Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 103

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

Скачать книгу

Keine Stimme erhob sich, um zu fragen oder Verwunderung auszudrücken. Der Übergang von der Aufregung zur Täuschung war zu gewaltig, um Worten Raum zu geben, und selbst Richard verlor den Gebrauch eines Organs, das ihm nur selten den Dienst versagte.

      Die ganze Gruppe war noch in voller Verwunderung, als eine hohe Gestalt aus dem Dunkel in den Kreis trat und die heiße Asche nebst den hinsterbenden Funken mit dem Fuß niederdrückte: sie stand mit abgenommener Mütze über dem Licht und ließ das unbedeckte Haupt und die verwitterten Züge Lederstrumpfs unterscheiden. Er sah einen Augenblick auf die ihn umgebenden schattenhaften Figuren mit einem Gesicht, in welchem sich eher Kummer als Unwille aussprach, und begann sodann:

      »Was wollt ihr von einem alten hilflosen Manne? Ihr habt die Geschöpfe Gottes aus der Wildnis vertrieben, wohin sie der Wille Seiner Vorsehung versetzt hat, und die Beunruhigungen und Teufeleien des Gesetzes in eine Gegend gebracht, wo seit Menschengedenken nie ein Mensch den andern beunruhigte. Ihr habt mich, der ich vierzig lange Jahre der mir beschiedenen Zeit an diesem Ort verlebte, um Haus und Obdach gebracht, die ich in Brand steckte, damit nicht eure Verderben bringenden Tritte und wüsten Sitten meine Hütte befleckten. Ja, ihr habt mich gezwungen, diese Holzblöcke anzuzünden, unter denen ich fast ein halbes Jahrhundert die Gaben des Himmels genossen und meinen Trunk aus der klaren Quelle geholt habe, und nun traure ich ob der Asche unter meinen Füßen, wie ein Mann weint und trauert um die Kinder seines Leibes. Ihr habt das Herz eines alten Mannes, der euch und den Eurigen nie etwas zuleide getan, mit bitteren Gefühlen gegen sein Geschlecht erfüllt, und zwar zu einer Zeit, wo seine Gedanken einer besseren Welt zugekehrt sein sollten; ihr habt ihn zu dem Wunsch getrieben, daß er zu den Tieren des Waldes gehören möchte, die sich doch nie an dem Blut ihres eigenen Geschlechtes letzen; und nun er zurückkehrt, um den letzten Brand von seiner Hütte zu sehen, ehe er sich vollends in Asche verzehrt, folgt ihr ihm zur Mitternachtsstunde wie hungrige Hunde der Spur eines abgehetzten und sterbenden Hirsches. Was wollt ihr von mir? Hier bin ich, – einer gegen viele. Ich komme, um zu trauern, nicht um zu kämpfen; und wenn es einmal Gottes Wille ist, so verfahrt mit mir nach eurem Gefallen.«

      Als der alte Mann geendet hatte, sah er die Gruppe ernst an, während die aufzuckende Flamme ein mattes Licht auf sein fast kahles Haupt warf. Die Verfolger traten unwillkürlich von dem Brandplatz in die Dunkelheit zurück und ließen dem alten Mann einen freien Ausweg zur Flucht in das Gebüsch, wo ein Nachsetzen im Finstern fruchtlos gewesen wäre. Natty schien diesen Vorteil nicht zu beachten; denn er betrachtete jedes Individuum des Kreises der Reihe nach, als wollte er sehen, wer der erste sei, der Hand an ihn lege. Nach einer kurzen Pause begann Richard, seine verwirrten Fähigkeiten wieder zu sammeln; er trat vor, entschuldigte sich mit seiner Pflicht und nahm den Alten gefangen. Die übrigen schlossen sich an ihn an, nahmen Natty in ihre Mitte, und so schlug der Zug, von dem Sheriff angeführt, die Richtung nach dem Dorf ein.

      Auf dem Weg wurden verschiedene Fragen an den Gefangenen gestellt, warum er seine Hütte verbrannt und wohin sich Mohegan zurückgezogen habe, denen jedoch Natty ein beharrliches Stillschweigen entgegensetzte. Endlich erreichte der Sheriff mit seinem Gefolge, ermüdet von den Geschäften des Tages und von der späten nächtlichen Tätigkeit, das Dorf, wo sie sich nach ihren verschiedenen Nachtquartieren zerstreuten, nachdem sie zuvor den alten und anscheinend freundlosen Lederstrumpf im Gefängnis untergebracht hatten.

      XXXIII

       Inhaltsverzeichnis

      Den Stock herbei!

       Du störr’ger alter Schuft, achtbarer Prahler,

       Wir wollen dich belehren.

