Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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und entsandte sogleich einen Boten, um Dirck Van der School her zu bescheiden.

      Das Dorf Templeton durfte sich des Beistands von nur zwei Rechtsgelehrten erfreuen, von denen wir den einen unseren Lesern bereits in der Wirtsstube ›Zum kühnen Dragoner‹ vorgeführt haben; der andere war der von Richard vertraulicherweise als Dirck oder Dirky Van namhaft gemachte Gentleman. Große Gutmütigkeit, ziemliche Gewandtheit in seinem Fach und, soweit dies bei einem Advokaten möglich ist, ein beträchtlicher Grad von Ehrlichkeit waren die Hauptzüge in dem Charakter dieses Mannes, welcher unter den Ansiedlern als Squire Van der School gekannt war und bisweilen auch durch den schmeichelhaften, obgleich anomalen Titel des ›Holländers‹ oder des ›ehrlichen Advokaten‹ bezeichnet wurde. Wir wünschen jedoch nicht, unserem Leser einen falschen Begriff von irgendeinem unserer Charaktere beizubringen, und sehen uns daher veranlaßt beizufügen, daß das Adjektiv in Herrn Van der Schools Standesbezeichnung in unmittelbarer Beziehung zu seinem Substantiv gemeint war. Wir dürfen unsern orthodoxen Freunden nicht sagen, daß alles Verdienst in der Welt nur beziehungsweise ein solches ist, und wenn wir irgendeinem Charakter Eigenschaften zuschreiben, so ist dies so zu verstehen, daß man dabei auch die Umstände ins Auge zu fassen hat.

      Den Rest des Tages über blieb der Richter mit seinem Vetter und seinem Rechtsfreund eingeschlossen, und niemand hatte Zutritt ins Zimmer als seine Tochter. Marmaduke hatte die tiefe Betrübnis, die ihn augenscheinlich bedrängte, einigermaßen auch Elisabeth mitgeteilt; denn ein kummervoller Blick beschattete ihre schönen Züge, und die Schwungkraft ihres lebensvollen Geistes war merklich gelähmt. Der junge Edwards, der mit Verwunderung Zeuge der plötzlichen Veränderung bei den Hauptgliedern der Familie war, bemerkte sogar, wie sich einmal eine Träne über Miss Temples Wange stahl und ihre leuchtenden Augen mit einer Weichheit übergoß, die gewöhnlich bei ihr nicht zu finden war.

      »Haben Sie schlimme Nachrichten erhalten, Miss Temple?« fragte er mit einer Teilnahme, welche Luise Grant veranlaßte, mit einer Raschheit, über die sie selbst errötete, ihr Antlitz von ihrer Arbeit zu erheben. »Ich würde gerne Ihrem Vater meine Dienste anbieten, wenn er, wie ich vermute, an irgendeinem fernen Orte eines Agenten bedarf, sobald ich hoffen dürfte, daß es zu Ihrer Beruhigung beitrüge.«

      »Wir haben allerdings schlimme Kunde vernommen«, versetzte Elisabeth, »und mein Vater wird wohl für eine Weile die Heimat verlassen müssen, wenn ich ihn nicht überreden kann, das Geschäft meinem Vetter Richard anzuvertrauen, obgleich auch seiner Abreise aus dem Bezirk diesmal Hindernisse im Weg stehen dürften.«

      Der Jüngling schwieg eine Weile, und das Blut stieg langsam nach seinen Schläfen, während er fortfuhr:

      »Wenn das Geschäft von der Art wäre, daß ich es ausführen könnte – – »

      »Es ist ein solches, daß es nur jemand, den wir kennen – nämlich einem von den Unsrigen – anvertraut werden kann.«

      »Ich hoffe, daß Sie mich kennen, Miss Temple«, fügte er mit einer Wärme bei, die er selten an den Tag legte, die aber doch bei ihren früheren Unterredungen nicht ganz ohne Vorgang war. »Habe ich fünf Monate unter ihrem Dach geweilt, um nur als ein Fremder betrachtet werden zu können?«

      Elisabeth war gleichfalls mit ihrer Nadel beschäftigt, und sie beugte ihr Haupt zur Seite, indem sie tat, als ob sie ihr Nähzeug ordne; aber ihre Hand bebte, ihr Antlitz erglühte, und ihre Augen verloren ihre Feuchtigkeit in einem Ausdruck ununterdrückbarer Teilnahme, als sie erwiderte:

      »Aber wieviel wissen wir von Ihnen, Herr Edwards?«

      »Wieviel?« wiederholte der Jüngling, indem er von der Sprecherin auf Luises mildes Antlitz blickte, auf welchem sich gleichfalls Neugierde abmalte. »Wieviel? Bin ich nicht lange genug ihr Hausgenosse gewesen, daß man mich wohl hätte kennenlernen können?«

      Elisabeths Haupt richtete sich langsam aus ihrer erkünstelten Haltung auf, und der Blick der Verwirrung, der sich so lebhaft mit dem Ausdruck der Teilnahme gemischt hatte, ging in ein Lächeln über.

