Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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»Und damit ist schon viel geschehen«, entgegnete Luise, indem jetzt die Reihe des Lächelns an ihr war. »Aber zweifelsohne wird sich jemand einstellen, der ihr die Leitung solcher Angelegenheiten abnimmt.«
»Es fällt mir nicht ein, dem Ehestand entsagen zu wollen wie ein törichtes Mädchen, das gleichwohl vom Morgen bis in die Nacht an nichts anderes denkt; aber ich bin hier eine Nonne, ohne das Gelübde der Ehelosigkeit abgelegt zu haben; wie sollte ich in diesen öden Wäldern einen Gatten finden?«
»Hier ist keiner, Miss Temple«, sagte Edwards rasch, »der sich vermessen dürfte, um Ihre Hand zu werben, und ich bin überzeugt, daß Sie warten, bis Sie von einem Ihresgleichen aufgesucht werden – oder sterben, wie Sie gelebt haben, geliebt und geachtet von allen, die Sie kennen.«
Der junge Mann schien zu glauben, er habe alles gesagt, was die Galanterie forderte; denn er stand auf, nahm seinen Hut und eilte aus dem Gemach. Luise mochte denken, daß er mehr als nötig gesagt habe; denn sie seufzte mit einem so leisen Atemzug, daß sie es wohl kaum gewahrte, und beugte ihr Antlitz wieder über ihre Arbeit. Möglich, daß Miss Temple noch mehr zu hören gewünscht hätte; denn ihre Augen hafteten noch eine geraume Zeit auf der Tür, durch welche der junge Mann verschwunden war, und wandten sich sodann rasch auf ihre Gefährtin. Das nun folgende lange Stillschweigen bewies, wie sehr die Unterhaltung zweier Mädchen unter achtzehn Jahren durch die Gegenwart eines Jünglings von dreiundzwanzig belebt werden kann.
Die erste Person, welcher Herr Edwards begegnete, als er aus dem Hause stürzte, war der kleine viereckig gebaute Rechtsgelehrte, mit einem großen Aktenbündel unter dem Arm und einer grünen Brille mit Seitengläsern auf der Nase, als wolle er durch diese scharfe Bewaffnung seines Auges seine Fähigkeit, die Hinterlist eines Gegners aufzuspüren, multiplizieren.
Herr Van der School war ein Mann von Bildung, aber langsamer Fassungsgabe, der den Kollisionen mit seinen lebhafteren und fähigeren Kollegen, welche den Grund zu ihrer Geschicklichkeit an den östlichen Gerichtshöfen gelegt und die Verschlagenheit mit der Muttermilch eingesogen hatten, seine Vorsicht im Reden und Tun verdankte. Die Behutsamkeit dieses Herrn sprach sich in letzterer Hinsicht als pedantische Methodik und Pünktlichkeit aus, wobei freilich auch ziemlich viel Schüchternheit mit einfloß, während er in seinen Reden so sehr den parenthetischen Stil beobachtete, daß seine Zuhörer oft lange suchen mußten, bis sie den Sinn seiner Worte fanden.
»Guten Morgen, Herr Van der School«, sagte Edwards. »Es scheint, wir haben heute einen rührigen Tag in dem Herrenhaus.«
»Guten Morgen, Herr Edwards (wenn dies wirklich Ihr Name ist {denn da Sie fremd sind, so haben wir kein anderes Zeugnis für die Tatsache als Ihre eigene Aussage}, wie ich auch bereits dem Richter Temple zu verstehen gegeben), guten Morgen Sir. Augenscheinlich ist’s ein rühriger Tag (aber einem Mann von Ihrer Klugheit braucht man nicht zu sagen {sintemal Sie ohne Zweifel selbst schon diese Entdeckung gemacht haben}, daß der Schein oft trügt), in dem Hause droben.«
»Haben Sie wichtige Papiere, die abgeschrieben werden müssen? Bedarf man in irgendeiner Weise meines Beistandes?«
»Da sind wohl Papiere (wie Sie ohne Zweifel {denn Ihre Augen sind jung} an der Außenseite sehen), welche kopiert werden sollten. –«
»Nun so will ich Sie auf Ihre Schreibstube begleiten und mir das Nötigste herausgeben lassen. Wenn es Eile hat, so soll es bis zum Abend fertig sein.«
»Es wird mich immer freuen, Sir, Sie in meinem Geschäftslokal zu sehen (wie nicht mehr als billig {nicht als ob es mir lieber wäre, einen Mann wie Sie, wenn Sie nicht wollen, in Ihrer eigenen Wohnung, welche, um mich höflich auszudrücken, ein Schloß ist, zu empfangen} sintemal mir jeder Platz gelegen kommt); aber die Papiere sind mir im Vertrauen übergeben (als solche dürfen sie natürlich von niemand gelesen werden), und wenn es nicht (infolge eines feierlichen Befehls von Seiten des Richters Temple) angeordnet wird, so sind sie für alle Augen unsichtbar, – diejenigen ausgenommen, welche durch Obliegenheiten (ich meine gesetzlich übertragene Obliegenheiten) dazu berechtigt sind.«
