Why not?. Lars Amend
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»Ich weiß gar nicht, wie lange ich nicht mehr auf einem Rockkonzert war«, sagte Paulo. »Ich bin wirklich aufgeregt.«
Die Tür öffnete sich einen Spalt. »Noch 20 Minuten!«
»Müssen wir gehen?«
Paulo wurde etwas nervös und drehte sich sofort zu Rudolf um, der völlig gelassen neben ihm auf dem Sofa saß und grinste.
»Sie werden das Konzert jawohl kaum ohne mich anfangen, oder?« Wir lachten und begannen, Fotos von uns zu schießen.
ALLES AUF RESET
Mir saßen zwei Männer gegenüber, die doppelt so alt waren wie ich, und die wie kleine Kinder miteinander spielten. Von ihnen beiden ging eine Energie aus, die ich in dieser Intensität noch nie bei anderen Menschen erlebt hatte. Sie schienen sich nicht nur blind zu verstehen, sondern es kam mir gar so vor, als seien sie Mitglieder eines Bundes, von dem ich noch nichts wusste; als würden sie ein Geheimnis kennen, das mir bislang verborgen geblieben war. War ich deswegen hier, fragte ich mich, um von diesem Geheimnis zu erfahren? Rudolf Schenker und Paulo Coelho zählen zu den erfolgreichsten Künstlern ihrer Generation, mehr noch, aller Zeiten und haben in ihrem Leben alles erreicht, wonach ich mich sehnte. Paulo hatte bis zu diesem Tag 135 Millionen Bücher verkauft und Rudolf mit seinen Scorpions etwa 110 Millionen Tonträger. Auf der einen Seite waren da zwei Superstars, zwei Multimillionäre, zwei großartige Künstler, die schon alles gesehen, probiert und erlebt hatten, und auf der anderen Seite war ich, der nicht wusste, ob er bald noch seine Rechnungen würde zahlen können. Unterschiedlicher hätten unsere Leben nicht aussehen können.
»Was liegt dir auf dem Herzen?«
»Wie? Was?«, kam es etwas unbeholfen aus mir heraus.
Rudolf hatte mich mit seiner Frage mitten aus meinen Gedanken gerissen. Zwei Mitglieder des 100-Millionen-Dollar-Klubs sahen mich in diesem Moment erwartungsvoll an. Hatte ich was verpasst? Ich hörte das Klacken von Paulos Fotoapparat und konzentrierte mich darauf, so schnell wie möglich zurück in die Gegenwart zu gelangen.
»Paulo, darf ich dich was fragen?«
»Was immer du möchtest.«
»Was würdest du tun, wenn du noch einmal neu beginnen könntest? Welchen Rat würde der alte Paulo Coelho dem jungen Paulo Coelho geben?«
Rudolf lächelte über meine Frage und begann, ein paar Autogrammkarten für Freunde von Paulo zu signieren.
»Oh, das ist schnell beantwortet«, sagte Paulo, ohne zu zögern. »Ich würde ihm raten: Höre auf dein Herz, achte auf die Zeichen und gehe deinen Weg.«
Die gleiche Antwort hätte Rudolf mir auch gegeben. War das etwa das große Geheimnis, dieser eine Satz? Ich wiederholte ihn noch einmal in meinen Gedanken: Höre auf dein Herz, achte auf die Zeichen und gehe deinen Weg. »Wenn es doch nur so einfach wäre ...«
»Es ist so einfach!«, fiel mir Rudolf ins Wort ohne seinen Blick von den Autogrammkarten, die er gerade schrieb, abzuwenden. »Du darfst lediglich keine Angst haben. Gib ihr keine Macht über dich. Überwinde sie!«
Folgst du der Angst, kommst du nirgendwohin, denn sie hält dich in einem Käfig gefangen. Glaubst du hingegen an deine eigenen Fähigkeiten, stehen dir alle Türen offen.
Den eigenen Weg gehen
Der Vergleich mit dem Käfig traf exakt auf meine Situation zu. Ich war der Vogel, der nichts lieber wollte, als hoch oben am Himmel durch die Weltgeschichte zu fliegen, sich aber nicht traute, durch die kleine Schiebetür zu hopsen, was dazu führte, dass meine Flügel von Tag zu Tag schwerer wurden. Ich sollte also besser auf die weisen Worte dieser erfahrenen Herren hören, dachte ich mir, und so schnell wie möglich das Problem mit meiner Angst in den Griff bekommen, bevor meine Flügel gänzlich eingerostet sein würden.
