50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
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Читать онлайн книгу 50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По страница 57
Wie die beiden Männer wieder in die Wohnstube treten, ist Vroni, die junge Frau, eben von der Begleitung Binias zurückgekehrt und auf einen Stuhl gesunken. Mit gefalteten Händen spricht sie: »Bini ist heimgegangen – aber was jetzt geschieht, weiß Gott!«
Da kommt die Gardin mit den Knechten und Vroni ist glücklich, wie die Mutter Josi herzlich begegnet: »Tausend, was für ein schöner Mann Ihr seid! Einen so braunen Bart! So freie Augen! Hochgewachsen und stark. Und die häßliche Narbe sieht man nicht mehr.« Sie schüttete einen ganzen Korb voll neugieriger Fragen vor ihm aus.
Der Garde sagt aber ernst: »Ich gehe noch ins Dorf, es muß in der ersten Frühe ein zuverlässiger Bote nach Hospel auf die Post! Schweigt zunächst über die Briefe, St. Peter ist schon halb toll, wird noch das Verbrechen Thönis bekannt, so haben wir den offenen Aufruhr gegen den Bären.« Er geht und die unaufschiebbaren Abendarbeiten, welche Eusebi und die Gardin in Anspruch nehmen, fügen es, daß die Geschwister allein sind.
Leise sänftigen sich die Wogen des überraschenden Wiedersehens.
Josi sitzt am Tisch und weint still vor sich hin. Der Sturm hat ihn überwältigt.
Da streichelt ihn Vroni und fragt: »Wie hast auch den Heimweg wieder gefunden, Josi, nach mehr als fünf Jahren?«
Mit geröteten Augen schaut er auf: »Ich will es dir nur bekennen,« erzählt er, »ich wäre nicht wieder gekommen, hätte mich Felix Indergand nicht mit Gewalt zurückgeschleppt. Wie zwei Brüder haben wir zusammen gelebt. Wenn ich fast umgekommen bin vor Weh, daß du gestorben seiest, und Binia an mir so schlecht gewesen ist, so hat er manchmal meine Hand genommen und so warm geredet, daß ich ganz tröstlich geworden bin. ›Was willst im fremden Land freudlos leben?‹ sagte der gute Felix, ›kreuzige dich nicht so stark. Untreu' ist schon vielen geschehen.‹ Und wenn ich von dir, Vroni, erzählt habe, sagte er: ›Gerade so ist die Beate, mein liebes Schwesterkind zu Bräggen.‹ Und er meint, ich soll sie um ihre Hand fragen. Er drängte mich. Und nun, Vroni, gab ich ihm ein Versprechen, das mich reut, aber wenn man keinen lieben Menschen auf dieser Welt mehr zu haben meint, thut man einem guten Freunde viel zu Gefallen. Jedes Jahr am Fridolinstag fährt das Mädchen von Bräggen in die Stadt zu seinem alten Oheim, dem Chorherrn Fridolin Indergand, um ihm als Patenkind Glück zu wünschen. Also auch morgen. Und ich muß ohnehin in die Stadt gehen, um nachzusehen, ob mein Geldlein richtig auf die Bank angewiesen worden ist. Da kann ich sie sehen, ohne daß sie vom Plan weiß. Sie muß in Hospel übernachten. Doch ist mir so sonderbar! Ich hätte schon vor drei Tagen in St. Peter sein können, aber ich meinte: ›Nur geschwind beten auf den Gräbern und durch das Dorf laufen‹ – Und, Vroni, um die Beate kümmere ich mich nicht – ich kann nicht – sieh, wer von Bini ein Reiflein hat, der hat keine andere mehr lieb! Immerhin will ich dem Freund das Versprechen halten.«
So berichtete Josi.
»Schon morgen willst du wieder fort, Josi, Herzensbruder? Sei nicht so bitter, glaube mir, Binia hat gräßlich um dich gelitten. Sie ist zu der Verlobung mit Grieg gezwungen worden.« Und in fliegenden Zügen schildert ihm Vroni die Ereignisse der Zeit. »Sie hat gräßlich gelitten um mich.« Tonlos sagt es Josi und weint.
»Daß ich auch so flennen muß,« stammelt er, »es ist ja eine Schande, wenn ein Mann greint, aber ich kann mich nicht wehren – ich flenne vor Freude, weil es dir so gut gegangen ist, Vroni, – wer hätte gedacht, daß Eusebi so ein Mann, wer hätte gedacht, daß wir die nächsten Verwandten des Garden würden – ich flenne, weil dein Kind Joseli heißt – weil ich wieder in St. Peter bin, wo Vater und Mutter begraben sind. Ich weine aus Wut über Thöni Grieg, erschlagen könnte ich ihn vor Grimm – ich weine, weil es mir das Herz vertrüdelt und bricht, daß ich Bini wiedergesehen habe. – Und schmerzenreich ist sie gewesen um mich, sagst du, schmerzenreich und ist jetzt doch Thönis Braut!«
Josi hat alle Fassung verloren.