      »Wir kennen Sie allerdings, Sir: Sie nennen sich Oliver Edwards und haben dem Vernehmen nach meiner Freundin Miss Grant mitgeteilt, daß Sie ein Eingeborener seien – –«

      »Elisabeth!« rief Luise, bis über die Schläfe errötend, und wie Espenlaub bebend, »Sie haben mich nicht recht verstanden, liebe Miss Temple; ich – ich – es war nur eine Vermutung von mir. Außerdem – wenn Herr Edwards auch mit den Eingeborenen verwandt ist, warum sollten wir ihm dies zum Vorwurf machen? Worin sind wir besser? Wenigstens ich, die ich nur das Kind eines armen heimatlosen Geistlichen bin.«

      Elisabeth schüttelte mit einem zweifelnden Lächeln ihren Kopf, ohne jedoch etwas zu erwidern, bis sie den wehmütigen Ausdruck gewahrte, der bei dem Gedanken an die Armut und die Mühen ihres Vaters das Antlitz ihrer Gefährtin überflog; dann fuhr sie fort:

      »Nein, Luise, Eure Demut führt Sie zu weit. Die Tochter eines Dieners der Kirche steht hoch genug, um niemand über sich anzuerkennen. Weder ich noch Herr Edwards kann sich ganz zu ihresgleichen zählen, wenn er nicht –« fügte sie abermals lächelnd bei – »im geheimen ein König ist«

      »Ein treuer Diener des Königs der Könige, Miss Temple, ist niemand auf Erden untergeordnet«, sagte Luise, »aber doch gibt es einen Unterschied der Stände, und ich bin nur das Kind eines armen und freundlosen Mannes, das auf keine andere Auszeichnung Anspruch machen kann. Warum sollte ich mich also erhaben über Herrn Edwards fühlen – weil – weil – er in einem sehr entfernten Grade mit John Mohegan verwandt ist?«

      Bedeutungsvolle Blicke wurden zwischen der Erbin und dem jungen Mann gewechselt, als Luise, indem sie seine Abstammung verteidigte, ihr Widerstreben an den Tag legte, ihn mit dem alten Krieger in eine nähere Verbindung zu bringen; aber weder sie noch er erlaubten sich auch nur ein Lächeln über die Einfalt der Predigerstochter. –

      »Wohl erwogen, muß ich zugestehen, daß meine Stellung hier im Hause etwas Zweideutiges hat«, begann Edwards, »obwohl ich sagen darf, daß sie mit meinem Blut erkauft wurde.«

      »Und noch obendrein mit dem Blut eines der eingeborenen Herren dieses Bodens?« rief Elisabeth, welche augenscheinlich seiner Abstammung von den Ureingeborenen nur wenig Glauben schenkte.

      »Sind die Merkmale meiner Abkunft so offen in meinem Äußeren abgedrückt? Meine Haut ist dunkel, aber nicht sonderlich rot, – nicht mehr als gewöhnlich.«

      »Doch, doch – gerade im gegenwärtigen Augenblick.«

      »Ich bin überzeugt, Miss Temple«, rief Luise, »daß Sie Herrn Edwards noch nicht genau ins Auge gefaßt haben. Seine Augen sind nicht so schwarz wie die Mohegans – nicht einmal so wie Ihre eigenen; und ebensowenig ist dies bei seinem Haar der Fall.«

      »Sehr möglich, ich könnte also auf eine gleiche Abkunft Anspruch machen. Auch würde es mir zu einem großen Trost gereichen, wenn ich es tun dürfte, denn ich gestehe, es berührt mich schmerzlich, wenn ich den alten Mohegan in diesen Gegenden umherstreifen sehe wie den Geist eines ihrer alten Besitzer, und wenn ich dabei bedenke, wie wenig statthaft meine Eigentumsrechte sind.«

      »Wirklich?« rief der Jüngling mit einer Heftigkeit, ob der die Damen erschraken.

      »Allerdings«, erwiderte Elisabeth nach einer kurzen Pause, in der sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte. »Aber was kann ich tun? Was kann mein Vater tun? Wenn wir auch dem alten Mann eine Heimat und ein anständiges Auskommen anböten, so würde er es schon um seiner Gewohnheiten willen ausschlagen. Auch könnten wir, wenn wir einen so törichten Wunsch hegten, diese Lichtungen und Meiereien nicht wieder in Jagdgründe verwandeln, wie

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