Auf der Spur der Sklavenjäger. Alexander Röder
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Читать онлайн книгу Auf der Spur der Sklavenjäger - Alexander Röder страница 17
Halef antwortete gerade auf meine erste Anmerkung. „Der Lehrer Lohse geht immer sehr sorgsam mit den Tauben um, und nimmt ihnen stets …“
„Halef, diese Taube ist nicht schlaflos aus dem Käfig gekommen“, erkannte ich und fühlte mich bestätigt, als ich sie ergriff und ihren Herzschlag spürte. „Sie ist erst vor kurzer Zeit hier angekommen.“
Ich griff nach der kleinen Lederkapsel an ihrem Bein und löste sie, schaute hinein. „Hier ist eine Nachricht!“
Rasch öffnete ich den Käfig, setzte die Taube sachte hinein, verschloss das Türchen und eilte mit der Nachricht zum nächsten Feuer, Halef hinterdrein.
Ich entrollte das Papierchen, und darauf stand etwas in Arabisch zu lesen, in einer Handschrift, die deutlich einem Europäer gehörte, der ja eine andere Schreibrichtung gewohnt ist und deshalb auch nach Jahren der Übung einen gewissen eigentümlichen Federstrich nicht verbergen kann, einen Schreibakzent sozusagen. Diese Nachricht stammte also von Lohse, auch über die Tatsache der ihm zugehörigen Tauben hinaus.
Und sie lautete: „Die Spur führt nach Westen.“
Viertes Kapitel
Botschaften und Wegweiser
„Nun“, bemerkte ich, „das ist ja recht vage. Aber immerhin ein Anhaltspunkt.“
Ich drehte das Papierchen in meinen Fingern, um zu schauen, ob nicht noch etwas anderes darauf geschrieben stand, aber die Zeile auf der einen Seite war die gesamte Botschaft. Ich nickte Halef zu. „Ich kann jedoch verstehen, warum Lohse sich so knapp ausdrückt. Falls die Taube und die Nachricht in falsche Hände gerieten, wüsste niemand, auf was sich die Worte beziehen.“ Ich überlegte. „Aber diese Vorsicht Lohses ist auch etwas übertrieben, da die Entführer ja wollen, dass wir sie verfolgen.“
„Das weiß der Lehrer doch nicht“, entgegnete Halef.
„Richtig“, gab ich zu. „Also denn, verkünden wir diesen wichtigen Hinweis den anderen.“
Wir gingen zum Zelt Maleks, in dem Haschim und Sir David zu Gast waren.
Als wir eintraten, schaute Malek mich kritisch an. „Kara Ben Nemsi, nach dem Mahl rauchen wir meinen Tombak aus Bagdad. Der Schischeh ist schon bereitet, und du wirst verstehen, dass ich den silbernen Khedra nicht hervorhole und auch nicht den köstlichen Schiras. Für beides ist nicht der Anlass, denn dies ist keine Feierstunde. Aber ich bitte dich, wenn dir nach Schlichterem zumute ist, kann ich dir auch einen gewöhnlichen Bery aus Kokosschale von einem der Krieger besorgen. Doch bitte rauche hier kein Papier, das ist eine unschöne und würdelose Sitte des Westens.“
Er zeigte auf die Botschaft Lohses, die ich in meinen Fingern zu einer kleinen Röhre aufgerollt hatte, die tatsächlich an eine Zigarette erinnerte.
„Ein Missverständnis, Malek“, erklärte ich. „Mit Genuss werde ich mich Schischah und Tombak hingeben. Dies in meiner Hand ist kein Rauchpapier, sondern eine Nachricht von Lehrer Lohse, dem Mudarris eurer Kinder. Eine seiner Tauben hat sie überbracht.“
Malek klatschte in die Hände. „Gepriesen seien die klugen und nutzbringenden Sitten des Westens, die Vögel sprechen zu lassen. Ich fand es stets seltsam, dass der Mudarris Losa sich mit Tauben abgibt, wo doch der Falke das fliegende Geschöpf ist, welches sich für einen Mann geziemt.“
Malek nickte zu Haschim hin, von dem er wusste, dass er den weißen Falken Manakir besaß. Ich bezweifle aber, dass Haschim diesen je zur Beizjagd nutzte, statt ihn Botschaften überbringen zu lassen, wie ich ja selbst bereits einige aus den Klauen jenes edlen Wesens erhalten hatte. Der weise Haschim hatte aus seinem Falken gewissermaßen eine Taube gemacht, jedoch ohne ihm im übertragenen Sinne Flügel oder Schnabel zu stutzen.
