ACT in Klinik und Tagesklinik. Группа авторов

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teilstationären Rahmen? – Einführung

      Wenngleich in der psychiatrischen Versorgung ein breiter Konsens darüber besteht, möglichst ambulant vor stationär zu behandeln, ist die stationäre Behandlung weiterhin ein wichtiger Baustein in der allgemeinen psychiatrischen Versorgung und die Indikationen für intensivere integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen in einem stationären oder teilstationären Setting sind unbestritten. Nicht nur in Situationen akuter Selbst- oder Fremdgefährdung, sondern beispielsweise auch bei ausgeprägten Handlungsdefiziten, Einschränkungen in der globalen Funktionsfähigkeit, der Notwendigkeit kontinuierlicher Verhaltensbeobachtungen und/oder Alltagsbegleitungen sowie der Indikation zur akuten Entlastung des sozialen Umfeldes sind stationäre Behandlungen ausdrücklich indiziert und unverzichtbar (vgl. Benoy und Schumann 2015). Die ausgewiesene Stärke der teilstationären psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung liegt im Bereich des alltagsrelevanten Copings. Patientinnen und Patienten erlernen neue Verhaltensweisen, die sie in ihrem konkreten Lebensumfeld erproben und implementieren lernen. Die stationäre und teilstationäre Behandlung ist somit ein bedeutsamer Baustein der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung, in der die ACT zunehmend als therapeutische Grundorientierung Anwendung findet. Für ACT spricht zusätzlich zum evidenzbasierten Ätiologie- und Behandlungskonzept vor allem die transdiagnostische Herangehensweise, das flexibel handhabbare und primär auf die Förderung von Kernkompetenzen fokussierte Methodenspektrum sowie die übergreifende Anwendbarkeit auf unterschiedlichste und interdisziplinäre stationäre Behandlungskontexte (Benoy et al. 2015). Des Weiteren geht man davon aus, dass ca. 25–50 % der psychiatrischen Patientinnen und Patienten nicht in ausreichendem Maße von üblichen leitlinienkonformen Behandlungen profitieren und gerade diese sogenannten therapieresistenten Patientinnen und Patienten, die oftmals im stationären oder teilstationären Setting behandelt werden, von der alternativen ätiologischen und therapeutischen Herangehensweise von ACT profitieren können (vgl. Gloster et al. 2015).

      5.2 Was wissen wir zur Evidenz? – Empirische Daten und Stand der klinischen Forschung zur Anwendung von ACT in einem stationären und teilstationären Behandlungssetting

      Die Studienlage bezüglich multimodaler stationärer psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlungsansätze ist ingesamt als dünn zu bezeichnen, was höchstwahrscheinlich auf die methodische Komplexität dieses spezifischen Forschungszweiges zurückzuführen ist. Die Literatur weist ausdrücklich auf diese Forschungslücke hin (vgl. Gaudiano und Herbert 2006), d. h. dieser Missstand geht über ACT-bezogene Ansätze hinaus. Die zunehmende Evidenz der ACT bei chronifizierten und therapieresistenten psychischen Erkrankungen (vgl. Clarke et al. 2014, Clarke et al. 2012, Gloster et al. 2015) lässt jedoch die Annahme zu, dass sich ACT-basierte Behandlungsangebote auch speziell für das stationäre Setting und die in diesem Setting behandelten komplexen psychischen Erkrankungen anbietet. Vereinzelte Studien unterstreichen bereits die positiven Effekte der ACT im stationären Setting. So scheint sie mit höheren Symptomregredienzen und geringeren Rehospitalisierungsraten bei Psychosen (Bach und Hayes 2002, Gaudiano und Herbert 2006, Tyrberg et al. 2017a) und besseren Therapieerfolgen im Vergleich zu bestehenden stationären Behandlungsangeboten bei Suchterkrankungen (Petersen und Zettle 2009, Svanberg et al. 2017, Thekiso et al. 2015) einherzugehen. Eine Beobachtungsstudie zu einem transdiagnostischen ACT-basierten stationären Setting für chronifizierte und therapieresistente Patientinnen und Patienten konnte zudem mittlere bis hohe Effektstärken bzgl. Symptomabnahmen und Verbesserungen der psychischen Flexibilität, Lebensqualität und des globalen Funktionsniveaus aufzeigen (Benoy et al. 2019). Auch konnte ein ähnlich positiver Effekt der ACT im Vergleich zu KVT im stationären Setting aufgezeigt werden (Pleger et al. 2018). Tyrberg et al. (2017b) weisen weiterführend ausdrücklich auf den Nutzen der ACT für die psychiatrisch-pflegerische Arbeit im stationären Setting hin. Wenngleich die Wirksamkeit der ACT im stationären Behandlungssetting somit noch nicht ausreichend belegt ist, gibt es bis dato bereits berechtigte Annahmen dazu, dass sich ACT als therapeutische Grundhaltung multimodaler, integrierter, stationärer, psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlungsansätze ausdrücklich anbietet. Auch das genaue Vorgehen im stationären Kontext ist bis dato unseres Wissens nicht beschrieben, was wir als Grundlage dafür nehmen, unsere Umsetzungen der ACT in drei unterschiedlichen stationären Einrichtungen im vorliegenden Kapitel zu beschreiben und zu reflektieren.

