Mecklenburgische Seenplatte Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht
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Nachdem die Linie Gunzelins 1358 ausgestorben war, kaufte Albrecht II. (1318-1379), ein Nachfahre Niklots, die Stadt zurück, die damit wieder in den Besitz der mecklenburgischen Fürsten fiel. Eine erste Blüte erlebte Schwerin unter Herzog Johann Albrecht I. (1525-1576), der - ganz im Stil eines Renaissancefürsten - Kunst, Kultur und Wissenschaft um sich scharte. Johann Albrecht ließ das Schloss, damals kaum mehr als eine einfache Burg, zu einem repräsentativen Renaissancebau umgestalten und führte Schwerin dem lutherischen Glauben zu. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ in ganz Mecklenburg tiefe Spuren, hinzu kamen eine Pestepidemie und in Schwerin im Jahr 1651 ein verheerender Großbrand, der die wenigen vom Krieg verschonten Häuser der Stadt vollends zerstörte. Einen weiteren Rückschlag erlebte Schwerin Mitte des 18. Jh., als die Residenz Stück für Stück nach Ludwigslust verlegt wurde.
Erst 1837 kehrte die Macht an den Schweriner See zurück. Im Gepäck hatte Großherzog Paul Friedrich (1800-1842) ambitionierte städtebauliche Pläne und einen Mann, der sie realisieren sollte: Georg Adolph Demmler, Schüler des berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel und seit 1835 Hofbaumeister des Herzogtums. Unter seiner Ägide entstand eine Vielzahl repräsentativer öffentlicher Gebäude, die noch immer das Stadtbild prägen, darunter der Marstall und das Kollegienhaus, heute Sitz der Staatskanzlei. Sein Meisterwerk war der Umbau des alten Schlosses, den er ab 1843 in Angriff nahm.
Zuvor waren bereits städtebauliche Erweiterungen erfolgt, v. a. mit dem Anschluss der Schelfstadt, dem Gebiet nördlich der Altstadt, im Jahr 1832. Hier gab es bereits ab dem 11. Jh. eine Fischersiedlung, die Anfang des 18. Jh. auf herzogliche Anweisung zur eigenen Stadt ausgebaut wurde. Im 19. Jh. wurde Schwerin mit der Paulsstadt nach
Mehr als nur der Architekt Schwerins - Georg Adolph Demmler
Der 1804 in Berlin geborene spätere Hofbaumeister Mecklenburgs machte nicht nur als Architekt von sich reden. Seit seinen Studientagen war er Freimaurer. Demmler engagierte sich schon früh in den liberal-demokratischen Zirkeln Schwerins und forderte eine Verfassung für das Fürstentum, die aber bis 1919 auf sich warten ließ. Ungewöhnlich für einen Liberalen des 19. Jh. war sein Eintreten für die Arbeiterschaft - etwa die Initiative für die Einrichtung einer Kranken- und Unfallversicherung für die Arbeiter des Schlosses oder sein Einsatz für eine Erhöhung der Bezüge von Handwerksgesellen.
Seine politischen Überzeugungen bescherten ihm 1850 jedoch das vorzeitige Ende der Karriere. Der Hof verbat sich seine Einflussnahme und beschied Demmler, er habe „sich fortan von politischem Treiben fern zu halten und sich zu freuen (...), dass der Betrieb der Politik zu seinem Berufe nicht gehöre.“ Den Knebel ließ sich Demmler nicht anlegen, er trat von seinem Amt zurück. Nach ein paar Jahren im Ausland kehrte er nach Schwerin und in die Politik zurück. Er wandte sich der Sozialdemokratie zu und wurde 1877 in den Reichstag gewählt, zog sich aber bereits 1878 von der öffentlichen Bühne zurück. Die Sozialdemokratie unterstützte Demmler bis zu seinem Tod am 2. Januar 1886.
Nordwesten erweitert, ebenso wurde das Pfaffenteichufer bebaut. Von der Reichsgründung 1871 bis zum Ersten Weltkrieg erlebte die Stadt einen anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Schwerins Zeit als Residenzhauptstadt endete 1918, als der letzte Großherzog, Friedrich Franz IV., im Zuge der Novemberrevolution abdanken musste.
