Magie. Ines Witka

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Magie - Ines Witka страница 8

Magie - Ines Witka Theater der Lust

Скачать книгу

High Heels, zu kunstvoll gefesselten, meist weiblichen Körpern, mit Tattoos und Piercings überzogenen, meist männlichen Körpern. Und immer wieder Latex-Fashion-Bondage-Inszenierungen. Meine Entdeckerlaune, die ich beim Betreten des Ladens gespürt hatte, sank beim Anblick der Bilder und der Vielzahl der Angebote. Das Satinkorsett, das ich kurz zuvor in der Hand gehalten hatte, erschien mir nun viel zu brav angesichts der kunstvollen und aufwendig gestylten Models. Es lagen Bände mit Fotos von harten Strafmaßnahmen, die mich erschreckten, neben denen, die mit Macht und Unterwerfung spielten, ohne allzu schmerzhaft zu wirken. Diese Szenen fand ich sofort erregend und entschied, dass sie »salonfähig« waren.

      Ich suchte nach weiteren Antworten und blätterte in einem BDSM-Lexikon, das mich noch mehr einschüchterte. Unter dem Stichwort »salonfähig« war nichts zu finden. Ab und zu blickte ich verstohlen auf und beobachtete andere Kunden, die bei den Vitrinen standen, sich beraten ließen oder spielerisch eine der Peitschen schwangen. Sie sahen harmlos aus.

      Um mich für die aufmerksame Beratung zu bedanken, wollte ich etwas kaufen und wählte aus einer Vitrine ein weiches Spitzenhalsband. An der Kasse entdeckte ich dann den Flyer des Clubs namens Dark Light. Der Name sagte mir damals nichts.

      Heute weiß ich, dass sich der Club direkt unter dem Theatercafé befindet. Der Eingang liegt im Hinterhof des Theaters. Eine steile Treppe führt in den Garderoben- und Kassenraum hinunter. Von dort geht’s über eine schwankende Holzbrücke in die Clubräume. Auf dem Weg über die Brücke steigt die Spannung unwillkürlich. Die Backsteinwände des Gewölbekellers sind unverputzt. Ein Teil des Clubs ist als Bar eingerichtet. Der größte Teil ist jedoch als mittelalterliche Welt inszeniert.

      Beim ersten Besuch ging ich mit aufmerksamen Augen durch die Clubräume. Dabei versuchte ich, die Ställe, die Ketten, den Pranger und andere Möbelstücke, die ich im schummrigen Licht erkannte, mit der Professionalität einer Forscherin wahrzunehmen. Irritiert musste ich zur Kenntnis nehmen, dass sich mein Geschlecht – meine Lady – mit heftiger Erregung meldete. Sie funkte ununterbrochen: »Das ist geil, ja, fesseln, ja, am Pranger stehen, ja, ja.« Einen noch größeren Konflikt zwischen Kopf und Körper erlebte ich, als ich die erste Schlag-Session beobachtete. Davor brachte ich Schläge mit frauenfeindlichen Reden und dem mit Gewalt verbundenen Sex in Verbindung. Ich brachte es mit meinem eigenen Ausleben von Selbsthass und mangelndem Selbstwertgefühl in Verbindung. Doch am Pranger stand keine Frau, sondern ein Mann, der sich schlagen ließ und dies genoss. Trotz dieser Widersprüche zuckte meine Lady und bescherte mir ein feuchtes Höschen. Im Laufe dieses Rundgangs begegnete ich auch Frauen, die Schläge empfingen, und sie dienten ihrem Vergnügen.

      In den Monaten, die seit diesem Streifzug durch die Geschäfte und den ersten Erlebnissen im Club vergangen waren, entdeckte ich mit der Theater-Clique so viel Neues. Wie viel Vergnügen mir eine Augenbinde und Handfesseln bereiten, wie ich Federn für sanfte Streicheleinheiten und die Klatsche für leichte Schläge genieße und wie lustvoll es sein kann, dabei fixiert zu sein und nicht zu wissen, was als Nächstes geschieht.

      Ohne Ralfs und Gils liebevolle Unterstützung hätte ich nie gewagt, ihnen die hässliche Geschichte von Alexanders Abschiedsfick zu erzählen oder den Tisch beim Roten Mond Salon zu betreuen. Die Angst, dass sie mich dann nicht mehr lieben, empfinde ich bei ihnen nicht. Ralf fand Alexanders Verhalten abscheulich, Gil war voller Mitgefühl und gleichzeitig aufgebracht.