»Nun, Sir, wie ich bemerke, bedarf man meiner Dienste nicht, und so wünsche ich Ihnen abermals guten Morgen. Ich bitte jedoch, nicht zu vergessen, daß ich gegenwärtig ganz müßig bin, weshalb es mir lieb wäre, wenn Sie dem Richter Temple bedeuteten, daß ich mich anheischig machte, seine Aufträge in irgendeinem Teile der Welt zu besorgen, wenn – wenn – er nicht allzuweit von Templeton liegt.«
»Ich will ihm dies eröffnen, Sir, in Ihrem Namen (mit Ihren eigenen Ausdrücken) als Ihr Agent. Guten Morgen, Sir – aber halten Sie, Herr Edwards (wenn Sie so heißen) nur einen Augenblick. Wünschen Sie, daß ich Ihr Anerbieten vorbringe, in Maßgabe eines zu schließenden Kontrakts (infolgedessen {durch zu bezahlende Vorschüsse} eine Verbindlichkeit eingegangen wird), oder als eine Dienstleistung, für welche (nach später erfolgender Übereinkunft unter den Parteien) nach Lösung der Bedingungen Entschädigung gereicht würde?«
»Mir gleichgültig, mir gleichgültig«, versetzte Edwards. »Er scheint in Sorgen zu sein, und ich möchte ihm Beistand leisten.«
»Der Beweggrund ist gut, Sir (dem Anschein nach {welcher freilich oft trügt} soviel mir vorkommt) und gereicht Ihnen zur Ehre. Ich will Ihres Wunsches erwähnen, junger Gentleman (denn ein solcher scheinen Sie zu sein) und werde (so Gott will) nicht ermangeln, Ihnen um fünf Uhr post meridiem des gegenwärtigen Tages die Antwort mitzuteilen, wenn Sie mir Gelegenheit dazu geben.« Das Ungewisse in Olivers Stellung and Charakter hatte ihn für den Rechtsgelehrten zu einem Gegenstand besonderen Argwohns gemacht, weshalb auch der Jüngling viel zu sehr an solche zweideutigen und behutsamen Reden gewöhnt war, um sich durch dieses Gespräch ärgern zu lassen. Er sah wohl ein, daß der Rechtsgelehrte die Absicht hatte, die Natur seines Geschäftes sogar vor dem Privatsekretär des Richters Temple geheimzuhalten, und wußte zu gut, wie schwierig es war, den Sinn von Herrn Van der Schools Worten zu begreifen, selbst wenn dieser Ehrenmann sich Mühe gab, recht deutlich zu sein, um nicht jeden Gedanken an irgendeinen Aufschluß aufzugeben, zumal er sah, daß der Anwalt sich Mühe gab, alles zu vermeiden, was zu einem verfänglichen Examen führen konnte. Sie trennten sich an der Haustür des Advokaten, und dieser verfügte sich mit wichtigtuender Eile nach seinem Schreibzimmer, indem er die Papiere mit seinem rechten Arm so fest an sich drückte, als gewärtige er in jedem Augenblicke, daß man sie ihm entreißen wolle.
Die Leser müssen bereits bemerkt haben, daß der Jüngling ein ungewöhnliches und tief eingewurzeltes Vorurteil gegen den Charakter des Richters hegte; aber infolge irgendeiner Gegenwirkung waren seine Gefühle jetzt mehr die einer innigen Teilnahme an dem gegenwärtigen Zustand seines Gönners und an der Ursache seiner geheimen Unruhe. Er sah dem Rechtsgelehrten nach, bis sich die Tür hinter ihm und dem geheimnisvollen Paket geschlossen hatte, worauf er langsam nach seiner Wohnung zurückkehrte und seine Neugierde in den gewöhnlichen Obliegenheiten seines Dienstes zu vergessen suchte.
Als der Richter wieder im Kreis seiner Familie erschien, lagerte ein wehmütiger Schatten über seinen sonst heiteren Zügen, welcher viele Tage nicht von seiner Stirn weichen wollte; aber das zauberhafte Fortschreiten der Jahreszeit weckte ihn aus seiner jeweiligen Apathie, und mit dem Sommer kehrte auch sein Lächeln wieder.
Die heißen Tage und das öftere Eintreten erfrischender Regenschauer hatten in unglaublich kurzer Zeit den Wuchs der Pflanzen vollendet, die der zögernde Frühling so lange in der Knospe zurückgehalten hatte, und die Wälder prunkten in allen Schattierungen von Grün, um derentwillen die amerikanischen Wälder so berühmt sind. Die Baumstümpfe auf den Feldern waren bereits unter dem Weizen verborgen, der unter jedem Sommerlüftchen wie Samt in wechselnden