Malek fragte also: „Was hat Mudarris Losa zu berichten? Er war ja ausgezogen, die Spur der Entführer zu finden. Ich zweifle kaum daran, dass es ihm gelungen ist, denn er ist sehr klug. Vielleicht wird er eines Tages kein schlichter Mudarris mehr sein, nicht nur ein Lehrer, sondern ein Ustad, ein Meister!“
„Nun, warten wir ab“, meinte ich. „Aber du hast Recht mit deiner Aussage, Lohse sei klug, denn er hat ja eine Brieftaube mit sich geführt, um jenen wichtigen Hinweis zu senden, wohin die Entführer geritten sind. Wie gut aber, dass ich den jüngst zurückgekehrten Botenvogel entdeckt habe. Wer weiß, ob dies nicht unbemerkt geblieben wäre! So können wir gleich morgen früh aufbrechen!“
„Dann sag uns wohin“, klang Amschas Stimme hinter meinem Rücken auf. Sie hatte gerade das Zelt betreten und baute sich neben mir auf, mit verschränkten Armen.
„Gewiss“, sagte ich rasch, entrollte das Papier und las vor: „Die Spur führt nach Westen.“
Halef nickte in die Runde. „Also nicht zurück nach Dauha, genau wie du erwartet hast, Sihdi.“
„Ich bin froh“, sagte Sir David, „dass sich die Blüten der Windrose somit bis auf eines entblättert …“ Er stutzte. „Nein, das ist kein schönes Bild.“ Er räusperte sich, „Wie gut, dass wir nun den Weg kennen, um die Töchter von Lady Amscha zu finden.“
Haschim ließ die leicht erhobenen Augenbrauen sinken und schaute mich an. „Die Verbrecher haben also erwogen, sich nach Westen zu wenden. Sollten wir annehmen, dass sie diesen Weg weiter verfolgen? Denn dann erreichen sie irgendwann das Meer.“
„Eben dies ist meine Vermutung“, antwortete ich. „Sie wollen zur levantinischen Küste. Dies ist wohl wegen zweier Punkte ihr Plan: Zum einen treiben im östlichen Teil des Mittelländischen Meeres jene abscheulichen Freibeuter ihr Unwesen, die von westlichen Schiffen weiße Frauen rauben. Die Entführer sind Sklavenhändler, die wohl dem toten Schurken Abu Kurbatsch nahestehen oder auch dem gleichsam verstorbenen Youssef al-Fuladhy, welcher der eigentliche Kopf der Bande war. Sie wollen sich Ersatz für jene zunächst bedauernswerten, dann glücklichen Geschöpfe besorgen, die wir in Dauha haben befreien können. Für uns ist der eingeschlagene Weg der Verbrecher auch eine Drohung an uns. Sie könnten Hanneh und Djamila an andere Sklavenhändler verkaufen, worauf sich die Spur verlieren würde – und wir liefen in die Irre.“ Ich blickte Amscha an. „Ich habe dieses mögliche Schicksal deiner Töchter nicht leichtfertig erwähnt, um uns zu erschrecken oder die Dringlichkeit unserer Verfolgung zu betonen. Es ist eine Möglichkeit, doch ich glaube fest daran und bin überzeugt, dass die Sklavenhändler dies nicht tun werden. Im Grunde wollen sie Halef quälen und zu sich locken. Doch sie haben vergessen, dass sie durch dieses Spiel nicht allein Halef bekommen werden, sondern auch uns.“
Sir David reckte sich. „Das wird ihnen kaum schmecken!“
Haschim überlegte. „Ich frage mich, wie viel die Verbrecher über uns wissen. Sie kennen den Namen Halefs; aber sind sie sich dessen gewahr, wer ihm in Dauha geholfen hat? Wir waren durchaus verborgen und auch verkleidet.“
Ich nickte. „Es mag uns helfen, dass sie unsere Zahl überschätzen.“
Halef schaute kritisch. „Das ist aber das Gegenteil von dem üblichen glücklichen Umstand, wenn die Zahl der eigenen Kämpfer vom Gegner unterschätzt wird.“
„Diesmal