50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
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Читать онлайн книгу 50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По страница 54
Tiefen Kummer bereitete ihr die durch das schlechte Sommerwetter entstandene Stimmung im Dorf.
Wenn man nur mit dem Vater reden, ihn warnen dürfte, aber er ist wie ein Pulverfaß. Man darf nicht an ihm rühren. Alles muß sich vor ihm drücken. Thöni – Frau Cresenz – am meisten sie selbst: »Bini,« donnert er sie an, »Gott's Hagel – ich mache das Wetter nicht, lasse mich mit den Kälbern im Dorf in Ruh'.«
»Binia,« sagten die von St. Peter, »Ihr seid ja lieb und gut, aber wir wollen nichts aus dem Bären, es klebt Unglück daran,« und einige Weiber erklärten es frei heraus: »Kommt uns nicht mehr ins Haus. Wenn Ihr schon so lieb lächeln und reden könnt, mit Euren dunklen Augen seid Ihr doch eine Hexe und der Bären ist das Unglück von St. Peter.« Eine furchtbare Zeit war gekommen. Immer lagen Nebel an den Bergen; wenn die Sonne am Morgen auch ein wenig schien, so donnerten am Nachmittag doch wieder die Gewitter, und wenn sich die Wolken ein wenig lichteten, sah man neue Runsen an den Bergen. Die oberen Alpen wurden spät schneefrei, ehe das Gras gewachsen war, deckte sie schon wieder Schnee, ein früher Reif vernichtete die Ernte und am Glottergrat rückte der Gletscher vor. Die Wildleutlaue rüstete sich!
Not herrschte bei Menschen und Vieh, ein Angstgefühl legte sich über das Dorf, als dürfe es nie mehr auf bessere Zeiten hoffen, und der gräßliche Kaplan Johannes, der wieder von Fegunden heraufgekommen war, verließ St. Peter nicht mehr.
Binia wußte es. Dieser Wahnsinnige lebte fast nur von dem Haß gegen den Vater, der ihn vor Jahren hatte aus der Gemeinde treiben lassen. Er wühlte und hetzte im Dorf mit den dunkelsten Künsten des Aberglaubens. Entsetzlicher noch! Der böse Narr hatte seine Begierde auf sie geworfen. Sie fürchtete ihn wie die Taube den Habicht; seit er ihr letzthin zugerufen: »Jungfer, merkt Ihr, wie mein Korn reif wird?« zitterte sie vor ihm und ahnte schwere Ereignisse.
Gewiß trieb der dämonische Kaplan die von St. Peter zu einer thörichten That, um in einer Stunde der Verwirrung seine düstere Seele an den Bildern erfüllter Rache zu ergötzen.
Ein ungeheuer peinlicher Vorfall, von dem zum Glück der Vater selbst nichts erfuhr, trat dazu.
Eine fremde vornehme Dame, die mit ihrem Hund hergekommen war, verlangte, daß man das Tier wie einen Gast bediene. Thöni, der Thor, der sich in das Gesicht der Dame vergaffte, gab es zu, allerdings nur in einem besonderen Zimmer. Die Mägde hatten zu dem Hund »Guten Tag, Herr Walo!« zu sagen, wenn er auf den Stuhl sprang, ihm ein weißes Tuch vorzubinden und dann je auf besonderem Teller fünf Gerichte vorzulegen, zuletzt wie zu einem Gast zu sprechen: »Wünschen wohl gespeist zu haben, Herr Walo!« und die Dame überwachte die Bedienung ihres Viehes.
Mit flammendem Gesicht schaffte Binia Ordnung, aber die Mägde schwatzten, und nun lief die Geschichte im Dorf.
»Jetzt, wo wir und unser Vieh Mangel leiden,« staunten die Leute entsetzt.
Kaplan Johannes trug die Erzählung von Haus zu Haus: »Merkt ihr,« fragte er, »aus dem Wetter nichts? Geht nach Hospel, dort sind sie froh über den Regen, der dann und wann fällt. Merkt ihr nichts?«
»Wohl, wohl!« erwiderten die Dörfler, »die armen Seelen wollen die todsündige Völlerei im Bären nicht, sie wollen den Neubau nicht, die Zwingburg, die uns hudlig machen soll. In den fürchterlichen Wettern geben sie uns ihre Zeichen.«
»Wir sind ja schon hudlig,« antworteten andere ingrimmig: »die drei Kleinsten Bälzis stehen am Weg und strecken den Fremden die Hände um Almosen hin. Die Haushaltung hat nichts zu beißen und zu brechen. Und noch viele müssen vor Elend auch zu betteln anfangen. Das ist das Werk des Presi.«
Der Garde mahnte zur Ruhe, der Pfarrer predigte gegen den Aberglauben und wies seiner Herde in Chroniken nach, daß es auch früher schon so schlimme Jahre gegeben habe.
