Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane. Sandy Palmer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane - Sandy Palmer страница 18

Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane - Sandy Palmer

Скачать книгу

einer sanften Senke ihre volle Wucht verloren und den Giefnerhof dadurch vor dem sicheren Untergang bewahrt. Aber die richtige Gefahr baute sich erst langsam auf - und sie würde den Hof mitsamt seinen Stallungen unwiderruflich in die Tiefe reißen. Geröll, Erde und Wurzelwerk hatten einen natürlichen Damm geschaffen. Das Wasser des Wildbachs konnte nicht mehr ablaufen. Bald war der Druck der aufgestauten Fluten so stark, dass es zwangsläufig zur Katastrophe kommen musste.

      »Bitte, Johanne, ruf meinen Vater«, flehte er und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Schnell, es geht um Minuten.«

      Die junge Frau war unschlüssig. Sie wusste nicht, was in diesem Moment richtig war. Da unten inmitten von alles erstickendem Schlamm kämpften ihre Eltern vielleicht um ihr Leben - und sie sollte zu ihrem größten Feind laufen und Hilfe holen?

      Das alles war zu viel für sie in dieser kurzen Zeitspanne. Sie schaffte es nicht, es zu verarbeiten. Ein Blick in Raphaels Augen aber sagte ihr, dass sie ihm gehorchen musste. Er wusste, was in dieser schlimmen Lage zu tun war.

      Hastig wirbelte sie herum, während Raphael den Hang hinunterrannte.

      Der Wettlauf gegen den Tod hatte begonnen.

      16

      Je näher Harlander der Schlammlawine kam, desto unruhiger wurde er. Sein Herz pochte, und er ahnte, dass er mit seinem eigenen Leben spielte, wenn er sich in diese tödliche Masse aus nasser Erde und brüchigem Gestein wagte. Jeden Augenblick konnte der Damm oben bei der Schlucht brechen und mit ungeheurer Wucht ins Tal donnern. Dann gab es keine Rettung mehr für ihn und für die Eltern von Johanne.

      Er zögerte nicht, sondern nahm das Wagnis auf sich. Ein Zurück gab es nicht mehr. Zwei Menschen waren in Gefahr. Auf sie lauerte der Tod in seiner heimtückischsten Art. Er durfte nicht dastehen und tatenlos zuschauen.

      Der Schlamm war zu einer zähen Masse geworden. Es schmatzte, als er hineinsprang und sich einen Weg durch die erstarrte Mure bahnte. Fast bis über die Knie reichte die klebrige Masse, und er hatte das Gefühl, irgendwelche unsichtbaren Hände versuchten ihn zurückzuhalten.

      Der Weg bis zum Haus war nicht weit, doch er glaubte, Ewigkeiten wären vergangen, bis er die Außenmauer erreicht hatte und sich durch ein zerborstenes Fenster ins Innere zog.

      »Giefner, hörst du mich?«, rief er laut und schaute zum Hang hinüber. Es war niemand zu sehen. Er war ganz auf sich alleingestellt. Er lauschte, während er versuchte, einen Teil des Schlammes von seiner Hose zu wischen. Zum Glück hatte die zähe Masse die Zimmer in der Parterre noch nicht überflutet. Die Mauern waren stark, aber wenn der Damm brach, würde es den Hof nicht mehr geben. Nicht ihn, nicht die Giefners.

      »Hier sind wir«, vernahm er eine weinerliche Stimme. »Hier oben.«

      Raphael wusste sofort, dass es Johannes Mutter war, die ihm geantwortet hatte. Sie musste im ersten Stock sein.

      So schnell er konnte, hetzte er die Treppe hinauf. Frieda Giefner saß auf dem Boden des kleinen Flurs. Den Kopf ihres Mannes hatte sie in den Schoß gelegt. Ihr Gesicht war tränenüberströmt.

      »Er ... er ist einfach zusammengebrochen«, sagte sie schluchzend. »Ich weiß net, was ich tun soll. Bitte, hilf mir und such die Johanne! Sie ist weg.«

      »Keine Sorge«, meinte Raphael besänftigend. »Die Johanne ist außer Gefahr. Sie holt gerade Hilfe. Ich hab’ sie zufällig drüben beim Hang getroffen. Sie holt den Vater.«

      Er übersah den fassungslosen Ausdruck im Gesicht der Bergbäuerin und kümmerte sich um Sebastian Giefner. Rasch öffnete er das derbe Hemd des Mannes und legte sein Ohr auf dessen Brust. Erleichtert stellte er fest, dass das Herz noch schlug. Der Puls fühlte sich ebenfalls noch kräftig genug an. In der Aufregung hatte er zum Glück keinen Herzinfarkt bekommen. Wenn sich Raphael nicht täuschte, handelt es sich um einen Schwächeanfall.

