Shirley (Deutsche Ausgabe). Charlotte Bronte

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Shirley (Deutsche Ausgabe) - Charlotte Bronte

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sich das Schicksal von Pearson und Armitage keine Warnung sein, von denen der eine in seinem eigenen Haus, der andere in der Heide erschossen wurde.«

      »Aber er sollte sich warnen und zur Vorsicht bewegen lassen«, unterbrach Mr. Sweeting, »und würde es auch, wenn er hörte, was ich neulich gehört habe.«

      »Was hörten Sie denn?«

      »Sie kennen Mike Hartley, Sir?«

      »Den antinomistischen3 Weber?«

      »Ja.«

      »Wenn Mike einige Wochen hintereinander getrunken hat, endet er gewöhnlich damit, bei einem Besuch in der Nunnely-Vikarei Mr. Hall einen Teil seiner Gedanken über dessen Predigten zu sagen, ihm die furchtbare Tendenz seiner Lehre von den guten Werken vorzuhalten und ihn zu warnen, dass er und all seine Zuhörer in der tiefsten Finsternis säßen.«

      »Ganz recht. Das hat aber nichts mit Moore zu tun.«

      »Außer der Tatsache dass er ein Antinomist ist, ist er auch ein gewaltiger Jakobiner und Gleichmacher, Sir.«

      »Das weiß ich. Wenn er tüchtig betrunken ist, kreisen seine Gedanken stets um Königsmord. Mike ist nicht unerfahren in der Geschichte und es ist merkwürdig, ihn die Liste von Tyrannen hersagen zu hören, von denen, wie er sich ausdrückt, ›der Bluträcher Rechenschaft gefordert hat‹. Der Bursche hat seine größte Freude an Mordtaten, die an gekrönten Häuptern oder an anderen Personen aus politischen Ursachen verübt worden sind. Ich habe schon sagen hören, dass er eine wunderliche Sehnsucht nach Moore haben soll. Spielen Sie darauf an, Sweeting?«

      »Sie bedienen sich des richtigen Ausdrucks, Sir. Mr. Hall glaubt, dass Mike keinen persönlichen Hass gegen Moore habe. Er sagt, er spräche sogar gern mit ihm, und gehe ihm nach, aber er habe eine Sehnsucht, dass ein Exempel an ihm statuiert werde. Neulich rühmte er ihn gegenüber Mr. Hall als den Fabrikbesitzer, der in Yorkshire den meisten Verstand habe, und deswegen könnte er eben, sagte er, als ein Opfer ausgewählt werden, ein Opfer voll süßen Geruchs. Glauben Sie denn, dass Mike Hartley noch bei Verstand ist, Sir?« fragte Sweeting unbefangen.

      »Das kann ich nicht sagen, ob er verrückt ist oder vielleicht bloß verschlagen oder vielleicht etwas von beidem.«

      »Er will auch Erscheinungen sehen.«

      »Ei! Er ist ein wahrer Ezechiel oder Daniel in Visionen. Vorige Freitagnacht kam er gerade, als ich zu Bett ging und beschrieb mir eine, die ihm in Nunnely Park denselben Nachmittag offenbart wurde.«

      »Oh, erzählen Sie sie uns doch!« drängte Sweeting.

      »Du hast einen enormen Sinn für Wunder an deinem Schädel, David. Malone hat keinen, wie ihr seht. Weder Mordtaten noch Visionen interessieren ihn. Seht nur, ob er in diesem Augenblick nicht wie gewaltiger, gedankenloser Saph aussieht?«

      »Saph! Wer war Saph, Sir?«

      »Ich dachte mir, dass Ihr es nicht wüsstet. Ihr mögt es nachschlagen, es steht in der Bibel. Ich weiß weiter nichts von ihm als seinen Namen und Geschlecht, aber seit meinen Knabenjahren habe ich mit Saph eine gewisse Persönlichkeit verbunden. Übrigens war er redlich, schwerfällig und unglücklich. Er fiel zu Gob durch Sibbochais Hand.«

