Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann страница 40

Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann Die Totenbändiger - Die gesamte Staffel

Скачать книгу

Aufspringen war nicht drin. Sein Körper ließ ihn nicht. Der fand es schon bloß semigut, als Cam sich mühsam aufsetzte. Dumpfe Kopfschmerzen pochten gegen seine Schläfen und ihm wurde wieder schwummrig. Ächzend lehnte er sich an die Wand.

      »Hier. Trink was. Dann wird es besser.« Jules drückte ihm eine Wasserflasche in die Hand.

      »Danke.« Cam musste husten. Seine Kehle war völlig ausgetrocknet.

      Er trank ein paar Schlucke, doch die blöde Flasche schien ungefähr drei Tonnen zu wiegen und seine Hand begann zu zittern. Genervt ließ er den Arm sinken und sah zu Jules, der auf der Bettkante hockte und ihn nicht aus den Augen ließ.

      »Warum bist du hier?«

      »Ich war auf dem Klo und hab dich keuchen und stöhnen gehört.«

      Cam hob eine Augenbraue. »Und dann kommst du einfach so in mein Zimmer? Ich hätte ja immerhin auch … was Privates machen können.«

      Jules grinste. »Wenn du Spaß mit dir selbst oder den Traum aller Träume gehabt hättest, hätte sich das anders angehört. Hoffe ich zumindest. Ansonsten wäre das nämlich kein Spaß, sondern Verzweiflung.«

      Cam verzog das Gesicht. »Okay, Themawechsel.«

      »Hey, du hast damit angefangen.« Jules grinste noch immer, wurde dann aber ernster. »Warum hast du so mies geschlafen?« Er rutschte zu Cam aufs Bett und lehnte sich neben ihm gegen die Wand. »Wegen Topher? Oder machst du dir Sorgen wegen der Leichen, die Gabe, Sky und Connor heute gefunden haben?«

      Wie schon beim Abendessen spürte Cam auch jetzt plötzlich wieder dieses ungute Ziehen in sich. Er hatte keine Ahnung, wo es herkam, oder was es bedeutete, aber seit er von diesen neuen Leichen wusste, fühlte es sich so an, als würde etwas Schlimmes bevorstehen. Etwas, das viel größer und furchteinflößender war, als die Vorstellung, ein irrer Massenmörder könnte ihn nach dreizehn Jahren doch noch in die Finger bekommen.

      Und das machte ihm eine Scheißangst.

      Er wollte niemand mit seltsamen Vorahnungen sein. Es gab im Moment schon mehr als genug Spinner, die den Weltuntergang prophezeiten. Granny hatte ihnen erzählt, dass die in jedem Unheiligen Jahr auftauchten. Manche waren bloß miese Betrüger, die die Angst der Menschen ausnutzten und ihnen mit teuren Schutzamuletten und Seminaren zur Stärkung von Körper, Geist und Seele oder der Reinigung von Haus und Grundstück das Geld aus den Taschen ziehen wollten.

      Andere waren verwirrte Fanatiker, die sich mit Gleichgesinnten in irgendwelche unheilvollen Visionen hineinsteigerten und dann völlig irre Dinge taten. Wie einen Massenselbstmord, zum Beispiel. Einen davon hatte es in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts gar nicht weit von ihrem Haus im Wald vom Hampstead Heath gegeben. Eine Gruppe Menschen war ihrem verblendeten Anführer gefolgt und hatte sich gemeinsam mit ihm vergiftet, in dem Glauben mit ihrem Opfer die böse Macht hinter den Geistern besänftigen und die Menschheit so für immer von den Seelenlosen befreien zu können.

      Wie für den Großteil der Bevölkerung waren auch für Cam solche Vorstellungen Unsinn. Es gab keine böse Macht hinter den Seelenlosen. Geister entstanden, wenn jemand plötzlich und gewaltsam starb. Genauso wie Leben entstand, wenn Frau und Mann zum richtigen Zeitpunkt Sex miteinander hatten. Dahinter steckten weder gute noch böse Mächte. Es gehörte einfach zum Lauf der Natur.

