Es geschah in Heiliger Nacht. Группа авторов

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Es geschah in Heiliger Nacht - Группа авторов

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wischte sich mit dem freien Arm ein paar verstohlene Tränen aus den Augen. Alsdann wandte er sich an den Pfarrer und erzählte in kurzen Zügen Selmas Geschichte.

      Es war das altbekannte, aber immer gleich bittere Erlebnis einer betrogenen Jugendliebe.

      Selma aber hatte die Schmach nie auf sich nehmen wollen, ein Kind, zu dem kein Vater sich bekannte, geboren zu haben. Sie hatte es fremden Menschen überlassen und war nach Amerika ausgewandert. Dort war sie erkrankt und wieder nach Hause geschickt worden. Sie hatte mehrere Stellen innegehabt, aber ihr Stolz und ihre Bitterkeit hatten jedes Zusammenleben mit anderen Menschen unmöglich gemacht. Schließlich war sie als Aufwartefrau an der Schule eines entfernten Sprengels2 gelandet, wo niemand sie kannte.

      Ihr Sohn hatte Nachforschungen nach der Mutter angestellt und sie schließlich entdeckt. Sie aber war zu stolz, den Fehltritt ihrer Jugend vor aller Welt zu bekennen. Es war ihr gelungen, sich in einer geachteten, ehrbaren Anstellung selber zu erhalten, und sie wollte daher nicht zu ihrem Sohne übersiedeln. Nur einmal im Jahre, zu Weihnachten, räumte sie ihm das Recht ein, sie zu besuchen. Beiden aber fiel es bitter schwer, getrennt voneinander leben zu müssen. Johannes As war kinderlos und hatte eine kränkliche Frau, die keinen größeren Wunsch kannte, als die tüchtige Schwiegermutter bei sich zu haben und sie den Haushalt führen zu lassen. Selma aber wünschte dies nicht. Hauptsächlich wegen der Schande, lautete ihr steter Einwand.

      Hier endete der Bericht des Kirchenältesten.

      Selma hatte zu weinen aufgehört. Sie saß da und wiegte sich gemächlich hin und her, den Kopf noch immer in die Hände gestützt.

      Der Pfarrer erhob sich und reichte Johannes die Hand.

      »Johannes, ich danke dir für dein Vertrauen. Es hat uns gegenseitig näher gebracht und zu Freunden gemacht.«

      Alsdann legte er die Hand auf Selmas Haupt.

      »Und jetzt, Selma«, sprach er, »werden wir ein neues Leben beginnen.«

      Ein Schluchzen erschütterte wiederum Selmas zusammengesunkene Gestalt. Der Pfarrer empfand ein seltsames Mitleid mit der eben noch so stolzen Frau. Er dachte daran, wie viele Schwestern sie seit Urzeiten gehabt und noch bis ans Ende aller Zeiten haben würde, die sich um einer betrogenen Jugendliebe willen mit lebenslänglichen Selbstvorwürfen und Schamgefühlen quälen müssen. Und wie nie zuvor verstand er den Meister, der zur Sünderin sprach: »So verdamme ich dich auch nicht.«

      Und er begann davon zu sprechen. Leise, als sei er sich der Nähe des Meisters in der kleinen Kammer bewusst, sprach er von einer Liebe, größer als alle Irrtümer, alle Schande und Unehre der Menschen. Er sprach von Jesus, der als ein kleines Kind ohne irdischen Vater zur Welt kam, und schloss mit den wunderbaren Worten des Gekreuzigten: »Weib, siehe deinen Sohn, Sohn, sieh deine Mutter!«

      Als er geendet hatte, hob Selma sachte den Kopf und blickte den Pfarrer an. Doch schien es, als hätte sie geradewegs durch ihn hindurchgeblickt, auf jemanden, der hinter und über ihm stand.

      »Ich glaube«, sagte sie leise, »ich glaube, dass Er mich nicht verurteilt, wenn auch die Menschen es tun. Aber ich will versuchen, ihr Urteil zu ertragen, im Glauben an Ihn, der nicht verdammt.«

      Ihre Hände tasteten nach der Hand des Sohnes und drückten sie fest.

      »Ich folge dir, Johannes«, sagte sie.

      »Heute Abend noch?«, fragte Johannes. Seine Stimme verriet ein seltsam bebendes Glück.

      »Jawohl, noch heute Abend«, sagte sie.

