Why not?. Lars Amend
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»Wie lange brauche ich von hier bis zum Kempinski?«
»Zu Fuß?«
Ich nickte erneut.
»Eine Viertelstunde, maximal. Sie gehen einfach hier an der Ecke links die Straße hinunter, am Kreisel vorbei, immer geradeaus, bis Sie an die Uferpromenade kommen, den Quai du Mont-Blanc. Dort halten Sie sich rechts und laufen direkt auf das Hotel zu. Wenn es nicht regnet, ist das ein schöner kurzer Abendspaziergang.«
»Wollen wir’s hoffen«, lächelte ich. »Und danke für die Fahrt.« Ben winkte kurz und fuhr davon.
BESUCH VOM ALCHIMISTEN
Ich schob seine Visitenkarte in meine Hosentasche und checkte im Hotel ein. Es war kurz vor 16 Uhr. Mir blieben noch drei Stunden. Ich schrieb Rudolf eine SMS, dass ich gut gelandet war, schaltete den Fernseher ein und legte mich aufs Bett. Da ich nicht wusste, wie der Tag weitergehen würde, wollte ich wenigstens ausgeruht sein. Eine knappe Stunde später riss mich mein Telefon aus dem Schlaf.
»Na, alles klar?«
»Rudolf, alte Socke, danke für den Fahrer. Hat alles super geklappt.«
»Sehr gut«, sagte Rudolf entspannt. »Wir waren schon beim Soundcheck. Klaus ist ein bisschen erkältet und Matthias hat Rückenprobleme, aber nichts, was wir nicht in den Griff bekommen. Der übliche Wahnsinn. Die Arena ist ausverkauft.«
»Wow!«
»10 000 Leute.«
»Noch mal Wow!«
»Paulo kommt übrigens auch.«
»Wie meinst du das?«
»Na, so wie ich es gesagt habe«, lachte Rudolf. Ich wusste sofort, wen er meinte.
»Du meinst wirklich, dass …«
»Ja klar«, unterbrach er mich. »Wir treffen uns vor der Show in meiner Garderobe. Mensch, Junge! Was glaubst du, warum ich dich heute unbedingt dabeihaben wollte?«
Mein Herzschlag erhöhte sich. »Also, bis gleich um sieben in der Lobby.«
»Worauf du dich verlassen kannst.«
Es hatte aufgehört zu regnen. Ein gutes Zeichen.
Fünf Minuten vor sieben betrat ich das Grand Hotel Kempinski. Ich lief durch den großen Eingangsbereich und entdeckte Ben. Er saß zusammen mit drei seiner Kollegen in einer der vielen Sitzgruppen. Sie unterhielten sich. Ich suchte mir einen separaten Platz auf der anderen Seite des Foyers. Ich schloss meine Augen. Es war ein schöner, fast schon meditativer Moment des Wartens. Meine Atmung war ruhig und gleichmäßig. Ich spürte wieder Leben in mir. Das monatelange Nichtstun hatte mich träge werden lassen, doch glücklicherweise gab es jemanden, der mir in den Hintern trat. An keinem Ort der Welt wäre ich in diesem Augenblick lieber gewesen. Ich begann zu lächeln. Von innen.
Dieser Moment in der Hotellobby war so ein kleines Glück für mich, auch wenn nach außen hin eigentlich gar nichts passierte. Mein Herz jedoch wusste Bescheid.
Die Literatur-Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck sagte den wunderbaren Satz: »Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das große vergebens warten.«
»Da ist er ja.« Eine vertraute Stimme. Mein Lächeln wurde breiter und ich öffnete meine Augen. Rudolf lief strahlend und mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Wir umarmten uns herzlich und für einen Moment blieb tatsächlich die Zeit stehen. Ich kann es kaum beschreiben, aber mich durchdrang ein derart tiefes Gefühl von Frieden, dass ich meinen Freund und Mentor gar nicht mehr loslassen wollte.