Die Dörfler aber schrieen ihm zu: »Pfarrer, Ihr hütet die heilige Religion nicht. Wißt ihr es nicht? Der Presi will in dem Neubau heimlich eine Kapelle für die Ungläubigen einrichten, wie eine zu Grenseln steht, und wenn Ihr nicht helft, müssen wir selbst Ordnung schaffen. Wir sind nicht gewaltthätig und den Fremden wollen wir nichts thun, aber wenigstens den Neubau dulden wir nicht.«
»Man muß mit dem Presi in Güte reden!« meinten einige Ruhige, wie der Fenken- und der Bockjeälpler.
»Wenn wir das thun,« erwiderten aber die anderen, »sind wir verloren. – Er ist ein alter Fuchs, er weiß schon, wie er zu sprechen hat, daß keiner von uns mehr etwas sagen kann.«
Der Glottermüller hatte mit seinem Wirtschäftchen gute Zeiten, aber auch in den eigenen Stuben sammelten sich da und dort die Dörfler.
»Wir müssen es hinter den Garden stecken,« meinten sie, »er kommt dem Presi am ehesten bei. Der Glottermüller muß mit ihm gehen. Der Kaplan Johannes auch.«
Der Garde seufzte, als Bauer um Bauer in seine Wohnung kam und ihm zuredete, daß er Vermittler zwischen der Gemeinde und dem Presi werde. »Ich bin nicht mehr sein Freund!« erklärte er. – »Aber Ihr seid der Garde!« drangen sie in ihn. – »Dann gehe ich allein,« sagte er. – »Nein, wenigstens einer muß mit,« erwiderten sie, »damit der Presi spürt, daß es Ernst gilt.«
Nach gewaltigem Sträuben fügte sich der Garde in den sauren Gang und darein, daß der Glottermüller ihn begleite.
Es war im Herbst und nach vielen Wochen der Verdüsterung stand der Himmel in reinem Blau, nur hingen an der Krone so drohende Wächten, wie man sie niemals zuvor gesehen. Durch das Dorf flog es von Mund zu Mund: »Schaut, seit die Fremden fort sind, ist der Himmel uns wieder wohlgesinnt.«
Würdig empfing der Presi die beiden Abgesandten von St. Peter, würdevoll wie ein König antwortete er ihnen, sich mit der Hand auf sein Pult stützend: »Ihr Männer von St. Peter. Meint ihr, daß ich die Gemeinde weniger lieb habe als ihr? – Aber in einer thörichten Sache lasse ich mich nicht von euch zwingen. Wir sind alle freie Männer. Wir beugen uns vor nichts als vor den Ueberlieferungen unserer Väter und den Gesetzen des Landes. Ueberlieferung und Gesetz ist aber, daß jeder bei uns frei bauen darf, wie er will. Ich habe kein minderes Recht als ihr, der Bären und die Krone stehen unter dem Schutz des Gesetzes, der das Eigentum heiligt. Wer daran rührt, ist dem Gericht verfallen. Nicht anders ist es mit den Fremden, die ins Thal kommen. Sie sind nicht, wie ihr meint, vogelfrei, sie stehen unter dem Schirm mächtiger Verträge. Wehe dem, der die verletzt! Und also habe ich eine gerechte Sache, wenn ich ein neues Haus aufschließe und Gäste darein führe, und ich will es euch beweisen, daß ich euerm ungerechten Verlangen nicht nachkomme. Thöni – Binia!«
»Presi, seid barmherzig,« bat der Garde, »sonst gerät die Gemeinde ins Unglück. Was Ihr sagt, ist wohl wahr – aber es ist nicht gut – es ist nicht gut.« Scheu kam Binia geschlichen, sie konnte den Garden fast nicht ansehen, Thöni aber erschien wie ein großer Herr.
»Thöni Grieg und Binia Waldisch,« wandte sich der Presi stolz und feierlich an die beiden, »vor der Gemeinde St. Peter verlobe ich euch, auf daß ihr in Frieden und Glück das neuerbaute Haus zur Krone führt. Binia, hole mir Bissen und Wein, daß ich sie euch reiche.«
Sie zitterte. Wie im Verscheiden sagte sie: »Nein – ich kann nicht, Vater.«
Da wurde er kreideweiß: »Du Elende!« knirschte er mit einem entsetzlichen Blick der Wut, »vor der Gemeinde machst du mich zu Schanden – möge Gott dich dafür schlagen!«
Der Glottermüller verlor seine Haltung und quiekte mit seiner hohen Weiberstimme: »Das ist ja abscheulich! Ich gehe, lebt wohl!«