Schöpfung ohne Schöpfer?. Группа авторов
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Fundamentale naturwissenschaftliche Erklärungen funktionieren also zeitsymmetrisch. Dies wird aber nur dann problematisch, wenn man solche Erklärungen als Angaben von Ursachen missversteht.10
Besteht man aber dennoch darauf, dass eine naturwissenschaftliche Erklärung immer auch eine Ursache-Wirkungs-Relation zu beschreiben habe, ändert dies nichts daran, dass die korrekte und wenigstens implizite Angabe von (zumindest phänomenologischen) Gesetzen und Anfangsbedingungen eine notwendige Voraussetzung für naturwissenschaftliche Erklärungen ist.
Folgerungen für die Evolutionstheorie
Aus dem Gesagten folgt: Auch eine als naturwissenschaftlich geltende Evolutionstheorie muss dem nomologischen Erklärungsstandard der Naturwissenschaften genügen. Sie muss also wesentlich auf (empirisch gehaltvolle und qualifizierte) Naturgesetze und plausible Randbedingungen zurückführbar sein, die für das Erklärungsziel – sei es Mikroevolution oder eine evolutionäre Innovation – relevant sind. Aufgrund der enormen Komplexität der biologischen Strukturen und Prozesse sind einfache DN-Schemata zwar nicht möglich; dies kann aber natürlich keinen Grund darstellen, die Kriterien für eine naturwissenschaftliche Erklärung aufzugeben oder wesentlich zu lockern: Ohne qualifizierten Bezug auf Gesetzmäßigkeiten und plausible Randbedingungen wäre tatsächlich offen, was historisch stattgefunden hat. Zumindest einen naturwissenschaftlichen Grund, Makroevolution als Tatsache anzusehen, gibt es dann nicht.
Zu Recht wird daher seit Charles DARWIN beansprucht, dass die Evolutionstheorie (mit dem zentralen Bestandteil der Selektionstheorie) wesentlich Bezug auf Gesetzmäßigkeiten nimmt. DARWIN (1859) hat dies im letzten Satz seiner Origin of Species durch eine interessante Gegenüberstellung zum Ausdruck gebracht:
„Es ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass der Schöpfer den Keim allen Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht hat und dass, während sich unsere Erde nach den Gesetzen der Schwerkraft im Kreise bewegt, aus einem so schlichten Anfang eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entstand und noch weiter entsteht.“
Der Vergleich von evolutionärer Entwicklung („entstand und noch weiter entsteht“) und Bewegung der Erde („nach den Gesetzen der Schwerkraft“) ist kein Zufall. Für DARWIN war der Artenwandel genauso gesetzmäßig wie die Bewegung von (Himmels-)körpern. Entsprechend stellt der Biograph David QUAMMEN (2009, 219) fest: DARWIN „fordert, sich Evolution als die Folge feststehender Gesetze vorzustellen so wie die Gravitation oder die Wärmebewegung.“
DARWIN spricht an vielen Stellen von einem „Gesetz“. Ein klassisches Zitat von ihm lautet: „Das alte Argument vom Design in der Natur, wie es von Paley verwendet wurde und das mir früher so schlüssig erschien, scheitert nun, nachdem das Gesetz der natürlichen Auslese entdeckt worden ist“ (zitiert nach F. DARWIN 1887, 309). Auch der bekannte zweitletzte Satz von Origin behauptet implizit eine Gesetzmäßigkeit: „Aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod geht also unmittelbar das Höchste hervor, das wir uns vorstellen können: die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Wesen.“ Man kann diesen Satz in eine Wenn-Dann-Struktur bringen, vereinfacht: Wenn es Konkurrenz um begrenzte Ressourcen gibt, erfolgt Höherentwicklung.11 Die Lebewesen werden nach DARWIN durch bloße Naturkräfte genauso geformt wie Gegenstände der unbelebten Welt, die den Naturkräften ausgeliefert und ihnen gegenüber passiv sind. Er „formulierte schon in seinen frühen Notebooks das Ziel, analog zur Bedeutung von Newtons Gravitationsgesetz für die Himmelsmechanik allgemeine und unveränderliche Gesetze für die Abstammungslehre aufzudecken“ (PULTE 2009, 142). Die Philosophin Eve-Marie ENGELS stellt fest: „Die Erforschung des Lebendigen soll den Anschluß an das von den Wissenschaften der unbelebten Natur, Physik und Astronomie, bereits erzielte Niveau erreichen, nämlich Phänomene und Prozesse des Lebendigen durch Naturgesetze zu erklären, statt sie auf den direkten Eingriff Gottes zurückzuführen“ (ENGELS 2009, 24).12