Da kommt der Garde zurück. Wie er hört, daß Josi schon am Morgen in die Stadt gehen will und von dem Versprechen erfährt, das er Indergand gegeben, seufzt er erleichtert auf. Er setzt sich Josi gegenüber und nimmt seine Hand. »Ich meine,« sagt er herzlich, »ich sei auch dein Vater, Josi, und will offen mit dir reden. Wie du zu Bini standest, weiß ich und der Herrgott, der ins Herz sieht, weiß ebenso gut, wie schwer es mir wird, ihr ein Leid anzuthun. Daß du aber morgen die Beate Indergand sehen willst, das ist des Himmels Wink. Kämpfe, kämpfe, Josi, gegen dein Herz! Es wird jetzt schon eine Aenderung im Bären geben, Thöni Grieg kann nicht in St. Peter bleiben, ich könnte mich nicht zähmen, wenn ich ihn träfe, den unseligen Hund. Was da aber komme, Josi, hüte dich vor Binia! Der Bären wankt. Zu maßlos hat der Presi gewütet. Ein Volksgericht bereitet sich vor, wie es in alten Zeiten gegeben hat – und, lieber Josi, ich möchte dich, wenn der Bären gestürzt ist, nicht unter den blutenden Opfern finden. Darum, um Gottes willen, Hand weg von Binia. So wenig zu ihr wie zu den Feinden des Presi – mein Haus soll rein bleiben von Schuld – und wenn dir die Beate ein wenig gefällt, so sei freundlich zu ihr. Es ist Gottes Hilfe zu deiner Rettung.«
»O, wäre Bini nur nicht verlobt,« stöhnt Josi, »ich holte sie jauchzend mitten aus der Wut derer von St. Peter, aber ich kann nicht der Nachgänger Thöni Griegs sein – nein, beim Himmel nicht – und nicht mit einem Stecklein könnte ich sie mehr anlangen.«
»Josi, geh' zur Ruhe,« mahnt Vroni, »du bebst ja am ganzen Leib – du bist krank.«
Josi steht auf.
»Noch eins, Josi,« sagt der Garde, »so schwer es dir und mir fallen mag – gegen das Dorf wollen wir über Thönis That schweigen und wenigstens jetzt auch noch nicht vor Gericht klagen. Die Wildleutlawine hat sich gerüstet und das ist immer eine schwere Zeit – ein Wort von uns, und sie kann den Bären mit den heligen Wassern zusammenschlagen. Gieb mir die Hand darauf, Josi, daß du ruhig bist.«
Stumm reichen sich die Männer die Hände, zuletzt sagt der Garde: »Mit dem Presi will ich aber morgen doch reden – nicht seinetwegen – aber wegen des armen Dorfes.«
Zum erstenmal schlief Josi wieder in der Heimat, doch wirre Träume quälten ihn, am meisten der, Binia schwebe in irgend einer großen Gefahr und rufe mit ihrem Vogelstimmchen: »Josi – Josi – ich bitte dich – hilf mir.« Schreiende Amseln flogen die ganze Nacht um ihn und einmal war ihm, jetzt sei wirklich eine an die Kammerscheiben geschossen. Er wollte aufstehen, aber mit bleiernen Gliedern blieb er liegen. Im ersten Grauen des Morgens sah er ganz bestimmt etwas Weißes vor seinem Fenster. Er stand auf. Ein Briefchen, durch das ein Faden gezogen war, hing am Fensterhaken.
»Bini!« schrie er.
Sie schrieb: »Ich muß mich vor Dir rechtfertigen, sonst sterbe ich. Bei dem schönen, unvergeßlichen Tag von Santa Maria del Lago, sei heute um Mitternacht im Teufelsgarten. Dein unglücklicher Vogel Binia.«
Josi biß sich auf die Lippen und sein Gesicht verfinsterte sich. »Thorheiten, Bini,« flüsterte er, und beim frühen Morgenessen sagte er zu Vroni: »Schwesterlein, ich habe es mir überlegt. Ich muß wieder in die Fremde. Je bälder je besser. Am Sonntag noch wollen wir miteinander zur Kirche gehen, dann reise ich wieder ab.«
Und seltsam! Vroni war über seine Rede wohl traurig, das Wasser trat ihr in die Augen, aber sie widersprach ihm nicht.
Sie dachte an Binia und ihre ahnungsreiche Seele witterte Gefahr für Josi.
Er zögerte und zögerte fortzugehen, er scherzte noch mit Joseli, der erwacht war, und dann war es immer, als wolle er noch etwas sagen oder fragen.
»Du