Shirley (Deutsche Ausgabe). Charlotte Bronte

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Shirley (Deutsche Ausgabe) - Charlotte Bronte

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Schlucht begrenzte, durch die sein Mühlstrom brauste. All dies hatte er nur für eine hohe Pacht (denn die Kriegszeiten waren hart und alles war teuer) von den Vormündern der fieldhead’schen Besitzungen, die damals einer Unmündigen gehörten, erhalten.

      Zu der Zeit, in der diese Erzählung beginnt, hatte er erst zwei Jahre in dieser Gegend gelebt. Während dieser Periode hatte er sich zumindest als ein ungemein tatkräftiger Mann erwiesen. Die schmutzige Hütte war in eine ordentliche, geschmackvolle Wohnung verwandelt worden. Aus einem Teil des rauen Bodens hatte er Gartenland gemacht, das er mit ganz besonderer, ja, flämischer Sorgfalt und Genauigkeit bebaute. Was die Fabrik betraf, ein altes Gebäude mit alter Maschinerie, die jetzt unwirksam und unzeitgemäß geworden war, hatte er sogleich die größte Verachtung gegen all ihre Einrichtungen und Zubehör gezeigt und sich bemüht, sie von Grund auf umzugestalten, was er denn auch, so weit sein sehr beschränktes Kapital es ihm gestattete, in die Tat umgesetzt hatte, und eben die Beschränktheit dieses Kapitals und eben deshalb dieses Hindernis bei seinem Vorhaben war etwas, was seinen Geist sehr ängstigte und bekümmerte. Moore musste immer beschäftigt sein. ›Vorwärts!‹ war die in seine Seele geprägte Inschrift, doch Armut beugte ihn. Manchmal schäumte er mit dem Mund (im übertragenen Sinne), wenn die Zügel zu scharf angezogen wurden.

      Man kann nicht erwarten, dass er bei dieser Gesinnungsweise lange darüber nachdachte, ob sein Vorwärtskommen für andere von Nachteil sei oder nicht. Da er in der Nachbarschaft weder geboren, noch für lange Zeit dort heimisch war, kümmerte es ihn kaum, wenn die neuen Erfindungen die alten Werkleuten um ihre Arbeit brachten. Er fragte sich nicht lange, woher die, denen er nicht länger den Wochenlohn bezahlte, ihren Unterhalt nähmen, und glich in diesem Unbekümmertsein bloß Tausenden, an welche der notleidende Arme in Yorkshire noch berechtigte Forderungen stellte.

      Die Periode, von der hier die Rede ist, war in der britischen Geschichte, und im Besonderen in jener der nördlichen Provinzen, eine sehr traurige. Der Krieg war damals auf dem Höhepunkt, ganz Europa war darin verwickelt. England war, wenn nicht ermüdet, doch durch langen Widerstand zerrüttet, ja, und doch war die Hälfte der Bevölkerung überdrüssig, und rief nach Frieden um jeden Preis. Nationalehre war ein bloßer leerer Name in vieler Augen geworden, weil ihr Blick durch Hunger verdüstert war, und für ein Stück Brot würden sie ihr Geburtsrecht verkauft haben.

      Die Kabinettsbefehle, hervorgerufen durch Napoleons Mailänder und Berliner Dekrete, die neutralen Mächten untersagten mit Frankreich zu handeln, hatten, indem sie Amerika beleidigten, den Hauptmarkt für den yorkshire’schen Wollhandel verschlossen und diesen an den Rand des Ruins gebracht. Kleinere ausländische Märkte waren überfüllt und nahmen nichts mehr an. Brasilien, Portugal, Sizilien waren für einen fast zweijährigen Verbrauch versorgt. In dieser Krise wurden gewisse Maschinerie-Erfindungen in den einzelnen Fabriken des Nordens eingeführt, die, indem sie die Zahl der benötigten Arbeiter gewaltig reduzierten, Tausende arbeitslos machten und sie der redlichen Mittel beraubten, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Dazu kam eine schlechte Ernte. Die Not wurde immer größer. Grenzenloser Mangel streckte dem Aufruhr die brüderliche Hand zu. Unter den Hügeln der nördlichen Grafschaften fühlte man die sich erhebenden Geburtswehen einer Art moralischen Erdbebens.

      Wie es aber in solchen Fällen zu geschehen pflegt, achtete niemand darauf. Wenn ein Nahrungsaufruhr in einer Fabrikstadt ausbrach, wenn eine Wagenfabrik niedergebrannt oder das Haus eines Fabrikanten angegriffen, Gerätschaften auf die Straße geworfen und die Familie gezwungen wurde, ihr Leben durch die Flucht zu retten, wurden von den Lokalobrigkeiten keineswegs die nötigen Maßregeln getroffen. Ein Verursacher wurde entdeckt, oder weitaus öfter, ihm gestattet, sich der Entdeckung zu entziehen, in den Zeitungen wurden Aufsätze darüber geschrieben, und dabei blieb es. Was die Leidenden betraf, deren einzige Erbschaft Arbeit war, und diejenigen, die diese Erbschaft verloren hatten, die keine Arbeit bekommen konnten und daher auch keinen Lohn und kein Brot, so überließ man sie dem Elend. Vielleicht unvermeidlich! Man konnte doch den Fortschritt der Erfindungen nicht aufhalten, konnte der Wissenschaft keinen Nachteil zufügen, indem man ihre Verbesserung verzögerte. Der Krieg konnte nicht beendet werden, wirksame Hilfe war nicht zu gewähren. So musste denn alles gehen, wie es nun ging, und die unbeschäftigten Arbeiter blieben ihrem Schicksal überlassen, aßen ihr Brot und tranken ihr Wasser der Not.

