Nana. Emile Zola

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Nana - Emile Zola

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das konnte. Und man fand das keineswegs mehr häßlich, im Gegenteil; die Männer richteten ihre Operngläser auf sie. Als sie mit der Strophe fertig war, versagte ihr völlig die Stimme, sie sah ein, daß sie niemals zu Ende kommen würde. Ohne sich etwas daraus zu machen, wippte sie kurz mit der Hüfte, so daß sich eine Rundung unter der dünnen Tunika abzeichnete, während sie mit eingeknickter Taille und herausgepreßtem Busen die Arme ausstreckte. Beifall brach los. Sogleich hatte sie sich umgedreht und ging auf den Hintergrund der Bühne zu, ihren Nacken zeigend, den rotes Haar wie mit einem Tierfell bedeckte; und der Beifall wurde rasend.

      Der Schluß des Aktes war kühler. Vulkan wollte Venus ohrfeigen. Die Götter hielten Rat und beschlossen, auf der Erde zu einer Untersuchung zu schreiten, bevor sie die betrogenen Ehemänner zufriedenstellten. Und jetzt schwor Diana, als sie zärtliche Worte zwischen Venus und Mars aufschnappte, sie werde beide auf der Reise nicht aus den Augen lassen. Weiter kam noch eine Szene vor, in der Amor, von einer Range von zwölf Jahren gespielt, auf alle Fragen in weinerlichem Tonfall, die Finger in der Nase, „Ja, Mama . . . Nein, Mama“ antwortete. Daraufhin sperrte Jupiter mit der Strenge eines Lehrers, der sich ärgert, Amor in ein dunkles Zimmer ein und gab ihm auf, zwanzigmal das Verb „lieben“ zu konjugieren. Mehr Anklang fand das Finale, ein Chor, den alle Mitwirkenden und das Orchester glanzvoll und mit Feuer vortrugen. Aber als der Vorhang gefallen war, versuchte die Claque vergebens, einen Hervorruf zu erreichen; alle Leute standen und wandten sich schon den Ausgängen zu.

      Zwischen die Reihen der Sessel eingekeilt, trat man von einem Fuß auf den anderen, stieß sich herum und tauschte seine Eindrücke aus. Ein und dieselbe Bemerkung machte die Runde: „So ein Blödsinn!“

      Ein Kritiker sagte, darin müsse man noch ganz schön streichen. Am Stück war übrigens niemand gelegen; es wurde vor allem über Nana gesprochen. Fauchery und La Faloise, die mit zuerst herausgegangen waren, trafen Steiner und Mignon auf dem Gang des Sperrsitzes. Man erstickte in diesem langen Schlauch, der eng und niedrig wie ein Bergwerksstollen war und den Gaslampen beleuchteten. Einen Augenblick lang blieben sie am Fuß der Treppe zur Rechten stehen, durch das vorspringende Geländer geschützt. Die Zuschauer der billigen Plätze kamen mit einem ununterbrochenen Krach derber Schuhe herunter; die Woge der schwarzen Fracks zog vorüber, während eine Platzanweiserin die größten Anstrengungen machte, einen Stuhl, auf dem sie Kleidungsstücke aufgehäuft hatte, vor dem Gedränge zu schützen.

      „Aber ich kenne sie ja!“ rief Steiner, sobald er Fauchery erblickte. „Ganz bestimmt, irgendwo habe ich sie gesehen . . . Im Casino, glaube ich, und dort ist sie festgenommen worden, so besoffen war sie.“

      „Ich weiß nicht mehr genau“, sagte der Journalist, „mir geht es wie Ihnen, ich bin ihr sicher begegnet...“ Er senkte die Stimme und fügte lachend hinzu: „Vielleicht bei der Tricon.“

      „Donnerwetter! An einem schmutzigen Ort“, erklärte Mignon, der aufgebracht zu sein schien. „Es ist widerlich, daß das Publikum die erste beste hergelaufene Schlampe so empfängt. Bald werden keine anständigen Frauen mehr beim Theater sein . . . Ja, ich werde Rose schließlich verbieten zu spielen.“

      Fauchery konnte nicht umhin zu lächeln.

      Währenddessen nahm das Heruntergepolter der derben Schuhe auf den Stufen kein Ende; ein kleiner Mann mit einer Mütze sagte mit schleppender Stimme: „Oh, là là, die ist ganz schön mollig! Da ist was dran.“

      Auf dem Gang stritten sich zwei junge Leute, die mit dem Brenneisen gekräuseltes Haar hatten und mit ihren Eckenkragen sehr korrekt aussahen. Der eine wiederholte das Wort: „Ekelhaft! Ekelhaft!“, ohne einen Grund dafür anzugeben; der andere antwortete mit dem Wort: „Großartig! Großartig!“, ebenfalls jeglichen Beweis verschmähend.