      »Ich behaupte mal, dass das häufig vorkommt«, sagte sie damals. »Diese ungeklärten Vorfälle zwischen Beziehungspartnern, die der Mann als leidenschaftlichen Fick deutet und die Frau bestenfalls als Missverständnis. Du machst dir vor, dass dies noch einmal ein Akt nach Alexanders Regeln war. Er nimmt sich das, was er will, und das ist okay für ihn, weil er ein Mann ist. Du lässt es zu, weil du noch seine Frau bist. Doch diese Pflichterfüllung dem Mann gegenüber existiert nicht mehr. Heute gibt es sexuelle Selbstbestimmung und den Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe. Du kannst Alexander anzeigen. Willkommen im 21. Jahrhundert.«

      Ich erinnerte sie an meine Herren der Hölle, mit denen ich mir ausgefeilte Szenarien von erzwungenem Sex vorstelle.

      Doch das ließ Gil nicht gelten. »Ja, das hätten die Männer wohl gerne, eine simple Rechtfertigung für ihre sexuellen Übergriffe. Doch nur weil die Mehrheit aller Frauen immer noch Fantasien darüber haben, wie sie zum Sex gezwungen werden, darf man es nicht tun.« Sie sprühte vor Verachtung. »So einfach darf man es sich nicht machen. Überwältigungs-Fantasien sagen nichts darüber aus, was Frauen tatsächlich erleben möchten. Die Vorstellungen sind davon geprägt, welche schmerzhaften Erfahrungen Frauen gemacht haben. Fantasien helfen, sie in lustvolle umzuwandeln, Konflikte zu bewältigen, an Tabus zu rühren. Es sind komplexe Prozesse des Gehirns. Egal, wie extrem deine Fantasien sind, sie rechtfertigen keine Misshandlungen. Deine Fantasien haben ein Skript. Du wählst den Mitspieler, kontrollierst die Dosis des Schmerzes und der Demütigung. Und, das ist das Entscheidende, sie lassen sich sofort von dir stoppen. Es sind deine Regeln, und es dient deiner Lust.«

      Nun könnte ich vor Vergnügen jauchzen, wie gut unser erster Roter Mond Salon geklappt hat.

      »Und?«, fragt Gil und lässt sich zu mir aufs Sofa fallen. Der Champagner in ihrem Glas schwappt über.

      »Ich fühle mich wie ein Pferd in der Wildnis. Befreit. Erleichtert. Glücklich.«

      Gil trinkt einen Schluck Champagner und stellt ihr Glas auf den Boden. »Mir geht es ähnlich. Zu aufgekratzt, um nach Hause zu gehen.«

      Sie schiebt die Ärmel ihrer weißen Bluse hoch und legt den Arm um mich. Auf ihrem Unterarm ist Forget the rules eintätowiert. Gil ist ein unruhiger Geist, verfügt über eine unerschöpfliche Energie, arbeitet viel und geht meistens spät ins Bett.

      »Du strahlst so was Erwartungsvolles aus. Hast du noch was vor?«

      »Stimmt«, kichert sie und dehnt sich genüsslich. »Du, die Bühne ist noch nicht umgebaut. Die gesamte Ausstattung der Samstagsaufführung steht uns beiden jetzt allein zur Verfügung.« Sie öffnet den Verschluss ihrer Halskette mit dem Anhänger aus zwei silbernen Kugeln und lässt ihn in ihre Hand rutschen. »Liebeskugeln für die Lady«, grinst sie.

      Bevor ich die Kugeln ganz genau betrachten kann, bewegt sie diese schon auf meinem Venushügel hin und her. »Was meinst du? Hast du Lust, sie zu tragen?«

      Als ich nicke, schiebt sie die Kugeln in ihren Mund, öffnet den Reißverschluss meiner Jeans, lässt ihre Hand mit den nun befeuchteten Kugeln in meinen Slip gleiten. Die Objekte rollen die Vulvalippen entlang. Sie sind erstaunlich schwer. Ein leichter Druck, und schon verschwinden sie mühelos nacheinander in mir. »Oh«, murmelt sie. »So bereit?«

      Sie beugt sich zu mir herunter und küsst mich auf den Bauch. Langsam und behutsam schließt sie den Reißverschluss.

      »Ich habe noch nie solche Kugeln getragen«, gestehe ich. »Was muss ich tun?«

      »Nichts«, gluckst sie. »Genieße! Komm!«

      Sie streckt mir die Hand hin. Gespannt richte ich mich auf. Die Objekte sind kaum zu spüren. Erst als ich loslaufe, schwingen sie leicht in mir und massieren mich.

      Sie stellt eine volle Champagnerflasche in den Kühler und kippt eine Ladung Eiswürfel dazu. Gemeinsam gehen wir zur Künstlergarderobe hinüber.

      »Zieh dich um. Die Rollen sind klar, oder?«, fragt Gil. »Ich bin die Baronin.«

      Heiß fährt mir ihre Ansage unter die Haut. Will sie eine Szene aus dem Stück Revenge nachspielen? Wenn ja, welche? Und wenn sie die Baronin ist, dann bin ich sicher eine der drei jungen Frauen, die der Baronin zu Diensten sind. Was sie wohl von mir erwartet? Ich bin keine Schauspielerin.

      In

Скачать книгу