      Elend erzeugt Hass. Die Leidenden hassten die Maschinen, weil sie glaubten, diese entzögen ihnen das Brot. Sie hassten die Gebäude, welche die Maschinen enthielten; sie hassten die Fabrikanten, denen diese Gebäude gehörten. In dem Kirchenspiel Briarfield, mit dem wir es jetzt zu tun haben, war Hollow’s Mill der Ort, den man am meisten hasste, Gérard Moore, in seiner doppelten Eigenschaft als halber Fremder und ausgezeichneter Fabrikant, der Mann, den man am meisten verabscheute. Und es stimmte beinahe mit Moores Temperament überein, sich so gehasst zu wissen, besonders da er das, weshalb er gehasst wurde, für sein Recht und für etwas Tüchtiges hielt, und so saß er in einer Art kriegerischer Aufregung auch in der heutigen Nacht im Kontor und wartete auf die Ankunft seiner Wagen mit den Maschinen. Malones Ankunft und Gesellschaft waren ihm daher höchst ungelegen und er hätte weit lieber allein gesessen, denn er war zu stiller, düsterer, unheimlicher Einsamkeit geneigt. Die Flinte seines Wächters wäre für ihn Gesellschaft genug gewesen und der stark strömende Bach in der Schlucht das beste Gespräch.

      *

      Mit der verdrießlichsten Miene der Welt hatte der Fabrikant seit zehn Minuten den irischen Hilfsgeistlichen bei seiner Punschheiterkeit beobachtet, als sich plötzlich sein starres, graues Auge änderte, als trete eine andere Erscheinung zwischen ihn und Malone. Er erhob die Hand.

      »Chut!« sagte er auf seine französische Art, da Malone ein Geräusch mit seinem Glas machte. Er lauschte einen Augenblick, stand dann auf, setzte den Hut auf und ging aus der Kontor-Tür.

      Die Nacht war still, dunkel und schwer. Nur das Wasser rauschte voll und weit. Sein Fall glich in der gänzlichen Stille fast einem Strom. Dennoch vernahm Moores Ohr einen anderen Laut sehr weit entfernt, aber sehr davon verschieden – abgehackt und rau, kurz, einen Ton von schweren Rädern, die auf einem steinigen Weg knarrten. Als er in das Kontor zurückkam, zündete er eine Laterne an, mit der er in den Fabrikhof hinabging, um die Pforte zu öffnen. Der schwere Wagen fuhr herein. Man hörte die schweren Hufe der Zugpferde in Schlamm und Wasser planschen. Moore rief ihnen zu:

      »He! Joe Scott! Ist alles in Ordnung?«

      Zweifellos war Joe noch zu weit entfernt, um diese Frage zu hören, denn er antwortete nicht.

      »Ich frage, ob alles in Ordnung ist?« erklang es wieder seitens Moores, als die grauen Nüstern des Vorderpferdes fast sein Gesicht berührten.

      Jemand sprang vom vordersten Wagen auf die Straße. Eine Stimme rief: »Ja, ja, zum Teufel, es ist alles in Ordnung! Wir haben sie überwältigt!«

      Und nun gab es ein Durcheinander. Die Wagen standen still. Niemand war mehr darin.

      »Joe Scott!« Kein Joe Scott antwortete. »Murgatroyd! Pighills! Sykes!« Keine Antwort. Mr. Moore hob seine Laterne in die Höhe und sah in die Wagen. Weder Menschen noch Maschine waren darin. Sie waren leer und verlassen.

      Nun liebte aber Mr. Moore seine Maschinen. Er hatte sein ganzes noch übriges Vermögen für den Ankauf dieser Rahmen und Schermaschinen verwendet, die er in der heutigen Nacht erwartete. Höchst wichtige Spekulationen hingen für ihn von den Resultaten ab, die er damit erzielen wollte. Wo waren sie nun?

      Die Worte: »Wir haben sie überwältigt!« tönten in seinen Ohren wider. Wie wirkte diese Katastrophe auf ihn ein? Bei dem Licht der Laterne, die er hielt, wurden seine Züge sichtbar, die sich zu einem eigentümlichen Lächeln anspannten, einem Lächeln, wie es ein Mann von entschiedenem Charakter zeigt, wenn er an einen Wendepunkt seines Lebens kommt, wenn sein entschlossener Geist eine Anfrage an seine Stärke fühlt, wenn eine Strapaze auf Biegen oder Brechen bewältigt

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