      Lear

      Die langen Tage und der frühe Aufgang der Sonne im Juli ließen den Neugierigen Zeit, sich zu versammeln, ehe noch die kleine Glocke der Akademie die Stunde ankündigte, wo Gericht über die Übeltäter gehalten und die Strafe über die Schuldigen ausgesprochen werden sollte. Vom frühen Grauen des Morgens an drängten sich auf den Landstraßen und Waldpfaden, die an der Seite des Gebirges sich nach Templeton hinunterschlängelten, Gruppen von Reitern und Fußgängern, die dem Hafen der Gerechtigkeit zusteuerten. Hier sah man einen gutgekleideten Grundbesitzer auf einem dünnschwänzigen Pferd die Landstraße einhertraben, das rote Gesicht auf eine Weise in die Luft geworfen, die sagte: »Ich habe mein Land bezahlt und bekümmere mich um keinen Menschen«, während seine Brust von dem Stolz des Bewußtseins, zu der großen Jury zu gehören, schwoll. An seiner Seite ritt ein Gefährte, der sich wohl ebenso unabhängig fühlen mochte, aber was Besitztum und Ansehen betraf, doch unter dem ersteren stand. Er war ein berüchtigter Prozeßkrämer – ein Mann, dessen Namen jedesmal auf dem Gerichtskalender erschien –, der sein auf den vielfältigen Wegen der veränderlichen Gewohnheiten eines Ansiedlers erworbenes Vermögen den Harpyien der Gerichtshöfe in den Rachen warf, und der sich eben bemühte, dem Großgeschworenen sein Recht in einer Sache, die heute zur Entscheidung kommen sollte, recht klar auseinanderzusetzen. An der Seite dieser beiden befand sich ein Fußgänger mit einem gestreiften Kittel über seinem Hemd und seinem besten Wollhut über dem sonnverbrannten Gesicht, der eben aus seinem Schlupfwinkel in den Wäldern auf einem Fußpfad herausgekommen war und mit den andern gleichen Schritt zu halten suchte, da er im Sinn hatte, als Mitglied der kleinen Jury die Zwistigkeiten seiner Nachbarn mitanzuhören und schlichten zu helfen. Man konnte an diesem Morgen wohl fünfzig ähnliche Gruppen von Landleuten sehen, die sich in gleicher Absicht dem Hauptort zu bewegten.

      Um zehn Uhr waren die Straßen des Dorfes mit geschäftigen Gesichtern erfüllt. Einige sprachen von ihren Privatangelegenheiten, andere horchten auf einen populären Erklärer politischer Glaubenssätze, und noch andere begafften die ausgelegten Vorräte, bewunderten deren Schönheit oder untersuchten Sicheln, Äxte und andere Artikel, die ihre Neugierde erregten. In dem Gedränge befanden sich auch einige Weiber, die meist Kinder bei sich hatten und ihren bäurischen Herren und Gebietern in trägem, schlenderndem Gange folgten. Besonders fiel ein junges Paar in den Flitterwochen des Ehestandes auf; sie gingen in achtungsvoller Entfernung nebeneinander her, während der Jüngling die schüchternen Schritte seiner jungen Frau in galanter Weise mit dem Daumen leitete.

      Beim ersten Schlag der Glocke trat Richard aus der Tür des ›Kühnen Dragoners‹, ein in der Scheide steckendes Schwert in der Hand, das seiner Aussage nach einer seiner Vorfahren bei Cromwells Siegen geführt hatte, und gebot in gebieterischem Ton, für den Gerichtshof Platz zu machen. Dem Befehle wurde augenblicklich, wenn auch nicht sklavisch Folge geleistet, und die Zuschauer nickten vertraulich den Mitgliedern der vorüberziehenden Prozession zu. Eine Abteilung von Konstablern mit ihren Amtsstäben folgte dem Sheriff, und unmittelbar darauf erschien Marmaduke mit vier einfachen, ernst aussehenden Grundeigentümern, seinen Beisitzern, auf der Gerichtsbank. Die untergeordneten Richter unterschieden sich von dem besseren Teil der Zuschauer in nichts als in der Gravität, die sie heute mehr als gewöhnlich zur Schau trugen; auch trug einer von ihnen eine altmodische militärische Uniform mit zwei silbernen Epauletten, die nicht halb so groß wie ein Paar moderner Achselquasten waren, und mit Schößen, die kaum die Mitte der Oberschenkel erreichten. Dieser Gentleman war ein Oberst der Miliz, dazu Mitglied des Kriegsgerichts, der soviel Muße gefunden hatte, sich einen Augenblick seinen militärischen Obliegenheiten zu entziehen, um den Verhandlungen eines Zivilgerichtshofs beizuwohnen; eine so wunderliche Erscheinung erregte jedoch weder Aufmerksamkeit noch Bemerkungen. Drei oder vier reinlich rasierte Rechtsgelehrte folgten so demütig wie Lämmer, die zur Schlachtbank gehen; einer oder zwei davon hatten versucht, sich durch Brillen eine gelehrte Würde zu geben. Den Schluß der Prozession bildete eine weitere Abteilung von Konstablern, und die Menge folgte ihr nach der Halle, wo der Gerichtshof seine Sitzung hielt.

      Das Gebäude bestand aus Wänden von viereckigem Zimmerholze, hin und wieder durch kleine vergitterte Fenster durchbrochen, aus denen einige nachdenkliche Gesichter auf das Gedränge niedersahen. Unter den Gefangenen befanden sich die

Скачать книгу