Ein Lord wie kein anderer. Inka Loreen Minden
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Er drückte ein letztes Mal ihre zarten Finger, stand auf und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. »Du bist eingestellt und kannst gleich nächsten Montag anfangen.«
Erst teilten sich vor Erstaunen ihre Lippen, doch dann lächelte sie aus vollem Herzen, als könnte sie ihr Glück kaum fassen. »Danke, Daniel, du bist der Beste!« Da drückte sie sich die Hand an die Brust und sagte erschrocken: »Ich meinte … Lord Hastings!«
»Bitte nenn mich Daniel«, murmelte er rau. »Wenigstens, wenn wir unter uns sind.« Er musste verrückt sein, ihr diese vertraute Anrede anzubieten, aber alles andere fühlte sich falsch an. Er wollte Emily helfen, und vielleicht ergab sich die Möglichkeit, einen neuen Mann für sie zu finden, einen, der kein Spieler war und ihr ein sicheres Leben bieten konnte. Daniel hatte da auch schon jemanden im Auge.
Er verkniff sich ein Schmunzeln, weil er sich beinahe wie seine Mutter verhielt, die alte Kupplerin. Zuerst wollte er ohnehin sehen, wie Emily mit seiner Tochter umgehen konnte, und um ehrlich zu sein, war er froh, dass sie sich bei ihm beworben hatte. Alle anderen Kindermädchen wären auf keinen Fall in Frage gekommen.
Es würde wohl eine Weile dauern, bis er eine gute Nanny auftreiben konnte. Die Zeit würde er also nutzen, um seiner Freundin aus Kindheitstagen zu neuem Glück zu verhelfen. Tatsächlich freute sich Daniel auf diese Aufgabe, denn die würde ein bisschen Abwechslung in sein trostloses Arbeitsleben bringen. Die Verwaltung seiner Ländereien langweilte ihn, auch wenn sie sein Einkommen sicherte, und auf einer Soiree oder auf sonstigen Veranstaltungen hatte er sich nach Imogens tragischem Tod kaum noch blicken lassen. Immerhin wurde es auch für ihn langsam Zeit, sich nach einer neuen Frau umzusehen. Er arbeitete schließlich nicht so viel, um sowohl sein Vermögen als auch seinen Titel einmal mit ins Grab zu nehmen – beziehungsweise seinem phlegmatischen Cousin zu überlassen.
Daniel wusste nicht, ob er seine Gattin wirklich von ganzem Herzen geliebt hatte, aber er vermisste sie, genau wie ihren klugen Verstand und die gemeinsamen Gespräche zu den Mahlzeiten. Imogen war wie eine Freundin für ihn gewesen, wie ein guter Kamerad, der ihn viele Jahre lang treu und zuverlässig begleitet hatte. Sie hatten sich gegenseitig respektiert und es hatte so gut wie nie Streit zwischen ihnen gegeben. Das konnten nicht viele Paare von sich behaupten, deren Ehen von den Eltern arrangiert worden waren.
Vielleicht fand er ja in Emily eine neue Gesprächspartnerin. Früher hatten sie sich schließlich auch über alles unterhalten können. Womöglich hatte ihm der Himmel Emily geschickt – oder der Geist seiner Imogen – damit er endlich aus seinem Schneckenhaus kroch.
Kapitel 4 – Abschied von Claire
»Weiß der Earl, dass du vermutest, Edward könne seinen Titel gefälscht haben und gar kein echter Adliger gewesen sein?«, fragte ihre Freundin Claire leise, als sie gemeinsam die Treppen nach unten in die kleine Eingangshalle schritten. Emilys Tasche mit ihren wenigen Habseligkeiten befand sich bereits in der Kutsche, die mit Claires Fahrer auf der Straße wartete, um sie nach Mayfair zu Daniel zu bringen.
Ihr Herz bebte und sie flüsterte aufgeregt: »Er darf niemals davon erfahren! Keiner darf das.«
Ihr war es einerseits schrecklich peinlich, einem Betrüger aufgesessen und so tief gefallen zu sein. Andererseits wollte sie ihre Eltern, die diese Ehe arrangiert hatten, post mortem nicht entehren. Emily wollte einfach nur alles vergessen und nicht erkannt werden, um nie wieder an Edward und die Schmach erinnert zu werden.
