Wirklichkeiten. Kurd Lasswitz

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Wirklichkeiten - Kurd Lasswitz

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als Energieumwandlungen bezeichnen. Zu dieser Bestimmung gehört es auch, daß, wenn der Körper zu meinem menschlichen Leibe in eine gewisse räumliche Beziehung tritt, Veränderungen in diesem meinem Leibe auftreten. Nun ist mein individueller Geist seinerseits nichts anderes als eine gesetzliche Bestimmung, daß eine außerordentlich große Anzahl von räumlich-zeitlichen Veränderungen eine Einheit bilden, die als ein »Ich« erlebt werden. Unter diesen räumlich-zeitlichen Beziehungen findet sich auch die immer wiederkehrende, die ich meinen Leib nenne. Seine Veränderungen werden daher als Veränderungen meines Ich erlebt, und somit erlebe ich einen Körper, der auf meinen Leib wirkt, eben als eine Veränderung am Inhalt der gesetzlichen Bestimmung, die mein individueller Geist heißt. Dieses »Erleben« ist nur die Bezeichnung dafür, daß eine Veränderung des Systems stattfindet, das mein Ich heißt; aber es bedeutet nicht, daß eine andre Art des Seins zu der Veränderung meines Leibes hinzutrete.

      Was »Erleben« ist, das kann man niemand beschreiben, es ist eben die unmittelbare Erfahrung, die jeder an sich macht, und wodurch er weiß, daß er existiert; die Erfahrung, daß ein Inhalt Veränderung erleidet. Farben, Widerstände, Temperaturen usw. erfüllen als Qualitäten von Gegenständen Raum und Zeit; diese Tatsache und die Tatsache ihrer Veränderung, verbunden mit dem Zustande, den wir unser Gefühl nennen, ist unser Erlebnis. Wieweit wir etwas »erleben«, soweit reicht unser Ich. Woher aber das »Erleben« kommt, das kann nicht erklärt werden, weil es die ursprüngliche Tatsache ist, auf die alle Erklärungen zurückweisen; es ist das gegebene Ereignis, das Grundphänomen, das vorausgesetzt werden muß. Erlebnis ist also die Form, in welcher uns Bestimmungen des räumlich-zeitlichen Inhalts überhaupt entgegentreten. Wir kennen es nur an unserm eigenen Ich und sonst nirgends in der Welt; aber wir haben unwiderlegbare Gründe, dies Erleben bei zahllosen anderen Einheiten vorauszusetzen, und diese nennen wir bewußte Wesen oder individuelle Geister.

      »Ich bin ein Geist« heißt somit: »ich erlebe etwas«. Dieses »Etwas«, das ich erlebe, ist der Inhalt meines Ich; es wird erlebt. Der Inhalt und das Ich sind nicht zu trennen, eines ist ohne das andere nicht denkbar. Insofern der Inhalt als eine Einheit erlebt wird, haben wir ein Ich, einen Geist, ein Erlebendes, insofern aber jede Einheit eine Mannigfaltigkeit voraussetzt, die eben in ihr eins ist, haben wir einen Inhalt, ein Erlebtes. Das, was wir das Geistige zu nennen pflegen, hat also gar nichts an dem Inhalt des Erlebten zu bewirken, es ist nur der Beziehungspunkt, die Einheit, wodurch ein gewisser Inhalt jenes System bildet, das ich mit dem Charakter der Bewußtheit als mein Ich kenne. Aber alles, was ich erlebe, erlebe ich als Inhalt so, wie es ist. Die Veränderungen, welche die Körper und mit ihnen mein Leib gegenseitig erleiden, sind diejenigen gesetzlichen Beziehungen im Raume, die wir als Natur bezeichnen. Ob sie erlebt werden oder nicht, das ändert an ihnen und ihren Gesetzen gar nichts. Sie bleiben genau, was sie sind, und was wir nach wissenschaftlichem Sprachgebrauch unter Körpern verstehen. Wenn sie von einem Ich erlebt werden, so verwandeln sie sich dabei nicht in etwas Geistiges, sondern sie bilden jetzt nur durch die Verbindung mit dem Leibe eines Menschen neuen Inhalt, eine Mannigfaltigkeit flüchtigerer und unbestimmterer Art, deren Einheit inbezug auf die Körper immer noch das Gesetz (System) ist; für sich genommen aber erlebt sich dieser neue Inhalt (als Mannigfaltigkeit in der Einheit) selbst und heißt dann ein » Ich«. Daß also in der Naturgesetzlichkeit des räumlich-zeitlichen Weltinhalts das Phänomen des Erlebens, das Ich-sein, sich vorfindet, ändert nichts an der Notwendigkeit des Geschehens, an der naturgesetzlichen Bestimmtheit. Nur läßt sich diese Bestimmtheit nicht in der Einheit des Ich definieren, sondern allein durch die Einheit des Gesetzes (Systems), wodurch die Körper in ihrer räumlich-zeitlichen Mannigfaltigkeit bestimmt sind ohne Rücksicht darauf, daß sie Teile des Inhalts eines individuellen Ich bilden und in ihm erlebt werden. Die Naturwissenschaft sieht davon ab. Man kann sagen: Dieselbe Einheit gesetzmäßiger Bestimmungen, die wir aus der Erfahrung als individuellen Geist kennen, insofern wir sie selbst erleben, heißt ein objektiver Vorgang oder Körper, wenn sie ohne Rücksicht auf dieses Selbsterlebnis betrachtet wird und nur bestimmt werden soll durch die Wechselwirkung, in der sie mit andern räumlichen Systemen steht. Will man die letztere Bedingtheit hervorheben, so nennt man den betreffenden Gegenstand physisch; derselbe Vorgang heißt psychisch, wenn er, wie in der Psychologie, als Bestandteil des Erlebnisses eines individuellen Geistes gegeben ist. Komme ich von der Naturwissenschaft her, so sage ich, es gibt körperliche Systeme, die sich selbst erleben; aber für mich haben sie in dieser Hinsicht kein Interesse. Komme ich von der Psychologie her, so sage ich, alle Dinge gehören als Bestandteile irgend einem Bewußtsein an. Veränderungen, die ich in mir psychisch erlebe, sind für einen zweiten, äußern Beobachter nur physische, aber insoweit dadurch Veränderungen am Inhalt seines eigenen Systems (Leibes) entstehen, ändert sich auch sein Erlebnis. Die Menschen wirken aufeinander immer nur durch physische Mittel, optisch, akustisch, mechanisch usw. Das aber bedeutet nicht, daß hierbei eine Umsetzung von Psychischem in Physisches und umgekehrt stattfinde, sondern daß die Zusammenhänge im Raume, nämlich dieses Gehirn und jenes Gehirn, sich verändern, womit diese Abänderung psychisch in den Individuen erlebt wird. Die Gehirne der Menschen gehören einem Zusammenhange der Dinge im Raume an, der für jedes dieser Gehirne zum Teil derselbe ist, zum Teil aber durch andere Zusammenhänge gestört wird. Daher stimmen die Einheiten, die sie erleben, in gewissem Grade überein, während sie im übrigen die Unterschiede zeigen, wodurch eben ein Individuum vom anderen sich trennt. (Vgl. Seite 116.).

