Why not?. Lars Amend
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Er dachte einen Augenblick nach. »1984 bin ich nach Stockholm geflogen, um Interviews für unser Album Love At First Sting zu geben, und checkte im Grand Hôtel ein. Normalerweise übernachteten wir in Stockholm immer im Blu Strand Hotel, bis der Hotelmanager eines Tages ein striktes Rock-’n-’Roll-Verbot aussprach. Die Geschichte ist schnell erzählt: Einige Monate vorher waren Mötley Crüe dort abgestiegen. Tommy Lee und seine Jungs haben im Vollrausch die Kissen ihrer Betten aufgeschlitzt und am Morgen, als die anderen Hotelgäste auf der Sonnenterrasse frühstückten, weiße Federn regnen lassen.«
»Hahaha.«
»Ja, ich find’s auch witzig«, grinste Rudolf, »aber der Hotelmanager hatte wohl eine andere Vorstellung von Humor, warf sie raus und weigerte sich von da ab rigoros, andere Rockbands aufzunehmen. Ich war also in Stockholm, genoss für einen Augenblick den herrlichen Ausblick auf den Hafen, als mein Bauch zu knurren begann. Wäre ich im Strand gewesen, hätte ich zum Telefon gegriffen und mir einen Lötmann-Toast bestellt.«
Die Sache mit dem Lötmann-Toast
»Was ist denn ein Lötmann-Toast?«
»Ach, nur ein Toast mit Sour Cream, rotem Kaviar und Zwiebeln, eigentlich nicht besonders schwer zuzubereiten, aber ich habe ihn auf der ganzen Welt nie wieder so gut gegessen wie dort. Ich verdrücke bei jedem Stockholm-Aufenthalt ganze Berge von diesen Dingern. Zum Glück liegen die beiden Hotels nur einen Katzensprung voneinander entfernt und ich dachte mir: Rudolf, alter Schwede, gehst du mal schnell rüber und gönnst dir zur Feier des Lebens einen leckeren Toast. In freudiger Erwartung bin ich die vielleicht dreihundert Meter auf die andere Seite der Bucht spaziert, rein ins Hotel, durch die Lobby schnurstracks in Richtung Restaurant, als ich aus einer Ecke am Fenster lautes Gelächter vernahm. An einem der Tische saßen drei Typen, die sich angeregt unterhielten. Ich machte unauffällig ein paar Schritte auf sie zu, schaute dann etwas genauer hin und dachte, mich trifft der Schlag. Saßen da tatsächlich Jimmy Page, Paul Rodgers und Tony Franklin beim Mittagessen.«
Magic Moments
»Ist nicht wahr!«, sagte ich und trank einen Schluck.
»Doch, ich sag’s dir«, strahlte Rudolf mich an. »Du musst wissen, Jimmy Page hatte erst wenige Wochen zuvor seine neue Band The Firm gegründet, und ein paar Meter weiter saßen sie direkt vor mir: Jimmy Page als Gitarrist, Tony Franklin am Bass und Paul Rodgers als Sänger. Aber Moment mal, dachte ich mir, als ich dort vor ihnen stand. Da fehlt doch einer! Wo ist der Schlagzeuger? Ich lief weiter und überlegte schon, ob und wie ich Jimmy ansprechen sollte, als ich hinter mir in einem witzigen walisischen Dialekt meinen Namen hörte: ›Rudolf, was für eine Überraschung! Was machst du denn hier?‹ Ich drehte mich um und sah einen grinsenden Chris Slade mit ausgebreiteten Armen auf mich zulaufen. Chris kannte ich damals schon über zehn Jahre. Auf unserer ersten England-Tour spielte er in unserer Vorband – ein super Typ. Er gründete mit Manfred Mann die Earth Band, hat mit Tom Jones gearbeitet und zog eine zeitlang mit Uriah Heep um die Welt. Jetzt war er also der neue Schlagzeuger bei The Firm. ›Chris, ich werd verrückt‹, freute ich mich wie ein Wikingerkönig und umarmte meinen alten Kumpel. ›Ähhh, ich bin nur hier, um einen Toast zu essen‹, antwortete ich auf seine Frage und merkte schon beim Aussprechen, wie komisch sich das anhörte. Aber sie waren ja aus demselben Grund da. Chris meinte, ich solle mich zu ihnen setzen. Stell dir das vor«, erzählte Rudolf und schaute bei der Erinnerung daran strahlend aus dem Fenster.
