Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane. Sandy Palmer

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Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane - Sandy Palmer

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er erwachte nicht aus seiner Ohnmacht.

      Knut Harlander bemerkte die Sorge der verzweifelten Frau. Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, als er sich über den kahlen Kopf mit dem grauen Haarkranz strich. Das tat er immer, wenn er überlegte.

      »Gib mir mal die Enzianflasche, Frau!«, verlangte er und kniete sich neben dem Bewusstlosen nieder. Vorsichtig nahm er dessen Handgelenk und fühlte seinen Puls.

      »Du willst ihm doch wohl net deinen Selbstgebrannten zu trinken geben?«, fragte Frieda Giefner entsetzt. Brummend schaute der Bergbauer auf.

      »Bildet euch nix ein auf euren Enzian, Giefnerin«, meinte er ernst. »Mein Schnaps ist besser als eurer. Außerdem weckt er Tote auf.«

      Ohne weiter darauf zu achten, was die anderen denken mochten, öffnete er die Flasche und flößte Sebastian Giefner ein paar Tropfen zwischen die halboffenen Lippen. Beim dritten Versuch hatte er Erfolg. Sebastian Giefner begann zu husten und schlug die Augen auf. Sein abwesender Blick zeigte, dass er noch nicht voll bei Bewusstsein war.

      »Ich bin’s, Sebastian«, sagte die Bäuerin, die neben ihm kniete und strich ihm über die Stirn. »Wie geht’s dir?«

      Die wohlvertraute Stimme schien den Bergbauern endgültig in die Realität zurückzuholen.

      Entgeistert starrte er Knut Harlander an, der ihn halb im Arm hielt. Die Flasche hielt er dicht vor sein Gesicht und wartete geduldig.

      »Du?«, fragte Giefner ungläubig. In seiner Stimme klang so etwas wie Abscheu mit. Sein Blick wanderte zu seiner Frau, die jedoch schwieg.

      »Ja, ich«, erwiderte sein Gegenüber kühl. »Am besten ist’s, du hältst erst einmal dein Maul, damit du wieder auf die Beine kommst. Los, trink noch ein Schluckerl!«

      Giefner wehrte sich mit einer abfälligen Geste.

      »Deinen Fusel kann man doch net trinken«, knurrte er angriffslustig.

      »Besaufen sollst du dich ja auch net«, bemerkte Harlander. »Aber ist ja auch Wurscht. Hauptsache, es hat dich wieder geweckt.«

      »Tote hätte es geweckt, Harlander. So schlecht ist dein Enzian. Potzteufel! Das darf ...«

      »Wie ihr seht, hat sich nix geändert.« Es war Raphael, der dies leise vor sich hingemurmelt hatte. Er war enttäuscht. Nichts schien die beiden Streithähne versöhnen zu können. Selbst im Angesicht des Todes schienen sie sich spinnefeind. Besonders der alte Giefner zeigte sich streitlustig wie eh und je.

      Die ganze Zeit über hatten sich die beiden Verliebten und Helga Harlander zurückgehalten und atemlos abgewartet, wie sich die Lage entwickeln würde.

      Giefner blickte zur Seite, und sein Blick verfinsterte sich zusehends, als er die anderen Harlanders entdeckte. Er wollte etwas entgegnen und sich erheben, als Johanne weinend zu schimpfen begann.

      »Gibst du denn nie Ruhe, Vater?«, schrie sie außer sich. »Der Raphael und sein Vater haben dir das Leben gerettet, und du murrst nur herum. Ist das dein Dank dafür, dass sich keiner gescheut hat, euch vom Hof zu holen, der jeden Moment hätte fortgerissen werden können? Schäm’ dich! Das wird dir der Herrgott net verzeihen, Vater!«

      Weinend warf sie sich in die Arme der betrübt dreinschauenden Mutter. Frieda Giefner dachte ähnlich. Häufig suchte sie Helga Harlanders Blick. Sie zuckte nur hilflos mit den Schultern, da sie auch kein Mittel gegen die Sturheit ihres Mannes wusste.