Claire drückte kurz ihre Hand. »Dein Geheimnis wird auf ewig bei Kenneth und mir sicher sein.«
Emily vertraute Claires Gatten. Er war ein fleißiger, ehrlicher Geschäftsmann, der seine Frau vergötterte, und er sah Claire immer mit dieser besonderen Wärme in seinem Blick an. Emily fand es schade, dass die beiden nur so wenig Zeit miteinander verbringen konnten, denn er hielt sich fast jeden Tag viele Stunden am Hafen auf. Ihm gehörte eine große Reederei an der Themse, nicht weit weg von diesem Stadtteil, denn die Schifffahrt florierte wie nie. Kenneth verdiente sehr gut, auf Kosten seiner Freizeit, weshalb es Emily plötzlich noch schwerer fiel, ihre Freundin zu verlassen. »Du wirst den ganzen Tag allein sein.«
Claire grinste. »Ich habe die Kinder, Nanny Florence und meine Eltern. Außerdem kann ich Kenneth’ oder meine nervige Schwester zum Tee einladen, falls mir wirklich einmal die Decke auf den Kopf fallen sollte. Nun geh endlich!« Sie zerrte Emily regelrecht an der Hand durch die Halle zum Ausgang. »Und dass du mir jede Woche schreibst!«
Fast die halbe Nacht hatten sie zusammengesessen und über Daniel geredet. Claire wusste natürlich, wie verliebt Emily als kleines Mädchen in ihn gewesen war und dass auch bei ihrem Wiedersehen ihr Herz schneller geschlagen hatte. Nun erhoffte sich Claire eine spannende, verbotene und leidenschaftliche Liebesgeschichte. Sie hatte einfach zu viele Romane gelesen.
Kaum trat Emily nach draußen, holte sie tief Luft. Es war früh am Morgen und ein wenig kühl; die Sonne hatte sich noch nicht über die Dächer erhoben. Emily fror jedoch nicht, denn sie war so aufgeregt, als würde ihr eine lange Reise bevorstehen, und allein bei dem Gedanken an Daniel wurde ihr heiß. Seine Stadtvilla lag nur eine halbe Fahrstunde entfernt. Zu Fuß wäre sie vielleicht genauso schnell bei ihm, denn die Markthändler, die früh unterwegs waren, verstopften die Straßen in diesem eleganten Bezirk. In Covent Garden kaufte Kenneth auch seine Waren für die Ausstattung der Schiffe und er hatte es nicht so weit bis zu seiner Reederei, weshalb sie sich hier niedergelassen hatten. Emily gefiel dieser Stadtteil und sie liebte es, durch die Reihen der Marktstände zu schlendern. Das würde sie vermissen. »Ich werde natürlich bei euch vorbeisehen, so oft ich kann.«
Vor der kleinen Kutsche – einem Einspänner, mit dem Claire und sie Ausflüge in den St. James’s Park unternommen hatten – umarmte sie ihre Freundin fest und steckte ihre Nase in die ordentlich hochgesteckten, goldenen Locken. Claire sah aus wie ein Engel, das hatte sie schon, als Emily sie vor über zwanzig Jahren kennengelernt hatte. Als Daniel einmal wieder zurück nach Oxford gemusst hatte, war Emily auf dem schmalen Pfad hinter den Reihenhäusern entlang marschiert, vorbei an all den kleinen Gärten, bis ihr plötzlich glockenreiner Gesang entgegenwehte. Fast ganz am Ende der Straße, im Garten des vorletzten Hauses, saß ein kleiner Engel auf einer Schaukel, die an einem dicken Ast eines alten Pflaumenbaumes angebracht war.
Fasziniert beobachtete Emily ein Mädchen, nur ein wenig jünger als sie selbst, durch das hohe, vergitterte Gartentor, bis sie bemerkt wurde. Damit begann eine wunderbare Freundschaft. Claire war die zweite Tochter eines Kaufmannes, der in London Berühmtheit mit seinem feinen Porzellan erlangt hatte. Da damals sowohl ihre als auch Emilys Eltern im Viertel sehr angesehene Leute gewesen waren, hatte niemand etwas gegen ihren Umgang gehabt und sie hatten sich so oft wie möglich getroffen. Während Claires Eltern immer noch in dem schmalen Reihenhaus wohnten, lebte Claire nun mit ihrem Mann Kenneth Bloombury in einem größeren Haus in der Nähe des Covent Garden Market.
Oft wünschte Emily, ihre Eltern würden noch leben, dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Wenigstens die Briefe an Claire hatten ihr während der schrecklichen Jahre mit Edward geholfen, nicht die Hoffnung zu verlieren. Im Laufe ihrer Ehe hatte ihr Edward unfreiwillig einige seiner »Sünden« offenbart – wie die Geschichte mit seinem Adelstitel.
Weißt