Ein Lord wie kein anderer. Inka Loreen Minden

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Ein Lord wie kein anderer - Inka Loreen Minden

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Licht brennen. Manchmal schleicht sie sich nämlich wieder zurück zu mir oder ruft, damit ich sie hole.«

      Emily stellte es sich schön vor, ein solch süßes, kleines Wesen bei sich liegen zu haben, das ihren Schutz suchte und mit ihr kuschelte. Ihr Herz verkrampfte sich schmerzhaft, weil sie das nie mit einem eigenen Kind erleben würde.

      »Und nun zu dir, kleine Lady«, sagte Lizzy sanft und wischte sich schnell über die Augen. »Sei schön lieb zu Mrs Rowland und iss immer brav dein Gemüse auf.«

      Sophia blickte sie nur aus großen Augen an und hielt ihr einen Buchstabenwürfel hin. Als Lizzy ihn nicht nahm, sondern ihr stattdessen einen Kuss auf die Stirn drückte und aufstand, streckte die Kleine die Ärmchen in die Luft und schob ihre Unterlippe vor.

      Samuel und Melissa, Claires Zwillinge, hatten auch mal so süße Patschehändchen besessen. Nun waren sie aber schon richtig groß im Gegensatz zu Sophia. In den ersten Lebensjahren sahen Kinder beinahe jeden Tag ein wenig anders aus. Beim nächsten Besuch bei Claire würde Emily die Kleinen wohl kaum noch erkennen. Sie wuchsen einfach viel zu schnell.

      »Du kannst diesmal leider nicht mitkommen.« Lizzy wandte sich schnell von dem Mädchen ab und blinzelte neue Tränen aus den Augen. Der Abschied fiel ihr sichtlich schwer, was Emily nicht verwunderte, denn die junge Frau hatte beinahe ein Jahr lang Tag und Nacht mit dem Kind verbracht. Emily vermisste Melissa und Samuel ebenfalls.

      Zittrig lächelte Lizzy sie an. »Das süße Engelchen wird mir schrecklich fehlen. Bitte geben Sie gut auf sie acht, Mrs Rowland.«

      »Das verspreche ich«, sagte Emily und blickte Lizzy nach, wie sie aus dem Zimmer eilte. Im Flur redete sie mit jemandem, und sie glaubte, die Stimme von Henry zu hören, der sagte: »Ich nehme deine Tasche …«

      Emily atmete tief durch und hoffte, dass sie der Aufgabe wirklich gewachsen war. Damit meinte sie nicht nur die Versorgung des Kindes, sondern vor allem mit Daniel unter einem Dach zu wohnen. Hoffentlich verliebte sie sich nicht wieder rettungslos in ihn. Vermutlich würde das jedoch eher nicht passieren. Edward hatte ihr gezeigt, dass sich hinter einer schönen Fassade etwas Fauliges verstecken konnte. Darauf wollte sie nie mehr hereinfallen.

      Kapitel 5 – Das neue Kindermädchen

      Daniel hatte, wie so oft im letzten Jahr, unruhig geschlafen und war bereits aufgestanden, als Emily mit einem Zweispänner vor seiner Villa ankam. Er beobachtete sie, verborgen hinter dem Vorhang, und trat nur einmal kurz zurück, als sie den Kopf in den Nacken legte, um unter ihrem Hut zu ihm aufzusehen. Sie konnte ihn jedoch unmöglich bemerkt haben. Dennoch flatterte sein Magen.

      Sie trug, wie schon bei ihrem letzten Besuch, ein gerade geschnittenes Kleid mit einer hohen Taille – diesmal in Pastellblau mit Blümchenmuster, soweit er das erkennen konnte. Der Ausschnitt war gerade so tief, um zu erahnen, welch wohlgeformte Brüste sie besaß. Darüber hatte sie eine kurze, eng anliegende Jacke an, die farblich zu ihrem Kleid passte.

      Hatte sie sich bewusst nicht für weißen Stoff entschieden? Weiß galt als Zeichen von Reichtum – mit dem eine Nanny gewiss nicht gesegnet war. Mit ihrem ernsten Gesichtsausdruck und ihrer steifen Haltung wirkte sie jedoch eher wie eine Gouvernante aus gutem Hause.

      Obwohl sie außerordentlich züchtig angezogen war, erregte ihn ihr Auftreten. Ob sie unter ihrer braven Kleidung immer noch so wild und gleichzeitig zutraulich war wie als kleines Mädchen? Seine Kehle wurde plötzlich trocken, und am liebsten wäre er nach unten geeilt, um Emily in sein von der Nacht zerwühltes Bett zu holen.

      Hastig wich er zurück, weil ihn seine unanständigen Gedanken schockierten, und machte zwanzig Liegestütze, bevor er sich fertig anzog. Sein Butler Smithers hatte ihm wie an jedem Morgen im Ankleidezimmer frische Kleidung und sein Rasierzeug bereitgelegt. Normalerweise wäre das die Aufgabe eines Kammerdieners, aber Daniel beschäftigte keinen Valet. Seit er auf der Militärakademie gewesen war, rasierte er sich selbst und zog sich auch eigenständig an.

