorgter Bürger. Ihre Leute näherten sich ihm, wer er auch sein mochte.

      Es war alles so gut gelaufen. Das war das Ärgerliche daran. Die Rede war eine ihrer besten gewesen, fand sie – gleichzeitig tröstlich, informativ, aber ohne jegliche echte Substanz. Ein beruhigendes Zitat war ein sicheres Zitat, perfekt für zusammenhanglose Soundbites.

      Am Anfang ihrer Karriere hatte sie den Fehler gemacht, die Aufwieglerin zu spielen. Sie war zu jung gewesen, zu unerfahren, um zu verstehen, wie es wirkte, wenn eine große Frau somalischer Abstammung ihre Kollegen kritisierte. Als ihr klar geworden war, was daraus gemacht wurde, war sie gezwungen gewesen, ihren Idealismus neu zu bewerten – ihn in etwas politisch Zweckdienlicheres zu verwandeln. Es war nicht schwer gewesen. Sie war immer schon eine Pragmatikerin gewesen.

      Idealisten kamen an die Macht. Politiker blieben an der Macht. Und Sarah Lincoln hatte damals entschieden, dass sie lieber eine Politikerin sein wollte. Und als Politikerin wusste sie, dass ein Bild mehr wert war als tausend Worte. Und das Bild einer Abgeordneten, die verzweifelt versuchte, eine panische Menge zu beruhigen – nun … das waren mindestens zweitausend Worte.

      Ihre Leute erreichten den Angeschossenen, als der erste Streifenwagen mit quietschenden Reifen und blinkendem Blaulicht zum Stehen kam. Weitere trafen wenige Augenblicke später ein. Der besorgte Bürger war längst verschwunden. Sie fragte sich, wohin, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Je weniger Leute, mit denen sie das Rampenlicht teilen musste, desto besser. Zumindest redete sie sich das ein, als sich einer ihrer Leute neben den Angeschossenen kniete. Sarah ging auf sie zu, trotz Hannahs Protesten.

      Der Personenschützer hatte seinen Blazer ausgezogen, faltete ihn zusammen und schob ihn dem Mann unter den Kopf. Die Geschichten ihres Vaters über den Bürgerkrieg kamen ihr in den Sinn, während sie sich an einen vor vielen Jahren absolvierten Erste-Hilfe-Kurs zu erinnern versuchte.

      Ihr war klar, dass der arme Kerl längst tot war. Das Loch war zu groß, da war viel zu viel Blut. Kurz verspürte sie Übelkeit, doch sie zwang sie zurück. Hatte er hier gelebt? Sie meinte, ihn in der Zuschauermenge gesehen zu haben. Er sah nicht aus wie jemand, der auf der Straße erschossen wurde. Unweigerlich fragte sie sich, warum er tot war.

      Einige Polizeibeamte hatten sich versammelt. Einer sprach eilig in sein Funkgerät, während seine Kollegin – die zu dem Team gehörte, das für diese Veranstaltung abgestellt worden war – sich an Sarah wandte. »Sind Sie in Ordnung, Ms Lincoln?«, fragte die Beamtin sanft.

      »Ich bin wohlauf, danke. Es ist nur … ich habe vorher noch nie jemanden sterben sehen.« Sie atmete tief durch. »Das war wohl kein Herzanfall, was? Ich habe es zuerst dafür gehalten, aber …«

      »Die Spurensicherung ist auf dem Weg …«

      »Officer, er hat ein riesiges Loch in der Brust.«

      Die Polizeibeamtin sah weg. Sarah musterte die Leiche. Ein Teil von ihr wollte nichts lieber, als so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, nachdem sie jetzt ihre Pflicht für die Kameras getan hatte. Doch ein anderer Teil war neugierig. So etwas passierte hier einfach nicht. Gewalt war in Tower Hamlets – im East End – nichts Unbekanntes. Aber das hier war eine äußerst spezifische Art von Gewalt. Sie schien vollkommen willkürlich.

      Die Polizei führte ihre Arbeit effizient durch. Der Bereich wurde abgesperrt, Zeugen wurden befragt. Sarah sah zu und achtete darauf, beim Zusehen gesehen zu werden. Hannah brachte ihr einen Kaffee und versuchte erneut, sie zum Gehen zu bewegen.

      »Was, wenn Sie das eigentliche Ziel waren?«, fragte Hannah. »Sie wären nicht die erste Politikerin, die von einem Irren angegriffen wird …«

      Sarah trank einen Schluck Kaffee. Er schmeckte furchtbar. Selbst Milch und Zucker konnten den Geschmack verbrannter Bohnen nicht überdecken. Sie verzog das Gesicht, trank aber weiter. »Wenn ich das Ziel gewesen wäre, hätte man mich getroffen. Oder Sie. Wir standen schließlich auf einer Bühne.«

      »Trotzdem …«

      »Trotzdem sind wir jetzt vollkommen sicher.« Sarah sah ihre Assistentin an. Nach einem Moment fragte sie: »Alles in Ordnung?«

      Hannah sah sie verwundert an. »Ich denke schon. Nur ein bisschen mitgenommen.«

      Sarah tätschelte ihren Arm. »Gutes Mädchen. Immer schön die Ohren steifhalten, wie die alten weißen Männer so gern sagen. Und jetzt kommen Sie. Ich will wissen, was hier vorgeht.« Sie ging zur größten Gruppe von Polizisten und Hannah folgte ihr zaghaft.

      Sie nickten respektvoll, waren jedoch wenig entgegenkommend. Eine Labour-Politikerin durfte nicht zu vertraulich mit der Polizei sein, sonst würden die üblichen Verdächtigen ihrer eigenen Partei zu tuscheln anfangen. Recht und Gesetz war für die Tories.

      Sie wandte sich an Hannah: »Besorgen Sie doch bitte für alle Kaffee. Oder Tee oder was auch immer sie wollen. Und beeilen Sie sich.«

      Man musste Hannah zugutehalten, dass sie nicht herumdiskutierte, sondern einfach damit begann, die Bestellungen

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