Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann

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Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann Die Totenbändiger - Die gesamte Staffel

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wollte. Aber er wusste, dass es wichtig war. Nicht nur für die Akzeptanz der Totenbändiger in der Gesellschaft. Auch für ihn selbst. Wenn er sich irgendwann einen Job suchte und seinen potenziellen Arbeitgebern das Abschlusszeugnis einer öffentlichen Schule vorlegen konnte, zeigte das, dass er keine Gefahr für andere war, und man stellte ihn vielleicht eher ein. Und er wollte einen guten Job finden. Er wollte etwas zur Familienkasse beisteuern können. Wollte Sue, Phil und Granny etwas zurückgeben für alles, was sie für ihn getan hatten.

      Deshalb würde er diese verdammte Schule durchziehen, auch wenn das Stress und Unruhe bedeutete. Oder dass er mit Arschlöchern wie Topher klarkommen musste.

      Das alles würde er schon irgendwie hinkriegen. Er war schließlich kein kleines Kind mehr.

      Aber mussten ihm diese beschissenen Albträume dabei jetzt noch zusätzlich das Leben schwermachen? Noch mehr als sonst?

      Mann, das war einfach nicht fair!

      Seine Hände hatten sich ganz von alleine zu Fäusten geballt, als die Wut in seinem Inneren immer mehr zu brodeln begann.

      Er hatte es satt! So verdammt satt!

      Er gab sich so viel Mühe, steckte so viel ein.

      War es da vom diesem Scheißleben echt zu viel verlangt, dass nicht immer alles noch schwieriger und noch anstrengender wurde?

      Wut und Frust pulsierten durch seine Adern.

      Er hasste diese Machtlosigkeit, dieses Ausgeliefertsein!

      Diese verfluchte Ungerechtigkeit!

      Sein Herz wummerte gegen seine Rippen. Blut rauschte in seinen Ohren und die Kopfschmerzen hämmerten unerträglich im Takt seines Herzschlags gegen seine Schläfen.

      Keuchend presste Cam seine Fäuste dagegen und kniff die Augen fest zusammen.

      Es musste aufhören.

      Albträume und Wut.

      Unruhe, Panik und Angststarre.

      Der Hass auf diese Hilflosigkeit.

      Er ertrug das alles einfach nicht mehr.

      Es musste aufhören.

      Jetzt. Sofort.

      Und er wusste auch, wie.

      Er riss die Augen wieder auf, wandte sich zu seinem Nachttisch um und zog die Schublade auf. Im Dunkeln tastete er nach dem kleinen Päckchen, das er tief in der hintersten Ecke versteckt hielt.

      Da war es.

      Er zog es hervor, öffnete es und holte eine der Rasierklingen heraus.

      Sie würde helfen, das wusste er.

      Mit ihr holte er sich die Kontrolle zurück.

      Er zog den Ärmel seines Schlafshirts hoch und presste die Kiefer aufeinander.

      Dann ritzte er sich in den Arm.

      Ende des 1. Teils

      II

      Die Akademie

      

      2. September

      Erster Schultag nach den Sommerferien in der Akademie der Totenbändiger

      Nur mit Mühe unterdrückte Jaz ein Gähnen und wünschte sich zurück ins Bett. Worum auch immer es in dieser Oberstufenversammlung gleich gehen würde, sie war sich sicher, eine Stunde Schlaf wäre sinnvoller verbrachte Zeit.

      Ein Spiel aus Sonnenlicht und Wolkenschatten fiel durch die hohen Fenster in den altehrwürdigen Versammlungssaal der Akademie. Zwei Stockwerke hoch und holzgetäfelt besaß der längliche Raum eine gewölbte Kuppeldecke, in deren Stein irgendwann vor langer Zeit hübsche Ornamente gemeißelt worden waren. Eine Galerie lief auf Höhe des ersten Stockwerks entlang und führte in die Nachbargebäude. Dicke Läufer lagen auf jahrhundertealtem Steinboden und an den Wänden hingen Portraits der verschiedenen Master, die seit über vierhundert Jahren erst das Anwesen, später dann die Akademie geleitet hatten.

