Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan
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Читать онлайн книгу Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2) - Perry Rhodan страница 57
Rhodan deutete auf die Gefangene, die nach wie vor die Augen geschlossen hielt. »Darf ich?«, fragte er.
Kommandantin Madouni nickte. »Nur zu.«
Er drehte sich zu der Topsiderin. »Mein Name ist Perry Rhodan. Vielleicht hast du schon von mir gehört.«
Sie setzte sich mit einer einzigen, gleitenden, geschmeidigen Bewegung auf. Ihre Augen waren tiefrot. »Du bist der, der kommen soll.« Ihr Interkosmo war akzentfrei. Sie stand auf, ging einen Schritt, bis sie direkt vor dem Energievorhang stehen blieb. »Wie ... unerwartet. Es stimmt also tatsächlich.«
»Dein Volk hat gestern ein Ultimatum gestellt. Die Liga soll mich ausliefern.«
»Davon weiß ich nichts. Ich bin seit zwei Tagen von der Außenwelt abgeschnitten.«
»Warum wollen sie mich in ihre Gewalt bringen?«
»Hast du nicht zugehört?« Die Topsiderin hob die rechte Hand, streckte sie aus, bis sie den Energievorhang berührte. Winzige Überschlagsblitze verästelten sich. Ein energetisches Summen ertönte, und offenbar wurde ihr Arm abgestoßen; er zuckte, und der Ellenbogen ruckte hin und her, doch sie presste die Hand weiterhin nach vorne. »Ich bin hier von allem abgeschnitten!«
»Aber du weißt ...«
Sie drückte fester, das Summen wurde lauter, fast ein Kreischen, und der ganze Körper der Topsiderin zuckte.
»Nimm die Hand zurück!«
Sie verzog den Mund in ihrer Nicht-Schnauze. Ein Speichelfaden trat aus, rann ihr übers Kinn.
»Nimm sie zurück!«
»Wieso ... sollte ... ich?« Sie stieß mit der Stirn gegen den Vorhang, und nun wurde sie zurückgeschleudert, krachte an die Pritsche und knickte ein. Die Schuppen ihrer Handinnenfläche dampften.
»Bleib sitzen!«, forderte Rhodan.
»Noch einmal – warum sollte ich?«
»Weil ich gehe, wenn du aufstehst.«
Ein Lachen antwortete ihm. »Welchen Unterschied macht es?«
»Für dich – jeden«, sagte er. »Du weißt, wer ich bin, und deshalb bin ich für dich unwiderstehlich. Dir ist klar, wieso dein Volk mich in seine Gewalt bekommen will. Also, rede. Weshalb bin ich so wichtig für die Topsider?«
Die Topsiderin sah ihn an. »Weil deine Ankunft alles verändern wird.«
2.
Ein Traumspiel (4)
So viele Erinnerungen wehen durch meinen Traum, der kein Traum ist. Sie sind der Grund, weshalb die Bilder nicht enden: Das, was geschehen ist, darf nicht im Vergessen versinken.
Etwas in mir ruft die Szenen der Vergangenheit vor mein Auge – obwohl ich keine Augen mehr habe, um zu sehen; kein Ohr, mit dem ich hören könnte, und doch rauscht der Lärm zu mir, tanzt selbst das leiseste Geräusch in meinen Verstand hinein.
Ich habe gesehen und gehört, geschmeckt und gefühlt, wie ich mit der ganzen Erde versetzt wurde und die extrem erhöhte Hyperimpedanz katastrophale Unfälle bewirkte. Wie einer dieser Unfälle mich zu Amalia führte. Wie die Menschheit mit der neuen STARDUST zum Wegasystem aufbrach und es tot und leer vorfand, was die Topsider auf den Plan rief und uns eine erste Ahnung verschaffte, welche Gefahren auf uns lauern.
Aber bei all dem sind die Bilder des Nicht-Traumes stets einem wichtigen Thema ausgewichen, das ebenfalls nicht im Dunkel des Vergessens versinken darf. Denn Terra ist nicht allein versetzt worden. Der Mond begleitet die Erde, wie es seine angestammte Pflicht ist.
Luna.
Und mit ihm NATHAN, der schläft, wie ich schlafe. Nur dass unser beider Schlaf kein Schlaf ist, sondern mehr als das, und dass der Tag kam, an dem das Mondgehirn erwachte, etwa ein Jahr vor der Begegnung mit den Topsidern und nur einen Tag nach der ersten Rede des Jathao Vanoth.
NATHAN erwachte ...
... und weinte.
*
Am 4. März 1626 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, etwas mehr als zwölf Jahre nach der Versetzung, lief es wie ein Schock durch nahezu sämtliche Rechner auf Terra und Luna. Ein positronischer Aufschrei, der trotz seiner Intensität für jeden Menschen unhörbar verhallte. Roboter jedoch stellten für die Dauer einer Sekunde – einer rechnerischen Ewigkeit – ihre Arbeit ein, Systeme stürzten ab und starteten neu.
Homer G. Adams las in diesem Moment eines der alten Papierbücher seiner Sammlung – das Faksimile einer Erstausgabe eines Klassikers der Science-Fiction-Literatur, die sich damals gerade selbst erfunden hatte und bald von der Wirklichkeit überholt worden war.
Er hätte es nicht sofort mitbekommen, wenn der positronische Aufschrei nicht um 23.35 Uhr stattgefunden und wegen des Absturzes der Hauspositronik auch das Licht erloschen wäre. So legte er »Out of the Silent Planet«, den ersten Teil der »Perelandra«-Trilogie von C. S. Lewis, beiseite. Er stand auf und wollte sich gerade durch das dunkle Zimmer tasten, als die Lampe neben seinem Sessel bereits wieder ansprang.
»Was war das?«, fragte er.
»NATHAN ist erwacht«, meldete die Positronik. »Aufgrund der allgemeinen Vernetzung hat mich die Schockwelle kurzzeitig überfordert.«
»Schockwelle?«, hakte Adams nach, während er bereits darüber nachdachte, ob er mit der Residentin Gisso Appelles Kontakt aufnehmen sollte. NATHANS Erwachen nach zwölf Jahren war nicht mehr und nicht weniger als eine Sensation. Seines Wissens planten die Betreuer keine Aktion, um den lunaren Großrechner aus seiner Inaktivität zu wecken – was seit dem CEE etliche Male versucht worden war. Also war NATHAN wohl spontan erwacht.
»Der Schock der Trauer, die das Mondgehirn empfindet«, erklärte die Hauspositronik.
»Was ist mit NATHAN?«
»Er vermisst seine Tochter, die verschwunden ist.«
So also äußert sich die Trauer eines Rechners, dachte Adams. Oder vielleicht die auf eine reine Informationsebene heruntergebrochene Kopie eines echten Gefühls. »Du redest von YLA?«
»Kennt NATHAN denn ein anderes Kind als einzig das positronische Phantom?«, fragte die Maschine, und die Betonung klang ebenso pathetisch wie die Wortwahl. »YLA ist verloren!« Ein Hauch von Melancholie spielte in den Worten.
*
»NATHAN?«, fragte Adams wenige Stunden später. Er saß mit der Residentin in deren Hauptbüro im Solaren Haus. Die Verbindung mit dem Mondgehirn stand, sie hatten ein Gespräch mit höchster Priorität angemeldet.
»Du bist Homer G. Adams«, stellte NATHAN fest – eine