      »Dann wird es Weihnachten«, meinte Johannes, »zum ersten Mal in meinem Leben eine richtige Weihnacht.«

      Axel Hambraeus

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      Das Mütterchen

      Ein Flüchtling, der unter vielen Mühsalen der Verfolgung entronnen war, erzählte uns folgende kleine Geschichte: In jenem Jahre, als man mit besonderer Schärfe und Grausamkeit zum Schlage ausholte gegen alle Gottesehrung im Lande und mit Gewalt versuchte, die alten, frommen Sitten aus dem Herzen des Volkes zu reißen, wachten sie drüben eifernd darüber, dass es niemandem einfalle, die christlichen Feste zu feiern, denn dies schien ihnen darum gefährlich, weil sich hier alte Sitte mit kindlichem Glauben am innigsten verbunden hatte.

      Auch auf das Weihnachtsfest hatten sie es abgesehen, vielleicht in der Ahnung, dass sie (einem König Herodes gleich) von dem Kinde, welchem die Herrschaft der Welt verheißen ist, in ihrer Macht tödlich bedroht würden.

      Jedenfalls verboten sie bei schweren Strafen jegliche Feier der Geburt des Heilandes.

      Damals konnte man an der Grenze entlang viel Volk sehen, das des Nachts heimlich aufgebrochen war, um die Weihnachtsglocken von der Grenze herüberhallen zu hören und sich an ihrem fernen Klange zu getrösten, und mancher fand bei dieser Pilgerfahrt seinen Tod durch die Kugeln der Grenzwächter.

      Am Heiligen Abend aber wurden überraschende Patrouillen in die Dörfer gehetzt, um alle Funken verhasster Festnachtsfreude im Keime zu ersticken.

      So drangen auch Reiter in das Dorf K. ein, um nachzuforschen, ob man dem Gebot der Obrigkeit Gehorsam leiste. Zuerst ritten sie zur Kirche, gierig danach, eine gläubige Gemeinde mitten in ihrer Andacht aufzustören. Aber das Gotteshaus war menschenleer, und der Widerhall der Sporen auf dem Steinboden klirrte vom hohlen Gewölbe zurück.

      Aus Ärger darüber rissen sie die Bilder von den Wänden, zerschlugen die bunten Fensterscheiben und wandten sich dann, um das Dorf gründlich zu untersuchen. Aber auch dort war keine lebende Seele zu entdecken, das geringe Vieh in den Ställen ausgenommen. Und nun gerieten sie in Wut, zogen von Hütte zu Hütte, schlugen die Türen ein, fielen über die Vorräte her, rissen Kasten und Truhen auf, plünderten, was zu plündern war und schlugen mit ihren Karabinern Möbel und Geschirr in Trümmer. Schließlich versammelten sie sich wieder und waren gesonnen weiterzureiten, als einer der Soldaten gerannt kam und schrie, er habe aus einer Scheune abseits vom Dorf einen Lichtschimmer hervorblicken sehen. Sofort sprangen sie auf die Gäule und galoppierten johlend und brüllend die Gasse entlang, zerschmetterten, bei der Scheune angekommen, das Tor mit Säbeln und Gewehrkolben und sahen nun, als sie eingedrungen waren, das ganze Dorf versammelt. Beim Schein einer Stalllaterne lagen Männer, Weiber, Greise und Kinder auf ausgebreitetem Stroh im Kreise umher und blickten ruhig und gefasst den Einstürmenden entgegen. Nur die Kinder fingen leise an zu weinen und schmiegten sich Schutz suchend an die Kleider der Älteren.

      Der Kommandant trat vor und forderte Rechenschaft von der Dorfgemeinde. Niemand antwortete ihm. Darauf befahl er seinen Leuten, die Scheune zu durchstöbern. Die Bauern erhoben sich und leisteten keinen Widerstand. Das Stroh wurde durchwühlt, mit den Säbeln auseinandergerissen und durchstochen und die Dörfler aufs Genaueste untersucht, aber es fand sich nichts, kein Kreuz, kein geweihtes Gefäß, und auch kein Geistlicher wurde unter ihnen erkannt.

      Da begannen die Peiniger nun von den Bauern mit Schlägen und Stößen ein Geständnis zu erpressen. Der Kommandant, ein vierschrötiger, stämmiger Kerl, ging mit vorgehaltener Pistole von einem zum andern, aber außer dem leisen Jammern der Greise und dem Winseln der Kinder ließ sich nichts aus der schweigenden Schar herausquälen; keiner war zu einem Bekenntnis zu bewegen,

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