      »Aber die Vision, Sir?«

      »Du sollst sie hören, David. Donne kaut an den Nägeln und Malone gähnt, daher will ich sie nur dir erzählen. Mike ist unglücklicherweise arbeitslos, wie viele andere. Mr. Grame, Sir Philipp Nunnelys Verwalter, gab ihm etwas an der Priorei zu tun. Da war er nun mit Einzäunen spät nachmittags beschäftigt, aber noch ehe es finster wurde, hörte er etwas, das er von Weitem für einen Trupp Soldaten hielt, mit Jagdhörnern, Pfeifen und Trompeten. Der Ton kam vom Wald her, und er wunderte sich, dass es dort Musik gab. Da schaute er sich um und sah, dass sich etwas zwischen den Bäumen bewegte, rot wie Mohn oder weiß wie Hagedorn. Der ganze Wald war voll davon. Nun kamen sie hervor und füllten den Park. Jetzt sah er, dass es Soldaten waren, Tausende und Zehntausende, aber sie machten nicht mehr Lärm als ein Mückenschwarm an einem Sommerabend. Er behauptete nun, dass sie sich in Ordnung aufgestellt hätten und marschiert seien, Regiment auf Regiment durch den Park. Er folgte ihnen bis in die Gemeinde Nunnely. Die Musik spielte noch immer sanft und in der Ferne. Dort sah er nun, wie sie eine Menge Übungen in Formation machten, um einen in scharlachrot gekleideten Mann, der in ihrer Mitte stand und sie befehligte. Sie erstreckten sich, wie er sagte, wohl über fünfzig Acker Landes. Eine halbe Stunde lang waren sie zu sehen, dann marschierten sie ganz still ab, und man hörte weder Stimmen noch Schritte, nichts als die sanfte Musik, die einen feierlichen Marsch spielte.«

      »Wo gingen sie denn hin, Sir?«

      »Nach Briarfield, Mike folgte ihnen. Sie schienen durch Fieldhead zu marschieren, wo eine Rauchwolke, wie von einem Artilleriepark, geräuschlos über die Felder, die Straße und die Gemeinde zog und, wie er sagte, blau und trübe bis zu seinen Füßen reichte. Als sie sich wieder verzog, blickte er sich nach den Soldaten um, sie waren jedoch verschwunden und er sah sie nicht mehr. Mike erzählte nicht nur die Vision, sondern gab als weiser Daniel auch eine Auslegung derselben. Er gab nämlich zu verstehen, dass sie Blutvergießen und Bürgerkrieg anzeige.«

      »Glauben Sie das, Sir?« fragte Sweeting.

      »Und Sie, David? Aber, Malone, warum sind Sie noch nicht fort?«

      »Ich wundere mich nur, dass Sie nicht selbst bei Moore bleiben, Sir. Sie lieben solche Sachen.«

      »Das würde auch geschehen sein, hätte ich nicht unglücklicherweise Boultby auf seiner Rückkehr von der Bibelgesellschaft in Nunnely zum Mittagsessen bei mir eingeladen. Ich versprach daher, Sie als meinen Substituten zu ihm zu senden, wofür er mir nicht einmal dankte, denn er hätte viel lieber mich gehabt als Sie, Peter. Wäre aber wirklich Hilfe nötig, so käme ich doch auch noch. Läuten Sie nur mit der Fabrikglocke. Also gehen Sie nur, wenn nicht«, und damit wandte er sich plötzlich an Sweeting und Donne, »wenn nicht David Sweeting und Joseph Donne es vorziehen, selbst zu gehen. Was meinen Sie dazu, Gentlemen? Der Auftrag ist ein ehrenvoller und nicht ohne den Beigeschmack einer kleinen wirklichen Gefahr, denn die ganze Gegend ist, wie Sie alle wissen, sehr unruhig und Moore und seine Fabrik und seine Maschinen nicht eben sehr beliebt. Ich zweifle nicht daran, dass unter Ihren Westen ritterliche Gefühle und hochschlagender Mut wohnen. Vielleicht bin ich zu parteiisch für meinen Liebling Peter; der kleine David könnte wohl auch der Ritter sein, oder der untadelige Joseph. Malone, Sie sind bei alledem nur ein stammelnder Saul, bloß dazu gut, Ihre Waffen herzugeben. Heraus also mit Ihren Pistolen, holen Sie Ihren Knüppel, er steht dort im Winkel.«

      Malone holte mit einem bedeutsamen Grinsen seine Pistolen hervor und bot sie seinen Mitbrüdern an. Diese griffen jedoch nicht eben sehr eifrig danach. Jeder trat mit höflicher Bescheidenheit einen Schritt von der dargebotenen Waffe zurück.

      »Ich rühre sie nicht an! So etwas habe ich noch nie getan«, sagte Mr. Donne.

      »Ich bin Mr. Moore gänzlich unbekannt«, murmelte Sweeting.

      »Wenn Sie nie eine Pistole berührten, so versuchen Sie dieses Gefühl jetzt, großer Statthalter von Ägypten. Was den kleinen Sänger dort betrifft, so zieht er es zweifellos vor, die Philister mit keiner anderen Waffe als seiner Flöte zu schlagen. Geben Sie ihnen ihre Hüte, Peter. Sie wollen beide gehen.«

      »Nein, Sir. Nein, Mr. Helstone, meiner Mutter wird es nicht recht sein«, entschuldigte sich Sweeting.

      »Und ich habe es mir zur Regel

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