      In dieser dramatischen Situation aber konnte solch eine Schwäche tödliche Folgen haben.

      »Rette dich, Bäuerin!«, stieß er aufgeregt hervor. »Rasch, mach, dass du aus dem Haus kommst! Hier bist du net sicher.«

      Frieda Giefner starrte ihn ungläubig an, als könne sie nicht glauben, was er gesagt hatte.

      »Ich soll aus meinem Haus gehen?«, fragte sie gedehnt, »Ist das dein Ernst, Harlander? Nie und nimmer. Und schon gar net ohne meinen Mann. Das kannst du net von mir verlangen.«

      Raphael hatte mit dieser Ablehnung gerechnet.

      »Willst du schon sterben?«, fragte er knapp. »Dann kann ich dir auch net helfen. Da oben, keine zwei Steinwürfe von uns entfernt, kommt gleich eine riesige Schlammlawine herunter. Weißt du das überhaupt?«

      Die Bäuerin wurde kreidebleich. Ihr Blick hastete von Raphaels zwingenden Blick zum Fenster und wieder zurück auf das bleiche Gesicht ihres bewusstlosen Mannes.

      »Bitte, Bäuerin, geh!«, forderte Raphael eindringlich. »Ich kümmere mich um deinen Mann. Aber du musst jetzt erst einmal an dich denken. Und außerdem braucht dich die Johanne.«

      Frieda Giefner erhob sich schwerfällig. Ein seltsamer Ausdruck stand in ihren Augen, und für eine Weile war sie gedanklich weit, weit weg.

      Er konnte in diesem Augenblick nachempfinden, was diese Frau empfand. In wenigen Minuten würde alles, für das sie gearbeitet hatte, im Schlamm versinken. Wenn kein Wunder geschah, dann verlor sie vielleicht sogar ihren Mann.

      »Ich gehe«, erklärte sie tonlos. »Aber was wird aus meinem Sebastian?« Mit Tränen in den Augen betrachtete sie ihn. Sie wusste, dass sie nicht in der Lage war, ihm zu helfen.

      »Ich kümmere mich um ihn«, versprach Raphael, obwohl ihm klar war, dass seine Kräfte nicht ausreichen würden, den schweren Mann durch den zähen Schlamm in Sicherheit zu bringen. Er hatte es kaum alleine geschafft, ihn zu überwinden.

      Einen Augenblick lang blickte ihn die Frau dankbar, aber auch ein wenig skeptisch an.

      »Rasch, raus hier!«, verlangte Raphael und lud sich den bewusstlosen Mann auf die Schulter.

      Giefner war schwer, doch er traute es sich zu, ihn eine Weile zu tragen. Die Bäuerin gehorchte ihm und öffnete die Tür. Als sie den kniehohen Schlamm sah, verließ sie der Mut.

      »Das kann ich net«, sagte sie konsterniert. »Nein, da komme ich niemals durch.«

      »Versuch’s wenigstens!«, keuchte der junge Mann und stellte sich knapp hinter sie, so dass Frieda Giefner nicht zurückweichen konnte.

      Sein Blick folgte dem Hang zum Berg hinauf, und es gefror ihm fast das Herz, als er sah, wie der Schlammwall immer höher zu werden schien. Überall ragten zerborstene Stämme wie bizarre Speerspitzen in den Himmel.

      Wehe, wenn der Damm in den nächsten Minuten zerbrach und seine ganze Kraft frei wurde. Dann waren sie rettungslos verloren. Mitsamt dem Berghof würden sie in die Tiefe gerissen und vielleicht niemals gefunden.

      Widerwillig stapfte die Bäuerin in die graue Masse. Schmatzend schloss er sich um Füße und Beine und gab sie nur widerwillig wieder frei. Sie kamen nur sehr langsam vorwärts. Bereits nach wenigen Metern merkte Raphael, dass das Gewicht des Mannes für ihn zu groß war. Da Sebastian Giefner wie leblos über seiner Schulter hing,

Скачать книгу