      Das war alles.

      Völlig rational.

      Warum fühlte es sich bei diesen verdammten Leichen dann so anders an?

      Cam wollte niemand sein, der an irgendwelche Mächte glaubte. Er war nicht einer von diesen Spinnern.

      Seine Mitmenschen taten sich selbst und einander schon genug schreckliche Dinge an. Da brauchte es nicht zusätzlich noch irgendetwas Übernatürliches, das im Verborgenen das ultimativ Böse plante.

      Trotzdem fühlte es sich gerade genau so an.

      Und das Schlimmste daran war: Es fühlte sich so an, als wäre er – Cam – ein Teil davon, weil er damals in diesem verdammten Keller gewesen war.

      »Hey, alles okay?«

      Cam fuhr zusammen, als sich Jules’ Hand über seine legte, die sich so fest um die Wasserflasche gekrallt hatte, dass sie zitterte. Erschrocken lockerte er seine Finger und ließ Jules die Flasche nehmen.

      Der musterte ihn besorgt. »Was ist los? War das noch eine Nachwirkung der Schlafstarre?«

      Cam spürte, wie heftig sein Herz plötzlich wieder gegen seine Rippen schlug, doch er wollte nicht, dass Jules es merkte. Er mochte den Blick nicht, mit dem er ihn ansah, deshalb atmete er tief durch und zuckte bloß möglichst unverfänglich mit den Schultern.

      »Ja, wahrscheinlich.«

      »Du weißt, dass Dad dir ein Schlafmittel geben kann.«

      »Nein. Ich will keine Drogen schlucken.«

      Jules schnaubte. »Himmel, du tust gerade so, als würde dich ein Schlafmittel zum Junkie machen.«

      »Tut es ja vielleicht auch. Das Zeug kann abhängig machen.«

      »Klar«, gab Jules sarkastisch zurück. »Weil Dad das ja auch garantiert zulassen würde.«

      »Ich brauche so ein Zeug trotzdem nicht. Ich komme alleine damit klar. Das bin ich schon immer. Im Unheiligen Jahr ist es jetzt halt nur ein bisschen anstrengender. Aber ich schaffe das trotzdem. Ohne irgendwelche Pillen.«

      Jules rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf. »Manchmal bist du ein echt dämlicher Dickschädel.«

      Cam tat das bloß mit einem weiteren Schulterzucken ab und nahm sich die Wasserflasche zurück.

      Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, während Cam sein Wasser trank, doch schließlich rang er sich ein Lächeln ab und brach die Stille. »Du kannst ruhig wieder schlafen gehen. Mir geht es gut. Und immerhin haben wir morgen Schule. Da sollten wir wohl besser nicht die Nacht durchmachen.«

      Er grinste halbherzig und Jules bedachte ihn mit einem schiefen Blick.

      »Ist das ein Rausschmiss?«

      »Yep. Aber ein freundlicher, nett gemeinter. Damit du morgen fit bist.«

      »Du bist zu gut zu mir.« Jules rutschte zur Bettkante und stand auf. »Was ist mit dir? Sicher, dass du schon wieder schlafen kannst?«

      »Ich komme –«

      »– schon klar«, beendete Jules den Satz mit einem Seufzen. »Ja, ich weiß. Schlaf gut, Cam.«

      Er wandte sich zum Gehen und Cam verbat sich den Gedanken daran, wie viel besser er sich fühlen würde, wenn Jules hierbleiben und bei ihm schlafen würde. Doch das waren nur Wunschträume, die zu sehr wehtaten, wenn er sie wirklich zuließ. Deshalb verscheuchte er den Gedanken daran lieber schnell wieder.

      Aber selbst wenn Jules für ihn nicht mehr sein konnte, war er sein bester Freund und den wollte er auf keinen Fall verlieren. Und es fühlte sich falsch an, ihn so gehen zu lassen.

      »Jules?«

Скачать книгу