      5.3 Wie sieht die Behandlung aus? – Besonderheiten der ACT im stationären und teilstationären Rahmen, klinische Beispiele und Übungen

      Wie bereits vielfach beschrieben, versteht sich die ACT als flexibler und kontextabhängiger Ansatz. Auch für die stationäre Umsetzung der ACT gibt es kein rigides, vorgeschriebenes oder manualisiertes Vorgehen. Vielmehr versteht sich die ACT als übergeordnete Haltung und Vorgehensweise, die flexibel auf äußere und situative Kontexte angepasst werden kann sowie eine übergeordnete gemeinsame Sicht- und Denkweise ermöglicht. Setzt man sich mit der Frage auseinander, was die Besonderheiten der ACT im stationären und teilstationären Rahmen sind, so führt dies zwangsläufig zu der Frage, was die Unterschiede zu alternativen therapeutischen Ansätzen sind. Als wir uns als Autorenteam dieses Beitrags zur Ausarbeitung des vorliegenden Kapitels austauschten, mündete dies in zwei aus unserer Sicht relevante Fragestellungen, um die Besonderheiten der ACT im stationären und teilstationären Rahmen zu illustrieren: Welches sind die Gemeinsamkeiten unserer drei stationären ACT-basierten Behandlungsansätze? Und worin unterscheiden sich diese von anderen stationären therapeutischen Vorgehensweisen?

      Im Austausch und der Diskussion dieser Fragen wurde ersichtlich, dass die Besonderheiten der ACT in einem stationären Setting nicht in den einzelnen Behandlungsbausteinen liegen und sie sich hier nicht speziell von anderen psychiatrisch-psychotherapeutischen Konzepten unterscheiden. Die Behandlungsprogramme können ganz unterschiedlich an das äußere Setting und die Bedürfnisse aller Betroffenen angepasst sein. Ein großer Vorteil der ACT liegt darin, dass es ein transdisziplinärer Ansatz ist, der somit auch über alle einzelnen Therapieangebote hinweg zum Tragen kommt, unabhängig davon, ob diese bereits bestehend sind und die ACT-Haltung sozusagen darübergestülpt wird, oder ob man bei der Konzeptualisierung einer neuen Abteilung einzelne Bausteine neu zusammensetzt. Zudem kann es sowohl auf Stationen mit einem eher interaktionellen und gruppentherapeutischen Fokus, als auch auf einer Abteilung mit einzeltherapeutischem Schwerpunkt gleichermaßen als therapeutische Grundausrichtung dienen. Bezüglich der einzelnen therapeutischen Bausteine wie z. B. Gruppentherapien, Bezugspersonenarbeit der Pflegefachpersonen, milieutherapeutische Angebote, der Physiotherapie, musik- oder aromatherapeutischen Inhalten usw. unterscheidet es sich nicht von anderen integrierten psychiatrisch-psychotherapeutischen Ansätzen, welche eine interdisziplinäre und ganzheitliche Behandlung avisieren.

      Vielmehr scheinen die Unterschiede zu anderen therapeutischen Konzeptualisierungen und somit die Besonderheiten der ACT für stationäre und teilstationäre Settings in einer alternativen therapeutischen Haltung zu liegen. Diese spiegelt sich vor allem im Krankheitsverständnis, der therapeutischen Zielformulierung und der Behandlungsmethodik wider.

      Im Gegensatz zu weit verbreiteten Ansichten und häufigen Erwartungen von Patientinnen und Patienten und Behandlungspersonen in medizinischen Institutionen versteht die ACT Leiden nicht auf der Basis der Existenz psychiatrischer Symptome, die im Rahmen einer Behandlung sozusagen »wegtherapiert« werden müssen, sondern legt den Fokus auf persönliche verhaltensbezogene Funktionsanalysen und die zielgerichtete Förderung der Lebensqualität. Dies verändert auch das stationäre Behandlungsverständnis grundlegend. So wird in Folge einer gemeinsam gelebten Haltung durch alle involvierten Fachpersonen im stationären Rahmen nicht nur das Krankheitsverständnis der Patientinnen und Patienten verändert, sondern auch das Aufgabenfeld und das Behandlungsziel jeder Fachperson im interdisziplinären stationären Setting neu definiert. Wenn das ganze therapeutische Setting nicht darauf ausgelegt ist, Symptome »weg zu machen«, sondern gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten an ihren oder seinen werteorientierten Zielen zu arbeiten, wirkt sich dies in sehr bedeutsamer Weise auf die therapeutische Zusammenarbeit aus. So ist beispielsweise nicht eine Berufsgruppe für das (Weg)Behandeln eines spezifischen Symptoms zuständig,

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