Ich saß gemeinsam mit meinem großen Idol, einem der besten Gitarristen aller Zeiten, an einem Tisch und bekam live mit, wie sie über den ersten Auftritt ihrer frisch gegründeten Band sprachen. Einfach tierisch! Jimmy lud mich noch auf ihr Konzert am Abend ein. Ein unvergessliches Erlebnis für mich – ein echter Magic Moment!
Ich sagte nichts und glaubte zu verstehen, was er mir mit dieser Geschichte sagen wollte. Was Jimmy Page für ihn war, war Paulo Coelho für mich. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, sprach Rudolf schon weiter. »Übrigens: Zwei Jahre danach löste sich die Band wieder auf. Jimmy Page und Paul Rodgers machten solo weiter, Tony Franklin ging zu Blue Murder und mein Freund Chris wurde Schlagzeuger bei AC / DC. Na ja, die Rock-’n-’Roll-Welt ist eben auch nur ein Dorf. Aber der Hammer in dieser Geschichte kommt erst noch!«
Rudolf war nicht zu bremsen. Sein Körper war, auch bedingt durch seine zweistündige Liveshow, noch immer voller Adrenalin. Er glühte vor Energie.
»Es war im Jahr 2005«, fuhr er fort, unterbrach seinen Satz aber sofort und begann zu rechnen, »also 21 Jahre später. Wir spielten ein überirdisches Konzert im Hammersmith Apollo in London.«
»Natürlich«, lachte ich.
»Ja, logisch. Was sonst?«, zwinkerte er zurück. »Also, die Show war gerade vorbei und man konnte im Backstage noch den Applaus des Publikums hören. Ich war schon in meiner Garderobe angekommen und wollte kurz alleine sein, um mir diesen schönen Moment noch einmal bewusst zu machen, als es an der Tür klopfte. Ich saß vornübergebeugt auf einem Stuhl, hatte ein Handtuch über meinem Kopf hängen, blickte auf, und wer stand auf einmal vor mir?«
»Lass mich raten!«
Alles ist möglich
»Genau, Jimmy Page! Ich konnte es kaum glauben. Was für eine Ehre, dachte ich in dem Moment. Einer meiner größten Heroes kommt auf mein Konzert? Unglaublich! ›Ich wollte nur mal Hello sagen‹, grinste Jimmy cool. ›Hab mir euer Konzert angeguckt. Well done, Rudy!‹ Ich war sprachlos. Träume ich, oder passiert das gerade wirklich? Jimmy Page war extra gekommen, um sich ein Scorpions-Konzert anzusehen, und er lobte sogar mein Gitarrenspiel. Also Junge, was sagt uns das? Paulo hat es vorhin schon erwähnt und ich kann es nur wiederholen: Im Leben ist alles möglich! A-L-L-E-S! Sieh mal, ich bin sicher nicht der versierteste Gitarrist der Welt, aber ich habe das Beste aus meinem Talent gemacht. Ich hatte einen Traum und habe ihn bis heute nicht aufgegeben. Dabei gab es so viele Tiefpunkte in meiner Karriere, bei denen andere längst das Handtuch geworfen hätten. Das ist der Unterschied. Gott testet dich nämlich: Hältst du durch oder gibst du auf? Du weißt ja: Aufgeben ist keine Option für einen Krieger des Lichts.«
»Ich weiß nicht, ob ich so ein Krieger bin, Rudolf.«
»Stell in Zeiten des Zweifels nicht gleich alles infrage, sondern hab Vertrauen. Die Antworten findest du, während du gehst. Achte auf deine Gedanken. Sie sind der Anfang deiner Taten.«
»Alles klar!«
Mehr konnte ich nicht sagen. Musste ich auch nicht, denn ich wusste, dass in diesem Augenblick bereits alles gesagt war.
ÜBER DEN MUT, SEIN EIGENES LEBEN ZU LEBEN
»Jeder intelligente Narr könnte Sachen größer, komplexer und gefährlicher machen. Aber es gehört ein Hauch von Genialität und Mut dazu, um etwas in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen.«
ALBERT EINSTEIN
Zurück in meinem Hotelzimmer, streifte ich mir die Klamotten vom Körper, ließ sie auf