Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane. Sandy Palmer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane - Sandy Palmer страница 15
»Das ist die Polizei«, keuchte Johanne voller Angst.
»Ganz ruhig, Schatzerl«, beschwichtigte Raphael die völlig aufgelöste Frau. »Herein!«
Die Tür wurde geöffnet, und ein Uniformierter trat in das Einzelzimmer. Die jungen Leute kannten Hauptwachtmeister Gregor Brauner seit ihrer Kindheit. Er war ein gutmütiger Mann, der seinen Beruf jedoch sehr ernst nahm, wenn er Dienst hatte.
»Sind Sie Herr Raphael Harlander?«, fragte er ernst und musterte den Mann im Krankenbett mit strenger Miene.
»Aber das wissen Sie doch, Herr Brauner«, meinte Johanne verwirrt. All die Jahre hatte der Beamte, der im nächsten Jahr in Pension ging, sie nur geduzt.
Hauptwachtmeister Brauner blieb ernst.
»Ich muss Sie leider bitten, diesem Herrn die Antwort zu überlassen, mein Fräulein«, tadelte er dienstbeflissen.
Am liebsten hätte Raphael laut losgelacht. So, wie der kleine, gedrungene Mann in der grünen Uniform vor ihm stand und auf seine Antwort wartete, musste er sich bezwingen, nicht einmal zu schmunzeln. Wie Brauner sich gab, glich er einer Witzfigur. Allein sein wichtigtuender Gesichtsausdruck reizte zum Lachen, wenn die Sachlage nicht so furchtbar ernst gewesen wäre.
»Ja, mein Name ist Raphael Harlander, Herr Wachtmeister«, bestätigte er ernst. »Um was geht es?«, fragte er, obwohl er wusste, warum der Beamte ins Krankenhaus gekommen war.
»Hauptwachtmeister, bitte«, korrigierte Brauner, nachdem er sich beleidig geräuspert hatte. »Gegen Sie liegt eine Anzeige vor, Herr Harlander.« Er unterbrach sich und ließ seinen Blick über die beiden Verliebten gleiten. Man sah ihm nicht an, was er in diesem Augenblick dachte oder fühlte. Er kannte diese jungen Menschen seit vielen, vielen Jahren und hatte sie schon im Sandkasten oder auf dem Schulhof spielen sehen. Nun musste er einen solchen schrecklichen Verdacht aussprechen. Wohl konnte ihm bei diesem Gedanken nicht sein.
Raphael Harlander ein Brandstifter?
Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Er war immer ein netter, freundlicher Junge gewesen, der wie Johanne unter der Familienfehde gelitten hatte. Aber solch ein Verbrechen traute er ihm nicht zu.
»Der Raphael hat nix Unrechtes getan«, sagte Johanne hastig und erhob sich. Mit in die Hüften gestemmte Hände stellte sie sich vor den Kranken, als könne sie ihn auf diese Art und Weise schützen.
»Der Herr Hauptwachtmeister tut auch nur seine Pflicht«, bemerkte Raphael und ergriff ihre Hand. Der Schmerz in seinen Gliedern wurde langsam wieder unerträglich. Die Schmerzmittel, die man ihm verabreicht hatte, schienen nachzulassen.
»Genau«, erwiderte der Beamte und begann plötzlich zu lächeln. »Deshalb darf ich auch nicht vergessen zu erwähnen, dass die Anzeige hinfällig ist.« Er schmunzelte und freute sich scheinbar wie ein kleiner Junge über einen gelungenen Streich.
»Wieso das?«, wollte Johanne entgeistert wissen. »Mein Vater würde so etwas nie und nimmer tun.«
»Das stimmt zwar«, erwiderte Brauner, »doch gegen Beweise und Zeugenaussagen kann er nicht an. Der wahre Brandstifter, Peter Finkenthal, ist verhaftet und bereits geständig.«
Raphael und Johanne glaubten, ihren Ohren nicht trauen zu dürfen. Ihre Ungläubigkeit aber schlug rasch in riesige Freude um. Die junge Frau lief auf den Beamten zu und umarmte ihn wie einen alten Freund.
»Bitte, bitte«, meinte Brauner lachend, »ich bin im Dienst.«
Dem jungen Harlander fiel ein Stein vom Herzen. Keinen Augenblick zweifelte er an den Worten des Polizisten, doch ein paar Fragen blieben noch offen.