      Jaz betrachtete das Gemälde von Master Barnabas. Ein Hüne mit feuerroten Haaren und ebensolchem Bart. Er war der erste Master gewesen. Laut der alten Geschichtsaufzeichnungen hatte er eine Truppe von Totenbändigern aus dem ganzen Land um sich geschart und war mit ihnen mehrere Jahre raubend und mordend durch halb England gezogen, bevor sie im Herbst 1613 nach London kamen. Die dunkle Jahreszeit stand vor der Tür und sie brauchten eine Unterkunft, also metzelten sie kurzerhand eine Adelsfamilie nieder, die auf einem Anwesen am Richmond Park lebte, und übernahmen das schlossartige Herrenhaus samt seiner Ländereien. Die Nachbarn waren darüber verständlicherweise wenig begeistert und es gab etliche Versuche, Barnabas und seine Leute wieder zu vertreiben – mit hohen Verlusten auf beiden Seiten, sodass man sich schließlich auf einen Waffenstillstand einigte: Man überließ Barnabas das Anwesen, dafür verschonten die Totenbändiger die Nachbarschaft mit Raubzügen.

      Barnabas gefiel sich in seiner neuen Rolle als Schlossherr, ließ seine Anhänger den landwirtschaftlichen Betrieb wieder aufnehmen und das Herrenhaus wurde zu einer Anlaufstelle für alle Totenbändiger im Großraum Londons.

      In der Akademie wurde der erste Master dafür als Held gefeiert. Jaz dagegen fand, Leute wie Barnabas und seiner Horde trugen maßgeblich Schuld daran, dass Totenbändiger in der Gesellschaft einen so schweren Stand hatten. Las man in den Geschichtsbüchern zwischen den Zeilen, musste jedem klar sein, dass Barnabas nach dem Waffenstillstand zwar die Leute in der Nachbarschaft in Frieden gelassen hatte, doch das galt nicht für den Rest Londons. Woher hätten sonst die Gelder für den Ausbau des Herrenhauses kommen sollen? Nur von der Landwirtschaft sicher nicht. Also wurde vermutlich weiter geplündert und gemordet, um sich zu bereichern. Um des lieben Friedens willen nur eben nicht mehr direkt vor der Haustür.

      In den Geschichtsbüchern stand außerdem viel von geschäftlichen Beziehungen, die Barnabas mit den Reichen und Mächtigen der Londoner Gesellschaft nach und nach aufbaute. Er bot ihnen mit seinen Totenbändigern Personenschutz gegen Geister und Ganoven an, wenn Adelige und Politiker in der Dämmerzeit unterwegs waren. Weitere Angebote waren die Säuberungen von Grundstücken sowie deren Absicherung gegen Geister und Wiedergänge. Seine Dienste ließ er sich großzügig bezahlen. Und Jaz ging jede Wette ein, dass diejenigen, die kein Interesse an diesen Diensten zeigten, schnell vom Gegenteil überzeugt wurden, indem man ihnen ein paar unschöne Begegnungen mit Geistern oder Ganoven bescherte.

      Jaz wandte den Blick vom ersten Master ab und betrachtete stattdessen das Portrait des heutigen Schulleiters. Cornelius Carlton hatte erreicht, dass nächsten Monat darüber abgestimmt wurde, ob die Gilde der Totenbändiger genau wie alle anderen Gilden Londons endlich einen Sitz im Stadtrat bekommen sollte. Jaz fragte sich, welche Mittel Master Carlton dafür wohl eingesetzt haben mochte – und welche er noch einsetzen würde, damit der Stadtrat bei der Abstimmung zugunsten der Totenbändiger entschied.

      Innerlich

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