Franken Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralf Nestmeyer
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Geschichte
Die Keimzelle von Dinkelsbühl ist ein im 8. Jahrhundert am Ufer der Wörnitz gegründeter Königshof. Diese in Franken recht zahlreichen Höfe waren beliebte Aufenthaltsorte der karolingischen Könige. Bald erkannte man, dass die verkehrsgünstige Lage dieses Hofes gute Voraussetzungen für die Gründung eines Marktes bot; er wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zur Stadt erhoben. Schritt für Schritt vollzog sich die Entwicklung Dinkelsbühls zu einer bedeutenden Reichsstadt an der Grenze zwischen Franken und Schwaben; einzig das Territorium hatte verhältnismäßig bescheidene Ausmaße. Aber erst als 1398 das in der Zwischenzeit zweimal verpfändete Dinkelsbühl die hohe Gerichtsbarkeit erhielt, war die rechtliche Selbstständigkeit der Stadt vollendet. Die Lage an den wichtigsten süddeutschen Handelsrouten prädestinierte den Ort als Handelsplatz. Ein Blick auf den Grundriss von Dinkelsbühl verdeutlicht den Charakter der Stadt: Kein Kloster, keine Burg dominiert das Stadtbild; kein geistlicher oder weltlicher Fürst stellten den Führungsanspruch des Bürgertums in Frage. Die ertragreichsten Wirtschaftszweige waren das Schmiedehandwerk und das schon früh erwähnte Textilgewerbe. Ende des 15. Jahrhunderts wurden 64 „Meister des gefärbten Gewands“ genannt, die Gesamtzahl der in der Wollweberei tätigen Meister dürfte bei etwa 120 gelegen haben. Ein großer Teil der Textilien wurde in der weiteren Region und im Fernhandel, hauptsächlich in Südosteuropa, abgesetzt. Auf der wichtigen Nördlinger Messe waren zeitweise über 50 Tuchhändler aus Dinkelsbühl vertreten.
Schmucker Wirtshausausleger
In der Reformationszeit wechselten weite Teile der Bevölkerung zum Protestantismus über, doch erfolgte 1552 im Auftrag Kaiser Karls V. die Restitution des Katholizismus. Die Stadt beherrschte fortan ein katholischer Rat, auch die Georgskirche musste den Katholiken wieder zurückgegeben werden; dennoch blieb die Bevölkerung größtenteils protestantisch. Obwohl der Rat später paritätisch besetzt wurde, blieben konfessionelle Konflikte bestehen: Feiertage wurden gegenseitig nicht respektiert. So störten beispielsweise die Protestanten die Fronleichnamsprozession. Zwischen 1648 und 1803 setzte der Reichshofrat insgesamt zehn Kommissionen ein, die sich mit derartigen Streitigkeiten innerhalb der Reichsstadt Dinkelsbühl beschäftigen mussten.
Kopfsteingepflasterte Idylle
Spätestens durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges erlitt Dinkelsbühl einen einschneidenden Bedeutungsverlust. Insgesamt achtmal wechselte die Stadt den Besitzer. Im 18. Jahrhundert erlebte das zur einfachen Landstadt herabgesunkene Dinkelsbühl zwar nochmals eine kurze wirtschaftliche Blüte durch das Strickergewerbe, doch führte dies zu keiner nachhaltigen Änderung. Drückende Kriegsschulden und der wachsende wirtschaftliche Einfluss des markgräflichen Nachbarn führten zum Niedergang der kleinen Reichsstadt: Schließlich wurde das Stadtgebiet 1792 sogar von preußischen Truppen besetzt und 1806 im Rahmen der von Napoleon betriebenen Neuordnung Europas dem frisch gebackenen Königreich Bayern zugeschlagen. Doch auch jetzt stellte sich nicht der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung ein. Dinkelsbühl musste - wie die anderen fränkischen Reichsstädte auch - für seine enormen Schulden selbst aufkommen und war deshalb gezwungen, eine Vielzahl der beweglichen Güter zu veräußern. Dem aus heutiger Sicht glücklichen Umstand, dass Dinkelsbühl im 19. Jahrhundert von der Industrialisierung nur am Rande berührt wurde, verdanken wir das einheitlich erhaltene Stadtbild.