Das prächtige Schloss samt Schlosspark
Im Zweiten Weltkrieg blieb die Schweriner Innenstadt von den alliierten Bombardements relativ verschont. Am 2. Mai 1945 wurde die Stadt von amerikanischen Truppen befreit, nur wenige Stunden zuvor war noch ein letztes Opfer des NS-Regimes am Bahnhofsplatz gehängt worden: die Lehrerin Marianne Grunthal, deren Namen der Platz heute trägt. Innerhalb weniger Wochen wurden die Amerikaner von englischen Truppen und diese bald von sowjetischen Truppen abgelöst. Als Bezirkshauptstadt in der DDR erlebte Schwerin erneut eine rege Bautätigkeit; so ließen der Ausbau der Weststadt und der Neubau der Stadtteile Lankow und Großer Dreesch die Einwohnerzahl erstmals auf über 100.000 steigen. 1990 einigte man sich auf Schwerin als Hauptstadt des neuen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Heute ist Schwerin die kleinste Landeshauptstadt Deutschlands.
Derzeit bewirbt sich Schwerin um eine Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe. Genauer gesagt soll die einzigartige romantische Kulturlandschaft rund um das Märchenschloss auf der Insel Weltkulturerbe werden, einschließlich des Gebäudeensembles Alter Garten mit Staatstheater und des Staatlichen Museums vis-à-vis und natürlich des herrlichen Schlossparks (u. a.). Das „Residenzensemble Schwerin - Kulturlandschaft des romantischen Historismus“ steht bereits auf der Vorschlagsliste.
Sehenswertes in Schwerin
Hauptanziehungspunkt ist natürlich das prächtige Schweriner Schloss mit seinen repräsentativen Räumlichkeiten - ohne Schlossbesichtigung bleibt ein Schwerin-Besuch unvollständig. Über die Schlossbrücke kommt man zum wenige Meter entfernten Alten Garten, der von Staatstheater, Galerie Alte & Neue Meister und Kollegienhaus umrahmt wird. Auf der Schlossstraße gelangt man von hier - entlang diverser klassizistischer Repräsentativbauten, in denen heute die Landesregierung logiert - zum hektisch-modernen Marienplatz im Herzen der Innenstadt. Auf halbem Weg rechts ab geht es über die Puschkinstraße zum Marktplatz, hinter dem der Dom der Stadt unmittelbar aufragt. Von dieser beschaulichen Ecke Schwerins erreicht man in wenigen Minuten (z. B. weiter über die Puschkinstraße) die Schelfstadt. Nur einen Katzensprung weiter westlich liegt der Pfaffenteich, Schwerins „Binnenalster“. Auch hier am städtischen See reihen sich zahlreiche historische Repräsentativbauten, an seinem Südufer laden eine riesige Freitreppe und diverse Cafés zur Rast ein.
Schloss und Schlossgarten
Schloss: Ein imposantes Bauwerk, das sich auf einer winzigen Insel wie aus dem Wasser zu erheben scheint. Unzählige Türmchen und Aufbauten lassen an die Schlösser an der Loire denken, und in der Tat fühlte sich Georg Adolph Demmler (1804-1886), der wichtigste Baumeister des Schweriner Schlosses, vom Château Chambord im Loire-Tal inspiriert, wenn auch einige Jahrhunderte nach der Erbauung des prächtigen französischen Renaissanceschlosses.
Über eine Befestigung der heutigen Burginsel berichtete bereits im Jahr 973 ein arabischer Kaufmann namens Ibrahim ibn Jacub. Anfang des 11. Jh. ist von der Burg „Zuarin“ des Obotritenfürsten Niklot die Rede, die 1160 durch den Sachsen Heinrich den Löwen (1129-1195) eingenommen und zur ersten Residenz der Grafschaft Schwerin erkoren wurde. Es folgten erste Ausbauten auf der Burginsel, bis Herzog Johann Albrecht I. (1525-1576) im 16. Jh. das Bauwerk anlässlich seiner Hochzeit in weiten Teilen im Renaissancestil umgestalten ließ. 1560-1563 wurde die Schlosskirche angebaut, seinerzeit der erste protestantische Kirchenneubau in Mecklenburg. Dann aber ging es abwärts: 1756 verließen die Fürsten Schwerin und errichteten sich eine Residenz im etwa 40 Kilometer südlich gelegenen Ludwigslust. Als sie 1837 wieder zurückkehrten, war das