      Wenn ich dem Monde physische, nicht psychische Existenz zuschreibe, so will ich damit nur sagen, daß es sich um gesetzliche Zusammenhänge handelt, die ganz unabhängig davon sind, ob sie von jemand erlebt werden oder nicht; und wenn ich meiner Vorstellung vom Monde psychische Existenz zuschreibe, so will ich damit nur sagen, daß jene gesetzlichen Zusammenhänge oder Teile von ihnen augenblicklich zu denjenigen gehören, die ich als mein Ich erlebe; darum bleiben sie nicht weniger physisch auch in diesem neuen Zusammenhange mit den Prozessen in meinem Gehirn; und der physische Mond ist nicht weniger psychisch, insofern sein objektives Gesetz von jemand gedacht wird.

      Man wird vielleicht meinen, daß mit dem vorgestellten Inhalt das Wesen des Psychischen nicht erschöpft sei, daß eben doch der Charakter der Bewußtheit als eine neue Seins-Art hinzukäme durch die vorstellende Einheit des Bewußtseins. In dieser Einheit besteht allerdings die Eigenart des Psychischen; daß sie aber außer dem Inhalt etwas sei, beruht auf einer Täuschung. Niemand wird in seinem Bewußtsein außer dem, was er sich vorstellt, z. B. den Mondschein, noch eine besondere Tätigkeit des Vorstellens finden; er findet nur vielleicht noch einen neuen Inhalt, nämlich den Gedanken, daß er etwas Vorgestelltes, nicht etwas wirklich Wahrgenommenes vor sich hat, daß der Mond nicht tatsächlich am Himmel steht; oder er findet, wie z. B. wenn wir uns besinnen, einen dunklen, unklaren Inhalt, aus dem sich dann ein Teil allmählich deutlicher hervorhebt; oder er findet auch, ein Gefühl der Anstrengung, das mit dem willkürlichen Wechsel der Vorstellungen verbunden ist; er findet dieses Streben und Wollen selbst; dies alles aber, eben weil er es in sich findet, ist als Inhalt seines Bewußtseins zu bezeichnen. Man mag auch unbedenklich den Prozeß des Vorstellens eine Tätigkeit nennen, weil er mit dem Gefühl, ihn zu wollen, mit einem vorgestelltem Ziele, verbunden ist. Nur wäre es unrichtig zu meinen, daß man mit diesem Vorstellen etwas Äußeres zu einem Innern machte; man ändert vielmehr nur die Zusammensetzung eines Inhalts. Man hört wohl den Ton, aber man hört nicht das Hören. In dem Akt des Vorstellens haben wir also nicht eine Umwandlung des räumlich-zeitlichen Inhalts unseres Ich etwa in Form des Psychischen durch die Tätigkeit des Bewußtseins zu sehen, sondern nur den tatsächlichen Vorgang am Inhalt, insofern er eine Einheit bildet. Wollte jemand sagen, die Verbindung zur Einheit im Ich nenne er eben den Übergang des Physischen ins Psychische, so braucht man ja über Worte nicht zu streiten; sachlich muß nur festgestellt werden, daß der Ausdruck »Übergang« irreführend ist. Durch das Bewußtwerden findet keine Veränderung der Existenz statt außer der neuen Gruppierung der Bestandteile zu Einheiten.

      Einen Einwurf wird man dieser Auffassung zunächst immer wieder entgegenhalten. Man wird sagen: Wenn ich den Mond sehe, so finde ich in meinem Bewußtsein Helligkeit von bestimmter Gestalt, ich fühle die Schönheit der beglänzten Landschaft, ich habe eine weihevolle Stimmung der Ruhe; in meinem Innern sind Empfindungen und Gefühle. Der Naturforscher aber sagt uns: Im Raume sind nur Ätherwellen von gewisser Schwingungsdauer, strahlende

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