Pferdesommer mit Lara. Ursula Isbel-Dotzler

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Pferdesommer mit Lara - Ursula Isbel-Dotzler

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      Auch hier gurrten Wildtauben. Ein Frosch quakte eindringlich, Grillen zirpten. In den Blättern raschelte sacht der Wind. Sonst war es wie immer still.

      Ich fühlte mich plötzlich wieder sicher, während ich mir einen Weg durchs Gebüsch bahnte und über zertretenes Gras und geknickte Efeuranken meinen Spuren vom vergangenen Tag folgte.

      Ich hoffte auf die hohle Weide. Vielleicht hatte ich Ronjas Ohrring dort verloren. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft, der neu war und den ich noch nicht einordnen konnte.

      Noch ehe ich die Weide erreichte, hörte ich das Gewieher.

      Sie waren wieder da und sie hatten Pferde mitgebracht. Das wusste ich, noch ehe ich durch die Zweige der Buchsbaumhecke spähte und sie vor dem Haus stehen sah. Vor Neugier und Überraschung vergaß ich, dass ich eigentlich weglaufen wollte.

      Sie waren zu dritt: der blonde Junge, ein großer, ziemlich dünner Mann und eine Frau, die Shorts trug und lange braune Beine hatte. Hinter dem schwarzen Auto parkte ein Lastwagen mit heruntergelassener Laderampe, über die der Mann gerade ein Pferd führte.

      Ein zweites Pferd, ein Apfelschimmel, stand im hohen Gras am Rand der Auffahrt. Der Junge hielt es am Zügel. Neben ihm lag die Hündin, die Bonnie hieß, und nagte an einem Stück Holz oder einem Knochen.

      Eine warnende Stimme in meinem Innern riet mir zu verschwinden, solange sie mich noch nicht entdeckt hatten. Trotzdem blieb ich und beobachtete, wie der Junge den Apfelschimmel streichelte, der heftig mit dem Kopf nickte, schnaubte und mit dem Vorderhuf scharrte.

      Es gefiel mir, wie er mit dem Pferd umging. Seine Bewegungen wirkten behutsam und liebevoll. Wenn wir uns anderswo begegnet wären, nicht gerade hier in Eulenbrook, hätte ich ihn sicher gemocht.

      Die Frau neben der Laderampe war ein Mädchen, nicht viel älter als ich; das merkte ich, als sie sich umdrehte. Sie half dem dünnen Mann, das zweite Pferd festzuhalten. Der Rotfuchs sah sich um, warf den Kopf in den Nacken und machte plötzlich einen heftigen Sprung zur Seite.

      Ich hörte, wie der Mann etwas rief. Das Mädchen rannte zu dem blonden Jungen und übernahm die Zügel des Apfelschimmels, während er zum Lastwagen lief und dem Mann half, den Rotfuchs zu beruhigen und über die Laderampe zu führen.

      Es war ein ungewöhnlich großes, schönes Pferd. Die Sonne brachte sein Fell zum Glänzen. Unwillkürlich bewunderte ich seinen edlen, gebogenen Hals und die kupferrote Mähne.

      Sobald es festen Boden unter seinen Hufen spürte, war es wie verwandelt. Es tänzelte ein wenig, doch die Anspannung wich aus seinem Körper, und es sah sich aufmerksam um, wobei sich seine Ohren ständig bewegten.

      Aus dem Innern des Lastwagens drang dumpfes Gepolter. Sie hatten also noch ein drittes Pferd mitgebracht. Mein Blick ging zu dem Mädchen, das den Apfelschimmel hielt. Da sah ich, dass Bonnie aufgestanden war. Langsam begann sie, den Weg entlangzutrotten, genau in meine Richtung.

      Ich drehte mich um und rannte den Trampelpfad zurück, über den ich gekommen war.

      In meiner Panik stolperte ich über eine Wurzel, fiel ins Gestrüpp und schrammte mir die Nase auf. Mit einer Hand griff ich mitten in die Brennnesseln.

      Es brannte höllisch, und ich hätte heulen können – vor allem aus Wut, weil sie mich zu einem Eindringling machten und weil ich vor ihnen flüchten musste. Sie wollten sich offensichtlich für immer hier einnisten, mit ihrem Hund und ihren Pferden.