Warum wirkliche, natürliche Ursache-Wirkungs-Relationen immer auf Naturgesetzen und Randbedingungen beruhen müssen
Reicht für eine naturwissenschaftliche Erklärung lediglich die Angabe einer (mutmaßlichen) Ursache-Wirkungs-Relation, so dass ein Bezug auf Gesetze und Anfangsbedingungen nicht zwingend erforderlich ist? Nein. Denn was würde passieren, wenn wir den Bezug auf Gesetze und Anfangsbedingungen wirklich beiseitelassen würden? Wir könnten dann zwischen realen natürlichen und unmöglichen natürlichen (oder möglicherweise übernatürlichen) Ereignissen nicht mehr unterscheiden. Nehmen wir als Beispiel einen lauten Knall. Als Ursache gilt die Zündung eines Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisches, auch „Knallgas“ genannt. Warum ist hier die Annahme einer natürlichen Ursache-Wirkungs-Relation sehr plausibel? Weil eine solche Explosion durch Randbedingungen (einschließlich des auslösenden Moments) und naturgesetzliche Fakten erklärt werden kann. Was wäre mit einem Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch, das im Verdacht steht, geknallt zu haben? Formal könnte ganz genauso eine Ursache-Wirkungs-Relation als vermeintliche Erklärung formuliert werden. Wir wissen aber, dass eine solche Erklärung falsch wäre. Der Grund ist, dass die erforderlichen naturgesetzlichen Fakten fehlen: Tatsächlich ist eine Reaktion zwischen Stickstoff und Sauerstoff, die zu einem Knall führen könnte, naturgesetzlich nicht möglich. Er würde entweder nicht stattfinden oder wäre ein Wunder.
In anderen Worten: Eine angenommene Ursache-Wirkungs-Relation kann nur deshalb begründetermaßen als eine wirkliche und gleichzeitig natürliche Relation angesehen werden, wenn sie auf (zumindest phänomenologischen, in jedem Fall empirisch gehaltvollen) Naturgesetzen und Randbedingungen beruht. Wo empirisch gehaltvolle Gesetze und plausible Randbedingungen nicht angegeben werden können, handelt es sich nicht um eine naturwissenschaftliche Erklärung, ohne klare Anhaltspunkte und Testbarkeitskriterien nicht einmal um eine naturwissenschaftliche Hypothese, sondern um eine bloße Mutmaßung. Man mag für eine solche Mutmaßung möglicherweise philosophische Argumente ins Feld führen. Naturwissenschaftlich ist sie aber nicht.
Ist „natürliche Selektion“ eine naturgesetzliche Erklärung?
Wie oben erläutert, erklärt eine naturwissenschaftliche Erklärung natürliche Phänomene wesentlich mittels Gesetzesaussagen. Beispielsweise gilt für beschleunigte Bewegungen von Körpern das Gesetz, dass eine resultierende Kraft geteilt durch die Masse des Körpers der Größe seiner Beschleunigung entspricht. Das Gravitationsgesetz setzt die Massen zweier Körper und ihren Abstand ins Verhältnis, woraus sich (vermittels einer Konstante) die Größe der Kraft ergibt. In der Chemie gehorchen konkrete Reaktionen oder Reaktionstypen phänomenologischen Gesetzen: Immer wenn unter Randbedingung R zwei Stoffe A und B vermischt werden, folgt eine bestimmte Reaktion. Ein Gesetz mit sehr breiter Anwendbarkeit ist z. B. das Gesetz der konstanten Masseverhältnisse.
Alle durch ein jeweiliges bestimmtes Gesetz erklärten Phänomene zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsame Eigenschaften haben, die durch das Gesetz miteinander verbunden sind. So haben in allen Fällen, in denen z. B. das Newton‘sche Beschleunigungsgesetz zur Anwendung kommt, Körper eine bestimmte Masse, auf die eine bestimmte Kraft wirkt und die mit einer bestimmten Rate beschleunigt werden. Natürlich sind streng genommen einzelne Fälle, in denen das Newton‘sche Beschleunigungsgesetz oder das Gravitationsgesetz anzuwenden ist, nie an sich absolut gleich. Aber alle Fälle zeichnen sich eben dadurch aus, dass sie