Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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»Ei, wenn Sie auf das kommen, Squire«, entgegnete der Hausmeister, »London ist kein kleiner Ort. Wenn man es strecken wollte wie eine an einem Fluß liegende Stadt, so könnte man wohl den ganzen See damit einfassen. Damit will ich freilich nicht sagen, daß die Wälder, die wir sehen, nicht weit reichen könnten, zumal man in London fast nichts als Steinkohlen brennt.«
»Nun da wir gerade von den Kohlen sprechen, Richter Temple«, fiel der Sheriff ein, »so habe ich dir etwas sehr Wichtiges mitzuteilen, was ich jedoch bis auf morgen verschieben will. Ich weiß, daß du den östlichen Teil des Patents zu besuchen gedenkst, und da will ich dich begleiten, um dich nach einer Stelle zu führen, wo sich allenfalls einige deiner Pläne verwirklichen lassen. Ich schweige jetzt darüber, weil wir Zuhörer haben; aber ich bin diesen Abend hinter ein Geheimnis gekommen, Duke, das weit folgenreicher für dich werden kann als dein ganzes Besitztum zusammengenommen.«
Marmaduke lachte über diese wichtige Mitteilung, da er schon viele ähnliche hatte anhören müssen; der Sheriff begab sich mit einer ungemein wichtigen Miene, als bemitleide er seinen Vetter wegen seines mangelnden Vertrauens zu seinen großartigen Projekten, an das vor ihm liegende Geschäft. Da der Fischzug ein äußerst mühsamer gewesen, so befahl er dem einen Teil der Mannschaft, die Fische auf Haufen zu werfen, um sie sodann verteilen zu können, während ein anderer unter Benjamins Leitung Vorbereitungen zu einem zweiten Fange traf.
XXIV
Indes vom Rande – schrecklich war es allen –
Drei Schiffer mit dem rüst’gen Bootsmann fallen.
Falconer
Während die Fischer sich anschickten, die Beute gleichförmig zu verteilen, entfernte sich Elisabeth mit ihrer Freundin von der Gruppe, um ein wenig am Ufer des Sees entlangzugehen. Nachdem sie eine Stelle erreicht hatten, wohin selbst das hellste Licht der Flamme nicht mehr reichte, wandten sie sich um und machten einen Augenblick halt, um das geschäftige Treiben der Fischer und das tiefe Dunkel zu betrachten, das wie die Nacht der Vergessenheit die ganze übrige Schöpfung zu umhüllen schien.
»Dies ist in der Tat ein Gegenstand für den Pinsel!« rief Elisabeth. »Betrachten Sie nur die Züge jenes Holzfällers, wie er triumphierend meinem Vetter, dem Sheriff, einen ungewöhnlich großen Fisch überreicht; und sehen Sie, Luise, wie schön und würdevoll mein Vater sich bei dem Licht des Feuers ausnimmt, vor welchem er dem Spiel der Zerstörung zusieht Er scheint melancholisch, als fürchte er bereits jetzt einen Tag der Wiedervergeltung, welcher der Stunde einer solchen Vergeudung folgen wird. Glauben Sie nicht, daß es ein hübsches Gemälde geben würde, Luise?«
»Sie wissen wohl, daß ich mich auf etwas der Art nicht gut verstehe, Miss Temple.«
»Nennen Sie mich bei meinem Taufnamen«, unterbrach sie Elisabeth. »Hier ist kein Ort für solche Förmlichkeiten.«
»Wohlan denn«, versetzte Luise schüchtern, »wenn ich meine Meinung äußern darf, so glaube ich allerdings, daß die Szene sehr malerisch ist. Die selbstsüchtige Wichtigtuerei jenes Kirby mit seinem Fisch würde einen artigen Kontrast bilden mit dem – dem – Ausdruck von Herrn Edwards’ Gesicht Ich weiß nicht wie ich es nennen soll, aber es ist – es – ist – ein – ach, Sie wissen wohl, was ich sagen will, liebe Elisabeth.«
»Sie trauen mir da zuviel zu, Miss Grant«, erwiderte die Erbin. »Ich kann keine Gedanken erraten und verstehe mich ebensowenig auf den Ausdruck von Gesichtern.«
Es lag keine Härte, nicht einmal Kälte in dem Ton dieser Worte, doch setzte er der Unterhaltung ein Ziel, und die beiden Mädchen entfernten sich Arm in Arm und in tiefem Schweigen noch weiter von der Gesellschaft. Elisabeth beendete die peinliche Unterbrechung des Gesprächs, vielleicht weil sie fühlte, daß ihre letzten Worte übel gedeutet werden könnten, vielleicht aber auch, weil eben ein neuer Gegenstand ihrem Auge auffiel.