      Er beeilte sich, um rechtzeitig in die Eingangshalle zu gelangen, um sich von seiner bisherigen Nanny zu verabschieden. Lizzy Brooks hatte seine Tochter hervorragend erzogen, und Daniel hatte nichts an ihr auszusetzen gehabt. Hoffentlich machte Emily den Job genauso gut. Er wollte sie nur ungern entlassen.

      Nachdem Lizzy gegangen war, beschloss er, gleich einmal nach Emily zu sehen. Daniel nahm immer zwei Stufen auf einmal, bis er im Dachgeschoss ankam. Die Tür zum Kinderzimmer war nur angelehnt, weshalb Emilys Stimme sowie das leise Quengeln seiner Tochter an seine Ohren drangen.

      »Ich weiß, dass du Lizzy schrecklich vermissen wirst«, sagte Em liebevoll, »aber wir beide werden bestimmt auch gut miteinander auskommen. Weißt du, dass wir sogar etwas gemeinsam haben?«

      Daniel lugte durch den Spalt, wobei er aufpasste, dass ihn keines der Hausmädchen erwischte, wie er spionierte. Doch die meisten waren jetzt damit beschäftigt, die Zimmer herzurichten, zu putzen oder seiner Köchin zu helfen.

      Emily saß auf einem kleinen Kinderstuhl und zog Sophia auf ihren Schoß. In der Hand hielt sie ein ramponiert aussehendes Buch. Dafür sah Emily alles andere als derangiert aus. Sie hatte ihre Haare akkurat hochgesteckt, und einzelne Löckchen umrahmten ihr herzförmiges Gesicht.

      Daniel blieb bei ihrem Anblick beinahe die Luft weg. Sie kam ihm noch schöner vor als bei ihrer letzten Begegnung. Wahrscheinlich, weil sie nun nicht so verbissen schaute, sondern geradezu von einem inneren Leuchten erfüllt war.

      Emily schlug das Buch vor Sophias Gesicht mit einer Hand auf. »Nimbles Abenteuer habe ich als Kind geliebt.« Ein süßes Lächeln huschte über ihre rosigen Lippen, woraufhin es in Daniels Magen heftig kribbelte. »Ich lese dir ein Stück daraus vor.«

      Aufmerksam hörte er ihrer sanften Stimme zu, als sie zu erzählen begann: »Wie alle anderen neugeborenen Tiere, egal ob sie vom Menschen oder einer anderen Spezies abstammen, konnte ich mich nicht daran erinnern, was während meiner ersten Lebenstage geschah. Das Erste, woran ich mich erinnern kann, war, dass meine Mutter mich und meine drei Brüder, die alle im selben Nest lagen, mit folgenden Worten ansprach …«

      Sophia schien angestrengt zu lauschen, obwohl sie bestimmt noch nicht alles verstand, und kuschelte sich mit dem Kopf an Emilys Brust. Dort spielte sie mit einer Schleife von Emilys Kleid.

      Em küsste sie auf den Scheitel und lächelte.

      Eine plötzliche Wärme flutete Daniels Brust, und er wich schnell einen Schritt in den Schatten des Flures zurück, ohne Emily aus den Augen zu lassen. Sie auf solch vertraute Weise zusammen mit seinem Kind zu sehen, verwirrte ihn. Am liebsten wollte er sich auf genau solch einem kleinen Stuhl zu ihnen setzen, um Emily zuzuhören und zu sehen, wie seine Tochter weiterhin auf sie reagierte. Doch er pflegte nur wenig Kontakt zu Sophia, auch wenn seine Frau immer darauf bestanden hatte, sich so viel wie möglich mit ihren zukünftigen Kindern zu beschäftigen. Allerdings scheute er keine Kosten, damit es Sophia an nichts fehlte. Er hatte die alten Kindermöbel, die noch von seinem Vater stammten, gegen neue ausgetauscht, ihr ein riesiges Puppenhaus mit Einrichtungsgegenständen anfertigen lassen, das doppelt so groß war wie Sophia selbst, und einen kleinen, mit Leder bezogenen Stuhl samt Tisch, der zu einem Hochstuhl umfunktioniert werden konnte. Er hatte aber auch einen einfacheren Hochstuhl gekauft, der an einem Tisch in Emilys Zimmer stand. Dort hatten Lizzy und Sophia immer gegessen.

      Lizzy war mit seiner Tochter viel hier oben allein gewesen, wenn sie nicht gerade draußen spazieren gegangen waren. Dann hatte Daniel darauf bestanden, dass sie zu ihrer Sicherheit zusätzlich Henry mitnahm. Bestimmt würde sein Diener die junge Frau vermissen. Die beiden hatten sich gut verstanden.

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