Sehenswertes und Veranstaltungen
Altstadt: Dinkelsbühls alter Stadtkern ist ein einzigartiges Ensemble, das den Vergleich mit Rothenburg ob der Tauber keinesfalls zu scheuen braucht, zumal es dessen spätmittelalterlichen Baubestand quantitativ noch übertrifft: Mehr als die Hälfte aller Häuser der Altstadt entstammen der Zeit vor 1600. Diese Quote ist in Süddeutschland einmalig und wird nur noch annähernd von Nördlingen erreicht. Der Grundriss der Altstadt ist vom Verlauf zweier wichtiger Handelsstraßen - nach Würzburg und Augsburg - geprägt. Den Mittelpunkt des schiefen Straßenkreuzes bildet die Stadtpfarrkirche St. Georg mit dem etwas klein anmutenden Marktplatz. Der erste, im Grundriss fast kreisförmige Mauerring, den die Staufer im 13. Jahrhundert anlegen ließen, ist heute noch am Straßenverlauf zu erkennen (Untere Schmiedgasse, Bauhofstraße, Föhrenberggasse, Wethgasse). Gut hundert Jahre später dehnte sich der Stadtkern unter Einbeziehung der Vorstädte ins Umland aus und musste erneut befestigt werden. Die sozialen Verhältnisse der spätmittelalterlichen Reichsstadt spiegeln sich noch sichtbar in der Anlage der Stadt wider: Entlang der straßenmarktähnlichen Hauptstraßen liegen die großen, reich verzierten, hochgiebeligen Häuser des alteingesessenen „ehrbaren“ Bürgertums, während die Bauten der Handwerker zumeist in dem erweiterten Teil der Stadtummauerung zu finden sind. Herausragende Gebäude sind das am Weinmarkt gelegene Deutsche Haus, ein wunderschönes Fachwerkhaus der Spätrenaissance, die Schranne, ein massiver Bau des frühen 17. Jahrhunderts, das Hezelhaus mit seinem malerischen Innenhof (Segringer Str. 7) sowie das Töpferhaus (Nördlinger Str. 35).
Mächtig: St Georg
Stadtbefestigung: In Dinkelsbühl und anderen fränkischen Reichsstädten verkörperte die Stadtmauer den äußerlich sichtbaren Anspruch politischer Unabhängigkeit und Selbstbehauptung. Bau und Erhalt der Befestigungsanlagen wurden daher mit großem Eifer betrieben. Eine Vielzahl runder und viereckiger Mauertürme sicherte die 2,5 Kilometer lange Mauer mit ihrem vorgelagerten Doppelgraben. Aufgrund eines „Denkmalschutzerlasses“ von Ludwig I. (1826), der sich jedoch ausschließlich auf militärische Erwägungen gründete, blieb die bedeutende Stadtbefestigung mit ihren vier Toren bis in unsere Tage erhalten. Nur die äußeren Vorwerke der Stadttore wurden im letzten Jahrhundert auf Abbruch versteigert. Am längsten steht das Wörnitztor, es stammt noch von der vorletzten Stadtumwallung. Sehenswert sind auch die anderen Stadttore: das Nördlinger Tor mit der angrenzenden Stadtmühle, das von einer barocken Kuppel gekrönte Segringer Tor und das Rothenburger Tor im Norden der Altstadt.
Stadtpfarrkirche St. Georg: Die dreischiffige Hallenkirche mit ihrem mächtigen Walmdach ist 77 Meter lang und 22,5 Meter breit. Auf den ersten Blick fällt das proportionale Missverhältnis zwischen dem gewaltigen Langhaus und dem schmächtigen Turm auf. Eine Erklärung gibt die Baugeschichte: Bis auf das Glockengeschoss und den achteckigen Aufbau mit der Kupferhaube geht der Westturm (um 1220) auf den spätromanischen Vorgängerbau zurück; er wurde in den spätgotischen Neubau integriert, da ein geplanter, den Dimensionen des Langhauses angemessener Nordturm wegen finanzieller