»Schön, dich zu sehen«, lächelte Rudolf, während er den kleinen Gitarrenkoffer, der wie ein Köcher um seine Schulter hing, neben mir auf den Boden stellte. Die Bodyguards hatten ihn mittlerweile bemerkt und postierten sich im Eingangsbereich. Ich schaute ihn an. Rudolf besitzt die seltene Gabe, vollkommen im Jetzt zu sein, die mich immer wieder fasziniert. Vielleicht hatte er gespürt, dass es mir in den letzten Monaten nicht so gut gegangen war und ich gerade jetzt seine großartige Energie nötig hatte.
Bis zur Arena war es nicht weit, vielleicht 15 Kilometer, aber wir kamen mitten in den Feierabendverkehr hinein und standen schon nach wenigen Minuten im Stau. Der Fahrer sprach nicht viel. Er hatte einen französischen Nachrichtensender eingestellt, den er, nachdem wir losgefahren waren, etwas leiser drehte, und konzentrierte sich nur auf die Autos vor uns. Rudolf hatte die Augen geschlossen und spielte auf einer kleinen E-Gitarre geräuschlos seine Finger warm. Genau diese Leichtigkeit, mit der er die Saiten seines Instruments bewegte, war mir abhandengekommen. Ich nahm mir vor, die Vergangenheit hinter mir zu lassen. Es musste doch möglich sein, diese schrägen Gedanken in meinem Kopf auszuschalten. Nur für diesen einen Abend. Ich wollte keine Angst mehr vor dem Leben haben.
Der Soulbrother meines Mentors
Als wir hinter dem Stadion den Lieferanteneingang hinunterfuhren, wurden wir schon sehnsüchtig von der Sicherheitschefin in Empfang genommen. Rudolfs Garderobe war zwar geräumig, versprühte aber den Charme einer Fußballumkleidekabine aus der Provinz. Es gab ein kleines Bad, eine Sofagarnitur aus den 1980er-Jahren, einen Glastisch, einen Kühlschrank und ein Buffet mit Käse- und Wurstschnittchen. Ich machte es mir auf dem Sofa gemütlich. Nach 15 Minuten klopfte es an der Tür und ein kleiner Mann mit grauen Haaren, dunkelgrünen Wanderschuhen und schwarzer Windjacke trat vorsichtig he-
rein – Paulo Coelho.
Rudolf, der nur zwei Meter von der Tür entfernt stand, fiel ihm sofort mit einem lauten und herzlichen »Soulbrother, da bist du ja!« um den Hals. Dann stellte er mich vor.
»Paulo, das ist Lars.«
»Ich freue mich sehr«, lächelte ich.
Wir gaben uns die Hand und Paulo lächelte höflich zurück.
»Paulo, dieser Junge hier«, sagte Rudolf und drückte mich fest an sich, »ist nicht nur ein guter Freund, sondern der Mitschreiber von Rock Your Life.«
Paulo machte mit geöffneten Armen einen Schritt auf mich zu, drückte mich ebenfalls und sagte zu meiner großen Überraschung: »Gut, dass du hier bist. Sehr gut, sehr gut.«
Ich fühlte mich wie der junge Daniel LaRusso aus Karate Kid, als er zum ersten Mal auf seinen Meister Mr Miyagi trifft.
»Der Stau war furchtbar heute«, begann Rudolf zu erzählen, der immer noch über beide Ohren strahlte. Paulo tat es ihm gleich und man spürte förmlich, wie sehr sich die beiden auf diesen Augenblick gefreut hatten. Nicht umsonst nennen sie sich liebevoll Soulbrothers – Seelenverwandte.
»Der Stau hat uns zwar aufgehalten, mein Freund, aber er ist auch ein gutes Zeichen«, sagte Paulo, »denn das bedeutet, dass viele Menschen zu deinem Konzert kommen.«
»Alles hat zwei Seiten.«
»Du