»Es scheint, nicht nur unser Trupp beschäftigt sich mit dem Fischfang«, begann sie wieder. »Dort drüben auf der andern Seite des Sees zünden gleichfalls Fischer ein Feuer an. Es kommt mir vor, als wäre es gerade vor Lederstrumpfs Hütte.«
Durch die Dunkelheit, die das östliche Gebirge verhüllte, schimmerte ein kleines unsicheres Licht, das sich von Zeit zu Zeit den Blicken entzog und um sein Dasein zu kämpfen schien. Die Mädchen sahen, wie es sich am Ufer abwärts bewegte, als ob es von Menschenhänden getragen würde. Nach einer Weile breitete sich die Flamme allmählich aus und wurde heller, bis sie die Größe eines Menschenkopfs erreichte, und nun fuhr sie ständig fort zu leuchten wie eine feurige Kugel.
Das Zauberhafte dieser Erscheinung, unmittelbar unter dem Gebirge und an diesem abgelegenen und einsamen Platz, verlieh der Schönheit des Anblicks etwas doppelt Anziehendes. Das Feuer hatte keine Ähnlichkeit mit dem großen und unsteten Licht des ihrigen, war heller und glänzender, und blieb sich hinsichtlich des Umfanges immer gleich.
Es gibt Augenblicke, in denen selbst der gebildetste Geist mehr oder weniger den nachteiligen Eindrücken unterworfen ist, welche noch aus den Tagen der Kinderzeit stammen, und Elisabeth lächelte über ihre eigene Schwäche, als sie sich der müßigen Märchen erinnerte, welche auf Lederstrumpfs Kosten unter den Dorfbewohnern in Umlauf waren. Ähnliche Gedanken bemächtigen sich auch ihrer Gefährtin; denn Luise drängte sich in demselben Augenblick näher an ihre Freundin und sprach mit unterdrückter Stimme, während sie einen furchtsamen Blick durch die Büsche und Bäume, die vor ihnen über das Ufer hingen, gleiten ließ.
»Haben Sie je von dem seltsamen Treiben dieses Natty sprechen hören, Miss Temple? Man sagt, er sei in seiner Jugend ein indianischer Krieger gewesen oder habe doch, was das nämliche ist, in Verbindung mit den Wilden gelebt; auch meint man, er habe während der alten Kriege an vielen ihrer Einfälle teilgenommen.«
»Das wäre nicht ganz unwahrscheinlich«, versetzte Elisabeth, »denn viele außer ihm haben das gleiche getan.«
»Wohl, aber ist die Vorsicht, womit er seine Hütte verwahrt, nicht seltsam? Er verläßt sie nie, ohne sie auf eine merkwürdige Weise zu verriegeln, und wenn hin und wieder Kinder oder sogar Männer aus dem Dorf in ihr Schutz gegen die Stürme suchten, so soll er sie schon mit Drohungen fortgejagt haben. Etwas derartiges ist doch sonderbar in diesem Land.«
»Jedenfalls nicht sehr gastfreundlich, aber wir müssen nicht vergessen, welchen Widerwillen er gegen die Gebräuche des zivilisierten Lebens hegt. Sie hörten vor einigen Tagen meinen Vater sagen, wie freundlich er ihn bei seinem ersten Besuch aufgenommen hat.«
Elisabeth hielt inne und lächelte mit einem Ausdruck eigentümlicher Schalkhaftigkeit, obgleich die Dunkelheit ihre Gefährtin den Sinn derselben nicht erraten ließ; dann fuhr sie fort: