ACT in Klinik und Tagesklinik. Группа авторов

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Schweiz. Dazu wird mit jeder Patientin und jedem Patienten vor dem Eintritt ein aufwändiges Indikationsprozedere durchgeführt: Hier erfolgt zum einen eine (trans-)diagnostische Beurteilung. Zum anderen wird mit der Patientin bzw. dem Patienten ein Vorschlag für ihr bzw. sein individuelles Behandlungskonzept entworfen, wobei ihr oder ihm ACT als Therapiemethode vorgestellt wird und die Patientin oder der Patient auch die Möglichkeit erhält, die Station zu besichtigen und sich den Wochenplan erläutern zu lassen. Das Wochenprogramm umfasst neben diversen milieutherapeutischen Gruppen, die mehrheitlich von Pflegefachkräften durchgeführt werden, eine Achtsamkeitsgruppe, eine spezische ACT-Gruppe, eine Selbstsicherheitsgruppe, eine Psychoeduktionsgruppe sowie musiktherapeutische, bewegungstherapeutische, kunsttherapeutische und physiotherapeutische Gruppen. Daneben beinhaltet das Programm zwei psychotherapeutische Einzelgespräche, ein fachpflegerisches Bezugspersonengespräch, eine fachmedizinische Eintrittsuntersuchung und weitere medizinische und sozialarbeiterische Gespräche, je nach aktuellem Behandlungsbedarf. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten eine ACT-Schulung und eine regelmäßige externe ACT-Supervision wird angeboten. Eine Visite im klassischen Sinne wird nicht durchgeführt. Alle Patientinnen und Patienten werden aber regelmäßig oberärztlich vorgestellt und diskutiert. Die Station ist trial ärztlich, psychologisch und pflegerisch geleitet. Gegenwärtig beschäftigt sich das Team verstärkt damit, wie die Abläufe optimiert und Prozesse übersichtlich dokumentiert werden können, wie Kernteams (fallführende Therapeutin bzw. Therapeut und Bezugsperson) sich besser um die Patientin bzw. den Patienten herum koordinieren können und die Qualität der Gruppentherapien effizienter gestaltet werden kann. Die Fallkonzeptualisierung wird in erster Linie auf der Matrix aufgebaut, die für jede Patientin und jeden Patienten in den ersten drei Wochen erarbeitet werden soll. Als hilfreich ergänzend erlebt wird zudem die Arbeit mit Lebenslinien. Die Behandlungsplanung baut auf der Fallkonzeption auf, der GAS (Goal attainmentscaling, Kiresuk und Lund 1979) und der Pflegeplanung. Die Inhalte dieser Instrumente fließen in den so genannten »Interprofessionellen Rapport« ein. Dieses »Gefäß« ist über die ganze Behandlung mindestens fünfmal vorgesehen und stellt eine Plattform dar, in der für alle ersichtlich die Kernteams den Stand ihrer Arbeit mit der Patientin oder dem Patienten sowie die angestrebten nächsten Schritte beschreiben.

      Gemeinsamkeiten der drei Praxisbeispiele

      Ableitend aus diesen drei Darstellungen aus der Praxis lassen sich die Besonderheiten der ACT im stationären Setting gut veranschaulichen. Die Besonderheit von ACT im stationären und teilstationären Setting liegt eben nicht in den einzelnen Therapiebausteinen, den behandelten Diagnosen oder den Kontext-spezifischen Interventionen (z. B. ärztlichen Visiten). Auch kann der Implementierungskontext (Neuaufbau vs. Neuorientierung einer Abteilung) unterschiedlich sein. Die Besonderheiten der ACT liegen vielmehr im Verständnis, in der Haltung sowie der therapeutischen Sprache und dem therapeutischem Umgang mit psychischem Leiden. Dabei macht die ACT über die hierfür notwendige starke interdisziplinäre Zusammenarbeit, den Umgang auf Augenhöhe aller Beteiligten sowie die ständige Ausrichtung jeder Intervention an den spezifischen Werten der Betroffenen die stationäre Behandlung mittels ACT so besonders. Im Umkehrschluss sind es auch genau diese Aspekte, welche sich für eine erfolgreiche Implementierung von ACT in einem stationären Rahmen wichtig erweisen, und daher eine Besonderheit der ACT als Therapieansatz darstellen, wenn man diese in ein stationäres oder teilstationäres Setting zu übertragen beabsichtigt.

      Diese Besonderheit in der Haltung gegenüber der Behandlung und den zu Behandelnden lässt sich unserer Erfahrung nach sowohl im interdisziplinären Team, wie auch direkt mit den Betroffenen sehr gut anhand einer Metapher veranschaulichen. Eine geeignete Beispielmetapher ist dem Kasten Praxistipp zu entnehmen.

      Vorbereitung: Patientin bzw. Patient und Therapeutin bzw. Therapeut halten einen mit ein paar nicht zu schweren Gegenständen bepackten Rucksack. Dieser symbolisiert das Problem, das zum Aufsuchen einer Behandlung geführt hat. Fragt man in diesem Stadium, was die Patientin oder der Patient am liebsten damit machen würde, so wird meist geantwortet: wegwerfen, abgeben. Dann kann empathisch nachgefragt werden, wie gut das bisher funktioniert hat. Es wird nun zu einem Experiment eingeladen und mit der Frage: »Sind Sie dazu bereit?« das Einverständnis dazu geholt.

      1. Instruktion: Die Tasche soweit wie möglich mit beiden Händen von sich weghalten. Wie fühlt das sich im Körper an? Die meisten Patientinnen und Patienten finden es anstrengend und ermüdend. Während des stationären Aufenthaltes wird versucht, etwas aus der Tasche auszupacken (symbolisiert durch Herausnehmen eines Gegenstandes) mit den vermutlich bekannten lösungsorientierten Methoden (z. B. mit Medikamenten, Fango etc.). Bei Aufnahme der Patientin oder des Patienten ist oft noch nicht bekannt, wie groß di eser Anteil sein wird. Wenn das Team nun aber zu viel Gewicht auf das Lösen und »Wegmachen« dieser Probleme legt, dann tut es unter Umständen das Gleiche, was die Patientin oder der Patient schon sehr lange versucht hat und was bislang offensichtlich nicht funktioniert hat. Denn auch wenn das Gewicht weiter von Derjenigen oder Demjenigen weg ist, das Wegdrücken ist dennoch kräftezehrend. Und darüber hinaus: Hat man die Hände frei für Tätigkeiten, die man gerne machen möchte? Wie wirkt sich das »weggehaltene Problem« auf zwischenmenschlichen Kontakt aus? Meistens halten die Patientinnen und Patienten die Tasche vor sich und können so ihr Gegenüber weniger gut sehen oder mit der Umwelt interagieren.

      2. Instruktion: Wie kann ich es mir leichter machen, ohne etwas wegnehmen zu müssen? Gibt es andere Arten, die Tasche zu tragen? Meistens nehmen die Patientinnen und Patienten intuitiv die Tasche näher an den Körper, d. h. sie lassen mehr Berührung zu und die Tasche (das Problem) verschwindet aus dem Blickfeld. Sie nehmen das Problem zu sich, »nehmen es an«, was dabei hilft, den Begriff der Akzeptanz als aktives Verhalten, das Verständnis menschlichen Leidens sowie das Therapierational nach ACT erfahrbar zu machen.

      5.4 Worauf ist zu achten? – Fußangeln und Fallstricke

      Eine Erfahrung, die sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen mit Erfahrungen mit der Arbeit nach ACT teilen werden, ist, dass die alternative Sichtweise und Haltung der ACT auch zu Konfusionen, Verwunderung oder Widerstand führen kann. Des Weiteren kann man sich auch und insbesondere im stationären Rahmen fragen, wie diese Haltung mit verschiedenen institutionellen, krankheitsbedingten und/oder persönlichen Kontexten vereinbar ist. Solche Situationen können sich bei erster Betrachtung wie ein Fallstrick oder eine Fußangel anfühlen. Einen möglichen Umgang mit solchen schwierigen und herausfordernden Aspekten der Implementierung von ACT in einem stationären Setting wollen wir daher im Folgenden näher erläutern.

      Sollten Medikamente als »Wegmacher« nicht tabu sein auf einer ACT-Station?

      Wie oben ausgeführt, ist eine medikamentöse Behandlung entlang der entsprechenden Leitlinien im klinischen Setting durchaus in den funktional-kontextualistischen Bezugsrahmen integrierbar und muss nicht in eine unreflektierte Kontroll- und Kampfstrategie münden. Denn damit bestünde die Gefahr, »mehr vom Gleichen« zu bieten, was die Fokussierung auf die Symptomeleminierung zusätzlich vergrößern würde. Um diese Hürde achtsam zu umschiffen, kann Flexibilität in der Wahl der Länge des Verhaltensausschnittes hilfreich sein: dient die Medikation kurzfristig einer Erleichterung (WEG-Bewegung), jedoch längerfristig der Ermöglichung einer HIN-Bewegung? Beispielsweise nimmt die Patientin oder der Patient eine analgetische Bedarfsmedikation, um mit einer Freundin einkaufen zu gehen. Aber manipuliert sie dann nicht zunächst die Intensität der Missempfindung, was auf eine mangelnde Bereitschaft und Offenheit gegenüber unangenehmen inneren Ereignissen verweist? Bereitschaft ist zwar definiert als eine »ganz-oder-gar-nicht-Entscheidung«, hingegen kann die geplante Aktivität sehr wohl an das jeweilige Befindlichkeitslevel angepasst werden, wie es die Metapher der Sprunghöhe verdeutlicht (Hayes

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