      Die leidenschaftlich gesprochenen Worte seiner Tochter ließen Giefner zusammenzucken. Erst jetzt schien ihm wieder einzufallen, warum er überhaupt im feuchten Gras auf dem Boden lag. Er stemmte sich hoch, obwohl ihm sofort wieder schwindelig wurde.

      »Dein Haus ist noch da«, bemerkte Knut Harlander und half ihm auf die Beine. »Du hast Glück gehabt, Giefner. Die Schlammlawine ist durch die Schlucht abgeflossen und hat kaum Schaden angerichtet. Nur wirst du morgen ein bisserl Dreck schaufeln müssen. Die erste Welle hat aus deinem Hof einen Schlammsee gemacht.«

      Der Bergbauer betrachtete das Plateau vor der Schlucht des Wildbaches und atmete tief ein. Der Schaden hielt sich in Grenzen. Das Haus schien unbeschädigt.

      Er schaute sich um. Sein Blick traf den jungen Harlander, der ihm nicht auswich.

      »Und du hast die Frieda und mich aus diesem Dreck rausgeholt?«, fragte er verwirrt.

      Raphael nickte, doch er sprach kein Wort.

      »Ich dank’ dir schön. Das hätt’ ich net gedacht, dass mich einmal ein Harlander retten würde. Vergelt’s dir Gott, Bub! Das werd’ ich dir net vergessen.«

      Er wollte auf Raphael zugehen und ihm die Hand reichen, doch ihm wurde wieder schwindelig. Als er zu wanken begann, stützte ihn sein ärgster Feind, als sei es selbstverständlich.

      »Komm, trink noch einen Schluck!«, verlangte Knut Harlander. »Es ist zwar ein Teufelszeug gegen deinen Schnaps, doch es weckt die Lebensgeister.«

      Giefner krauste die Stirn, musterte den Inhalt der bauchigen Flasche wie eine Giftmixtur und grinste breit.

      »Wenn du meinst«, sagte er und setzte die Flasche an die Lippen. Er nahm einen kleinen Schluck und reichte sie prustend zurück.

      »Ich glaub’, ich muss dir demnächst einmal zeigen, wie’s richtig geht«, bemerkte er.

      Knut Harlander nickte, und ein Blick zu Frau und Sohn zeigte ihm, dass die beiden diesen Vorschlag ebenso gedeutet hatten wie er. Auch über Johannes Gesicht huschte ein glückliches Lächeln, während Frieda Giefner immer noch ein bisschen skeptisch schien.

      »Wie wäre es mit einer kräftigen Brotzeit, Giefner?«, fragte Harlander unumwunden. »Ein ordentliches Brot und ein Schinken bringen dich rasch wieder auf die Beine.«

      »Warum net«, erwiderte der Bergbauer. »Dann lass uns zu euch ins Haus gehen.«

      »Stütz dich auf, Giefner!«, schlug ihm Harlander ein. »Es ist noch ein Stückerl Weg bis herauf zum Hof. Aber gemeinsam werden wir’s schon schaffen, oder meinst du net?«

      »Wo du recht hast, da hast du recht«, stimmte der Bergbauer zu. »Komm, Frieda! Hilf mir ein bisserl! Wenn ich ehrlich bin, wackeln mir ganz schön die Knie.«

      Für Johanne waren diese Worte wie etwas aus einer fernen Welt. Sie konnte es einfach nicht fassen, was sie hörte und sah. Die beiden ärgsten Feinde im ganzen Tal standen Arm in Arm nebeneinander, als seien sie die besten Freunde.

      Ihre Mutter schaute kurz zu ihr herüber, als sie etwas zurückblieb, während sie ihrem Mann unter die Arme griff. Sie zwinkerte ihr zu.

      »Bringt ihr bitte die Decken mit!«, sagte sie.

      Johanne nickte, und während die Eheleute langsam den Hang hinaufgingen, blieben sie und Raphael noch eine Weile zurück. Ohne Hast packte sie die Sachen zusammen. Ihr Liebster half ihr.

      Als keiner mehr in Sicht war, hielt sie mit der Arbeit inne. Sekunden später lagen sie sich voller Glück in den Armen. Ihre Küsse ließen allen Kummer und allen Schmerz vergessen.

      Sie beide brauchten keine Worte, um sich zu sagen, was zu sagen war. Ihre

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