Wieso hatte sein Widersacher gestanden?
»Was ist geschehen?«, wollte er wissen.
Hauptwachtmeister Brauner räusperte sich und löste sich mit sanfter Gewalt aus Johannes stürmischer Umarmung. Solch eine Spontanität hätte er der eher als schüchtern bekannten jungen Frau niemals zugetraut. Mit einer ungelenken Bewegung richtete er seine Uniformjacke.
»Vor zwei Stunden war der Hornauer Seppl bei mir und hat seine Aussage gemacht«, erzählte er. »Ihm kannst du verdanken, dass die Wahrheit ans Tageslicht gekommen ist. Sonst wär’s gewiss bös’ für dich geworden, Bub.« Er räusperte sich und murmelte eine zaghafte Entschuldigung, als er bemerkte, dass er im Eifer des Gefechtes, in ein persönliches Du verfallen war.
»Der Hornauer?«, fragte Raphael verwirrt. »Was hat er mit der ganzen Sache zu tun?«
Harlander kannte den Landstreicher schon seit Jahren. Die meiste Zeit hielt sich der Mann mit den grauen Haaren und dem uralten Wildledermantel, der ihn wie einen Menschen aus der Pionierzeit des Wilden Westens erscheinen ließ, im Tal auf. Keiner wusste genau, wo er wohnte. Mal schlief er in einer Scheune oder verkroch sich im Winter in einen warmen Stall. Alle kannten den harmlosen, etwas eigenartigen Mann, und sie ließen ihn gewähren. Längst war er in Hallgau und Umgebung zu einer Art Original geworden.
»Er muss unterhalb vom Giefnerhof unter einer Wildkrippe Zuflucht vor dem Unwetter gesucht haben«, erklärte der Polizist. »Rein zufällig hat er Peter Finkenthal an diesem Abend kurz vor Ausbruch des Feuers auf dem Giefnerhof ins Tal rennen sehen. Daraufhin haben wir Finkenthal verhört. Lange hat er net geleugnet, als er hörte, dass es einen Zeugen gibt.«
Raphael atmete erleichtert durch.
Der Hornauer Seppl mochte ein Landstreicher und eigenartiger Einzelgänger sein, doch als Spinner stempelte ihn in Hallgau keiner ab. Jeder würde glauben, was er zu Protokoll gegeben hatte.
»Dem lieben Gott sei Dank«, stöhnte Johanne und schloss kurz die Augen. »Das werd’ ich dem Seppl nie vergessen. Wo ist er jetzt? Ich möcht’ mich bei ihm bedanken.«
Brauner zuckte mit den Schultern.
»Ihr kennt ihn ja, den Hornauer«, meinte er bedauernd. »Er ist mal hier, mal da. Wer weiß schon Genaues über ihn. Gewiss streift er wieder irgendwo durch die Berge. Ein Mann wie er hält nix von großen Worten oder Dankeshymnen. Vielleicht hast einmal irgendwann in den nächsten Wochen Gelegenheit, ihm zu danken, wenn du ihn zufällig über den Weg läufst.«
Johanne nickte. Brauner hatte recht.
»Auf jeden Fall dank’ ich Ihnen schön, dass Sie mir meinen Raphael net verhaften müssen«, sagte sie erleichtert. »Oder kann mein Vater ihm noch etwas anhaben?« Ihre Frage klang plötzlich wieder voller Unsicherheit und unterschwelliger Furcht, die sie noch nicht ganz losgelassen hatte.
»Nein«, sagte der Hauptwachtmeister und hatte wieder sein Dienstgesicht aufgesetzt. »Die Anzeige verliert durch die Zeugenaussage automatisch ihre Wirkung. Es sei denn, Sebastian Giefner besteht auf einer Gerichtsverhandlung und schaltet einen Anwalt ein. Aber ich denk’, dazu wird’s net kommen, Johanne, wenn ich mich net täusche, oder?«
Er zwinkerte ihr schmunzelnd zu.
Johanne verstand und fühlte sich besser. Ihr Vater mochte verbohrt sein, wenn es darum ging, den Harlanders Ärger zu bereiten. Aber er war auch geizig. Einen Prozess, den er mit größter Wahrscheinlichkeit verlor, würde er niemals anzetteln. Dafür war ihm sein Geld zu schade.
»Noch