      Erst später fragte ich mich, wie sie denn in Eulenbrook leben wollten. Das Haus war praktisch unbewohnbar. Nur der Stall war in gutem Zustand. Er war vor ungefähr fünf Jahren renoviert worden, weil ein Bauer aus der Umgebung vorgehabt hatte, seine Kühe darin unterzubringen. Dann war nichts daraus geworden und der Stall war weiter unbenutzt geblieben.

      Auf dem Heimweg fiel mir Ronjas Ohrring wieder ein. Die einzige Chance, ihn zu finden, war verpasst. Ich konnte nicht mehr nach Eulenbrook zurück.

      Aber vielleicht war es ja richtig so, dass einer der beiden Ohrringe irgendwo in Eulenbrooks Garten verborgen lag – dort, wo mir Ronja während der letzten beiden Jahre am nächsten gewesen war. Einer für sie, einer für mich.

      5

      »Sie haben Pferde nach Eulenbrook gebracht«, sagte meine Mutter beim Abendessen. »Frau Pfefferle hat es mir erzählt.«

      Frau Pfefferle war die Inhaberin unseres Supermarkts, bei der alle Fäden zusammenliefen. Wenn etwas Neues in unserem Städtchen passierte, wusste sie es sofort, und die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Ronja hatte sie immer »die Urwaldtrommel« genannt.

      Ich sagte nicht, dass ich das mit den Pferden bereits wusste. Stumm schob ich die Fischstäbchen auf meinem Teller hin und her. »Sie haben das Anwesen übrigens geerbt, nicht gekauft«, fügte meine Mutter hinzu.

      Mein Vater hob den Kopf. »Geerbt? Für eine solche Erbschaft würde ich mich aber bedanken! Sie müssen jede Menge Geld aufbringen, um das Haus einigermaßen bewohnbar zu machen.«

      »Das haben sie sicher auch. Jemand, der drei Pferde hält, ist bestimmt kein armer Schlucker.«

      »Nicht alle Leute, die Pferde haben, sind reich.«

      Meine Eltern sahen mich überrascht an. Sie waren inzwischen so an mein Schweigen gewöhnt, dass sie es kaum glauben konnten, wenn ich mich in ihre Gespräche einmischte.

      »Pferde kosten Geld, besonders ihr Unterhalt«, sagte mein Vater. »Aber vielleicht wollen sie eine Reitschule eröffnen.«

      Eine Reitschule! Daran hatte ich noch nicht gedacht.

      »Mit drei Pferden?«, fragte Mama zweifelnd.

      »Vielleicht kommen ja noch mehr Pferde nach. Hättest du nicht Lust, Reitunterricht zu nehmen, Rikke?«

      Als Ronja noch lebte, hätten wir beide unheimlich gern Reiten gelernt. Ronjas größter Wunsch war ein eigenes Pferd gewesen, doch damals mussten unsere Eltern das Haus und den Fotoladen abbezahlen und sparten an allen Ecken und Enden. Heute hätte ich ihnen vielleicht einen Gefallen getan, wenn ich wieder für irgendetwas Begeisterung gezeigt hätte.

      »Nein danke«, sagte ich. »Kein Bedarf.«

      Sie wechselten einen Blick. Mama unterdrückte einen Seufzer.

      »Weiß man schon etwas über diese Leute?«, fragte mein Vater hastig.

      »Es ist ein Mann, der Theisen heißt, mit seinem Sohn und seiner Tochter. Eine Mutter scheint es in dieser Familie nicht zu geben.«

      »Vielleicht sind sie geschieden.«

      Ob ich wollte oder nicht, ich stieß immer wieder auf die neuen Besitzer von Eulenbrook. Mama beobachtete mich.

      »Rikke, du isst ja wieder nichts!«, sagte sie. »Und wie du aussiehst! Wie ist das eigentlich passiert, dass du vom Rad gestürzt bist?«

      Ich sagte, ich hätte nicht aufgepasst und wäre im Wald über eine Wurzel gefahren.

      »Du solltest nicht so allein durch die Gegend radeln. Hast du die Wunden desinfiziert?«

      Ich nickte. Sie fragte nach Isabell.

      »Isabell

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