Während Rudolf sich sein Bühnenoutfit überzog und letzte Vorbereitungen für das Konzert traf, wurden Paulo Coelho und ich von zwei Bodyguards auf die obere Tribüne begleitet. Nachdem wir Platz genommen hatten, sagte er: »Lars, du hast mit Rudolf ein ganz wundervolles Buch geschrieben, das vielen Menschen auf der Welt helfen wird. Kämpft weiter. Hört jetzt nicht auf. Ich hatte mit dem Alchimist am Anfang auch meine Schwierigkeiten. Das ist völlig normal. Ich sage dir, alles wird gut, wenn du dich auf den Weg begibst, auf deinen Weg, und den Glauben nicht verlierst. Sende Liebe in die Welt, und diese positive Energie wird den Weg zu dir zurückfinden.«
Von dem Größten lernen
Dann ging das Licht aus und die Show begann. 10 000 Fans kreischten um die Wette und meine Gedanken
gingen mal wieder auf Achterbahnfahrt. Ich saß neben einem
der einflussreichsten Schriftsteller der Welt, meinem großen
Vorbild, und mir liefen die Tränen.
Natürlich, dachte ich nach einer Weile, ist doch logisch: Wenn vor dir jemand in der Lage war, etwas Unmögliches zu erreichen, kannst du es auch. Warum auch nicht? Schau dir Paulo an! In seiner Heimat Brasilien hatte am Anfang seiner Karriere niemand an ihn geglaubt. Kein Verlag wollte sein Buch veröffentlichen. Es hagelte Absagen. Über die Idee, seinen Weltbestseller Der Alchimist zu nennen, wurde spöttisch gelacht. Das sei kein guter Titel, hieß es. Das kauft kein Mensch, hieß es, nicht in Brasilien und im Ausland schon gar nicht. Bis zum heutigen Tag hat sich das Buch auf der ganzen Welt über 100 Millionen-mal verkauft, befindet sich seit vielen Jahren konstant auf der New York Times-Bestsellerliste, wurde in über 80 Sprachen übersetzt und steht im Guinnessbuch der Rekorde. Kein noch lebender Autor hat das vor ihm geschafft. Ich schaute zu ihm hinüber. Er hatte beide Hände in die Luft gerissen und sang mit leuchtenden Augen den Refrain von Big City Nights mit. Der große Paulo Coelho wurde für einen kurzen Augenblick wieder zum kleinen Jungen, der den Spaß seines Lebens hatte, und ich fragte mich, wann auch ich dazu wieder in der Lage sein würde. Eines war mir jedoch klar: Ich war bereit.
AUCH SUPERSTARS HABEN VORBILDER
»Ein Fehler, den man öfter als einmal wiederholt, ist eine Entscheidung.«
PAULO COELHO
Nach der Show fuhren wir zurück ins Hotel. Einige Freunde der Band waren gekommen, es wurde gegessen, getrunken, gelacht. Rudolf setzte sich mit zwei Schälchen Crème brûlée neben mich, reichte mir lächelnd eine Portion herüber und fragte mich dann ganz beiläufig, ob er mir schon seine Jimmy-Page-Story erzählt habe. Ich schüttelte mit dem Kopf. »Hör jetzt gut zu!« Der Champagner kam und wir stießen miteinander an.
DIE JIMMY-PAGE-STORY
»Ich weiß nicht genau, wie das heute ist, aber damals, bevor das Internet kam, war der Rolling Stone das bekannteste Musikmagazin der Welt.«
»Ist immer noch so«, sagte ich.
»Sie veröffentlichten einmal eine Liste der 100 besten Gitarristen aller Zeiten. Auf Platz eins stand natürlich Jimi Hendrix. Dahinter folgten Leute wie B. B. King, Eric Clapton, Chuck Berry und Ry Cooder. Auf Platz neun landete mein großes Idol, mein Vorbild, der Gründer und Gitarrist von Led Zeppelin: Jimmy Page. Seit ihrem Debütalbum