      La Faloise fand Nana sehr gut; er wandte nur ein, daß sie besser wäre, wenn sie ihre Stimme bilden würde.

      Da schien Steiner, der nicht mehr zuhörte, plötzlich aufzufahren. Im übrigen müsse man abwarten. Vielleicht würde in den folgenden Akten alles schiefgehen. Das Publikum habe Entgegenkommen gezeigt, aber erschüttert sei es bestimmt noch nicht.

      Mignon schwor, das Stück werde nicht zu Ende gespielt werden, und als Fauchery und La Faloise sie verließen, um nach oben ins Foyer zu gehen, ergriff er Steiners Arm, drängte sich an seine Schulter heran und flüsterte ihm ins Ohr: „Mein Lieber, im zweiten Akt, das Kostüm meiner Frau, sie werden ja sehen . . . Es ist einfach wüst!“

      Oben im Foyer brannten drei Kristallkronleuchter mit grellem Licht. Die beiden Vettern zögerten einen Augenblick; die aufgeklappte Glastür ließ von einem Ende des langen Raumes zum anderen ein Gewoge von Köpfen erkennen, das zwei Strömungen in fortwährendem Strudel davontrugen. Sie traten trotzdem ein. Fünf oder sechs Gruppen von sehr laut redenden und gestikulierenden Männern behaupteten sich hartnäckig inmitten des Gestoßes; die anderen gingen reihenweise dahin und drehten sich auf ihren Absätzen um, die auf dem gebohnerten Parkett klappten. Rechts und links zwischen Säulen aus jaspisfarbigem Marmor betrachteten Frauen, die auf roten Samtbänken saßen, mit müder Miene, gleichsam erschlafft durch die Hitze, die vorüberziehende Woge; und hinter ihnen sah man in hohen Spiegeln ihre Haarknoten. Hinten vor dem Büfett trank ein Mann mit dickem Bauch ein Glas Fruchtsaft.

      Doch Fauchery war auf den Balkon gegangen, um Luft zu schöpfen. La Faloise, der eingerahmte Photographien von Schauspielerinnen studierte, die, mit den Spiegeln abwechselnd, zwischen den Säulen hingen, folgte ihm schließlich. Soeben war die Gaslichtrampe am Giebel des Theaters ausgelöscht worden. Auf dem Balkon, der ihnen leer vorkam, war es stockdunkel und sehr frisch. Nur ein junger Mann stand, von der Finsternis eingehüllt, die Ellbogen auf das steinerne Geländer gestützt, in der rechten Türöffnung und rauchte eine Zigarette, deren Glut aufleuchtete. Fauchery erkannte Daguenet. Sie drückten sich die Hand.

      „Was machen Sie denn hier, mein Lieber?“ fragte der Journalist. „Sie verstecken sich in engen Winkeln, wo Sie sonst an Premierenabenden nie das Parkett verlassen.“ „Aber Sie sehen doch, ich rauche“, antwortete Daguenet.

      Darauf sagte Fauchery, um ihn in Verlegenheit zu bringen: „Na, was halten Sie von der Debütantin? — Auf den Gängen macht man sie ziemlich runter.“

      „Oh“, murmelte Daguenet, „Männer, die sie wahrscheinlich nicht gewollt hat.“ Das war sein ganzes Urteil über Nanas Begabung.

      La Faloise beugte sich vor und betrachtete den Boulevard. Gegenüber waren die Fenster eines Hotels und eines Klubs hell erleuchtet, während auf dem Bürgersteig eine schwarze Masse von Gästen die Tische des Café de Madrid einnahm. Trotz der vorgerückten Stunde drängte sich die Menge; man ging mit langsamen Schritten voran; ständig kamen Menschen aus der Passage Jouffroy, Leute warteten fünf Minuten lang, bevor sie die Straße überqueren konnten, so weit erstreckte sich die Reihe der Wagen.

      „Was für ein Verkehr! Was für ein Lärm!“ sagte La Faloise immer wieder, den Paris noch in Erstaunen setzte.

      Ein langes Klingeln ertönte, das Foyer leerte sich. In den Gängen hastete man. Der Vorhang war hochgezogen, als Leute scharenweise zum Mißvergnügen der schon sitzenden Zuschauer wieder hereinkamen. Jeder nahm mit belebtem und aufs neue gespanntem Gesicht seinen Platz wieder ein. La Faloises erster Blick galt Gaga; aber erstaunt stutzte er, als er den großen Blonden bei ihr sah, der vorhin in Lucys Proszeniumsloge gewesen war.

      „Wie heißt denn dieser Herr?“ fragte er.

      Fauchery sah ihn nicht.

      „Ach ja, Labordette“, sagte er schließlich mit derselben unbekümmerten Geste.

      Die Dekoration des zweiten Aktes war eine Überraschung. Man befand sich in einer Tanzkneipe vor den Toren, in der „Boule-Noire“,

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